Text: Isabel Notari Fotos: Olivia Pulver
Rolf Fliegauf, das Flämmen oder Abflämmen von Fisch, Fleisch und Gemüse ist gerade sehr angesagt. Woher kommt der Trend?
Es ist eine spezielle Zubereitungsart, aber nicht ganz neu. Die Crème brûlée wird ja seit eh und je abgeflämmt. Wann damit angefangen wurde, Fisch und Fleisch zu flämmen, weiss ich nicht. Die Technik ist die gleiche, wie wenn man den Zucker bei der Creme karamellisiert. Sie erzeugt eine relativ starke Hitze, die den Zucker zum Schmelzen bringt, ohne dass sie eine grosse Wirkung auf die Creme unter der Zuckerschicht hat.
Ist das der Vorteil des Abflämmens?
Ja, wenn man einem Produkt keine grosse Hitze verpassen möchte, aber trotzdem Röstaromen braucht, dann ist Abflämmen ideal.
Und das funktioniert, weil ...
... die Flamme sehr heiss ist und ganz präzise und punktuell eingesetzt werden kann.
Ersetzt Flämmen scharfes Anbraten?
Nein, diese Methode ersetzt klassisches Braten nicht. Sie erzeugt aber hervorragende Röstnoten. Wir haben einen Ora-King-Lachs auf der Karte, den wir beizen und dann abflämmen, sodass er aussen starke Röstaromen kriegt, innen aber sonst fast roh ist. Würden wir den Fisch braten, bekäme er nie diese einzigartige Struktur. Das funktioniert nur durch Abflämmen.
Was kann alles geflämmt werden?
Jeder Fisch, der roh gegessen werden kann, eignet sich hervorragend. Lachs, Makrele, der Hamachi, Kingfish oder Jakobsmuscheln. Und kürzlich habe ich bei einem Kollegen ein japanisches Wagyu-Beef genossen mit einer Gurke, die abgeflämmt wurde. Sensationell! Zwiebeln sind übrigens ebenfalls ideal zum Flämmen, das gibt kräftige Röstaromen.
Wenden Sie die Flämmtechnik auch bei Desserts an?
Da funktioniert es sehr gut im Bereich von Karamell und bei Baisers. Wir haben aber auch schon Apfel, in
Nussbutter gegart, abgeflämmt. Wunderbar. Allerdings müssen die Röstaromen bei Desserts sparsamer dosiert werden.
Welches Küchenutensil braucht es zum Flämmen?
Einen Bunsenbrenner. Es gibt da verschiedene Modelle. Wir arbeiten mit Flaschen, deren Gaskartouche aufge-schraubt wird. Die sind vor allem in Campingabteilungen erhältlich. Für Privathaushalt und Hobbyköche reichen die Bunsenbrenner, die in Küchengeschäften und Haushaltwarenabteilungen angeboten werden. Aber jeder muss selber herausfinden, mit welchem Gerät er am besten flämmen kann.
Was kann schiefgehen?
Wenn die Flamme zu unkontrolliert herauskommt, wird sie gelb. Dann kann es sein, dass zu viel Gas ausströmt – das bekommt dem Gericht schlecht, macht es für meinen Geschmack völlig ungeniessbar. Mein Tipp: Das Teil nicht zu stark aufdrehen, weil das Feuer es sonst nicht schafft, die Flamme zu entzünden.
Wie sieht denn die ideale Flamme aus?
Ein blauer Strahl ist perfekt, weil sich Fisch und Co. damit gezielt bearbeiten lassen.
Welches Gericht empfehlen Sie zum Üben? Crème brûlée?
Karamell ist anspruchsvoll, da er sehr schnell zu dunkel und bitter werden kann. An einem gesalzenen und gebeizten Lachs lernt man am besten abzuschätzen, welche Stärke oder Intensität der Flamme dem Gargut das perfekte Röstaroma verleiht.
>>
Ecco
Via del Segnale 10
6612 Ascona
Tel. 091 785 88 88
www.giardino-ascona.ch