Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Silvia Manser, was fehlt Ihnen derzeit am meisten?
Ein strukturierter Ablauf und der Kontakt mit den Gästen und dem Team. Vor Corona gaben wir Vollgas und jetzt so direkt auf null ist schon komisch. So drei, vier Wochen ist diese Situation für uns ok, aber mit der Zeit fehlt der Kontakt schon.

 

Viele Restaurants machen einen Take-away. Die Truube nicht. Wieso?
Wir waren anfangs März noch in den Ferien in Lappland zum Langlaufen. Als wir weg waren, liessen wir noch den Kühler flicken, weshalb wir zuvor auch nichts mehr bestellt hatten. Kurz vor dem Lockdown kamen wir zurück. Ich überlegte mir, einen Take-away zu machen. Aber ich wollte nicht einfach Ghackets und Hörnli machen. Wenn ich etwas mache, soll es etwas Rechtes sein, das auch unserem Standard entspricht. Und nur als Beschäftigungstherapie für mich und am Ende legt man noch drauf, das wollte ich nicht. 

 

Und was steht so an, wenn Sie keine Gäste bekochen können?
Meine Schwestern arbeiten im Spital. Ich passe ein bis zwei Mal pro Woche auf deren Kinder auf. Dann hat unsere Lehrtochter bald Abschlussprüfung. Wir machen ab und zu ein Probekochen oder sie übt Desserts oder Garnituren. So sind die Tage dann schnell ausgefüllt. Ausserdem hatten wir als Familie wieder mehr Zeit. Das ist sicher positiv und das haben wir auch sehr genossen. 
 

Silvia Manser Truube Gais

Silvia und Thomas Manser führen zusammen die «Truube» in Gais: Eine «Jeunes Restaurateurs» Adresse.

Tüfteln Sie auch an neuen Gerichten?
Am Anfang habe ich das bewusst weggelassen und andere Dinge gemacht: das Büro geräumt oder den Estrich auf Vordermann gebracht. Jetzt habe ich aber angefangen, Dinge auszuprobieren. Ich habe einen Sauerteig angelegt. Ich möchte den Brotservice bei uns etwas verändern. Da tüftle ich jetzt mit verschiedenem Mehl, so dass das dann auch funktioniert. Und ich habe ja – ganz altmodisch – ein handgeschriebenes Rezeptbuch, das bald auseinanderfällt. Da habe ich angefangen, die Rezepte ins Reine zu schreiben. Und ich kann mich auch an die neue Karte machen. Die für März/April habe ich geschrieben und nie gebraucht. Bärlauch kommt dieses Jahr also nicht auf die Teller. Aber ich habe für uns privat gesammelt und eingemacht.

 

Sie haben drei Kinder, das jüngste geht noch zur Schule. Ist Home Schooling angesagt? 
Man muss Larissa schon ein bisschen auf die Finger schauen. Freiwillig macht sie die Aufgaben nicht. Sie ist in der 5. Klasse, da komme ich beim Stoff auch noch mit.

 

Wenn das Restaurant geöffnet ist, kochen Sie auch für die Famile in der grossen Küche. Gegessen wird am Chef’s Table. Jetzt auch?
Ja, das haben wir beibehalten. Wenns schön ist, essen wir auf der Terrasse. 

Silvia Manser Truube Gais

Lieber in der Küche helfen statt Hausaufgaben: Silvias jüngste Tochter Larissa.

Silvia Manser Truube Gais

Silvia Manser pröbelt gerade mit Sauerteig. Sie will den Brotservice optimieren.

In der Stadt gibt es lange Schlangen vor den Supermärkten. Wie ist das auf dem Land? In Gais müsste Social Distancing ja eigentlich kein Problem sein. 
Ich gehe einmal pro Woche einkaufen. Beim Beck stehen jeweils etwa drei Personen draussen. Vor dem Wochenende muss man vielleicht etwas warten. Und die Leute, die dich nicht kennen, machen vielleicht einen grösseren Bogen um dich. Aber mit Bekannten aus dem Dorf redet man weiterhin – einfach mit Abstand. Unentspannte Leute, die das Verhalten anderer anpragern, die gibt es auch bei uns im Appenzell. Wir wohnen direkt an einem Wanderweg, die Wanderer waren aber sehr dezent unterwegs, obwohl wir sehr nahe beim Alpstein sind.

 

Ihr Mann Thomas macht normalerweise den Service, hat aber auch noch einen Bauernhof. Dafür hat er jetzt viel Zeit.
Es gab viel Sturmholz, das konnte er jetzt aufräumen. Aber er hat ja seit sechs Jahren keine Rinderaufzucht mehr. Im Moment ist er immer am Morgen in Urnäsch. Und am Nachmittag machen wir dann mit der Familie etwas.

 

>> Silvia Manser ist eine der besten Köchinnen der Schweiz. Sie kocht in der «Truube» in Gais AR auf 16-Punkte-Niveau. Sie ist Mitglied der Jeunes Restaurateurs. Ihr Mann Thomas Manser ist Bauer, Sommelier und verantwortlich für den Service.

 

www.truube.ch