Text: Max Fischer | Fotos: Kurt Reichenbach
«Gump-Esel» & «Sherlockerli». Die Gletschermilch von Aare und Lütschine bestimmt das trübe Türkis des Brienzersees. Im Winter dominiert Blau mit Grün, im Frühling werden die Grüntöne stärker, und im Hochsommer verwandelt sich der See in ein leuchtend milchiges Graugrün. Des Wasserzaubers nicht genug: Aareschlucht, Reichenbachfälle, Meiringen BE: Hier liess Sir Arthur Conan Doyle seinen Meisterdetektiv Sherlock Holmes sterben. Das inspirierte den einheimischen Metzger Christian Nussbaum zur Kreation des beliebten «Sherlockerli», einer mild geräucherten, würzigen Rohwurst mit Speck. Noch besser: Der «Gump-Esel»! Diese Spezilaität hat es gar ins Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz geschafft. «Eine urchige Rohwurst mit ausgeprägtem Rauchgeschmack», sagt der Metzger. Sie besteht aus schönem, handverlesenem Schweinefleisch und magerem Rindfleisch. Grosse Speckwürfel verleihen eine auffällige Struktur, und Salpeter statt Nitrit schafft ein noch intensiveres Aroma. «Wir räuchern noch wie zu Urgrossvaters Zeiten im sogenannten Bauernrauch, in einem alten Stall ohne Strom», verrät Christian Nussbaum. Das verlockt auch listige Mäuse, den Zipfel einer aufgehängten Wurst am oberen Ende anzuknabbern – und die Wurst fällt herunter.
Kochen mit den Stars. Und für die Stars. Auch die grosse Küche setzt auf die kleine Wurst. Simon Anderegg (14 GaultMillau-Punkte) vom Hotel-Restaurant Victoria in Meiringen bietet ein rauchiges Gump-Esel-Tatar mit Spargeln an. Seit 25 Jahren führt er das Haus mit Ehefrau Franziska. Quelle seiner Kochkünste ist die französische Küche. Saucen setzt er an wie kein anderer in der Jungfrauregion. Gelernt ist gelernt: Er startete beim legendären Ernesto Schlegel im «Du Theatre» in Bern. Dann kochte er für Roger Moore, Liz Taylor und Frank Sinatra im «Palace» in Gstaad BE. Nächste Station war Fredy Girardet in Crissier VD. Und schliesslich gings ins «Aubergine» nach München zu Eckart Witzigmann, dem ersten Dreisterne-Sterne-Koch Deutschlands.
Giessbach-Chef Stalder: Produkte aus der Region. Nächstes Ziel: Das Grandhotel Giessbach. Wir wandern vorbei an Felsen, durch Wald und Wiesen, zu den Giessbachfällen. Hier donnert der Giessbach 400 Meter in die Tiefe, vorbei am Belle-Époque-Märchenschloss Grandhotel. «Le Tapis vert» wäre für das Restaurant der bessere Name als «Le Tapis rouge». 1983 rettete der Umwelt-, Tier- und Heimatschützer Franz Weber das Bijou mit einer einzigartigen Spendenaktion vor der Verwandlung in ein Jumbo-Chalet aus Beton. Chefkoch im Grandhotel: Lukas Stalder. Tierwohl und Regionalität sind im wichtig, die 14-GaultMillau-Punkte auf sicher. Gemüse und Kräuter stammen aus dem eigenen Garten, das Kalb vom Bauern in der Nachbarschaft, der Stör aus Frutigen, die Forelle aus Rubigen und das Brot vom Dorfbeck. Ein sehr sympathisches Konzept.