Text: Knut Schwander I Fotos: Siméon Calame, Ellin Anderegg

Der erste Service. 9. Juni, 12.15 Uhr: Vorhang auf! Nach monatelangen Renovierungsarbeiten empfängt Pont de Brent wieder die ersten Kunden. Die Adresse ist berühmt: Gérard und Josette Rabaey, heute noch Hausbesitzer, haben sie zu einem Monument der helvetischen Spitzengastronomie gemacht: 19 GaultMillau-Punkte, drei Michelin-Sterne. Ihr Nachfolger Stéphane Décotterd blieb lange, aber nicht ewig, kocht jetzt frei von finanziellen Alltagssorgen in seinem Restaurant an der Hotelfachschule Glion («Maison Décotterd», 18 Punkte). «Pont de Brent» blieb lange geschlossen, aber jetzt kehrt neues Leben ein: Amandine Pivault und Antoine Gonnet übernehmen (grosses Bild oben). Sie kommen aus dem «Le 42» in Champéry (16 Punkte) ins Dörfchen über Montreux. Der GaultMillau war beim ersten Service dabei.

Zander, in crèmiger Kerbelsauce.

Zander, in crèmiger Kerbelsauce.

Urbaner Touch, von den Sixties inspiriert.

Urbaner Touch, von den Sixties inspiriert.

«Pattes Noires», zart, mit sinnlicher Suprème-Sauce.

«Pattes Noires», zart, mit sinnlicher Suprème-Sauce.

«Drachen-Ei» & Mini-Malakoff. Beim Betreten des Raumes weht ein wahrer Hauch von frischer Luft. Überall Blumen, Farbe, Licht und ein Lächeln. Die edlen Holzverkleidungen von einst sind in kräftigen Farben gestrichen und haben einen fröhlichen, skandinavisch-poppigen Pep bekommen. Die (bequemen) Sitzmöbel im Stil der Sixties verleihen dem Raum einen lustigen urbanen Touch. Und Amandine, die von einer jungen Brigade unterstützt wird, empfängt ihre Gäste mit der für sie typischen schelmischen Energie. Umso begeisterter picken wir die Häppchen auf: Ein Mini-Malakoff, eine Kaffee-Zigarre, die in einem lustigen «Drachenei» serviert wird, und eine wunderbar erfrischende Tomaten-Thai-Basilikum-Kaltschale. Offensichtlich ist nicht nur die Einrichtung moderner geworden.

 

Hummer, theatralisch angerichtet. Das Menü beginnt mit einer kleinen Sensation: Zitronenconfit, Gelee aus Jodsaft, Miesmuscheln, großzügig geriebene Gänseleber, die auf der Zunge zergeht. Der Applaus ist so groß, dass das Bohnen-Kirsch-Papagei-Törtchen mit seiner cremigen Holunder-Vinaigrette fast unbemerkt bleibt. Dann kommt der Hummer auf den Tisch: Theatralisch aufgerichtete Schere, das Fleisch verpackt in einem leichten Tempurateig; der Schwanz liegt brav neben einem cremigen Blumenkohl.
 

Caminada, Audi E-Tron, Genusstour, Stephane Decotterd, Le Pont de Brent 2019 - © Ellin Anderegg

«Pont de Brent» ob Montreux: Hier kochte der grandiose Gérard Rabaey. Jetzt startet der talentierte Antoine Gonnet durch.

SIEBEN IN DER KÜCHE. In Champéry standen zwei Köche am Herd, in Brent sind sie es sieben. Sie versuchen, jedes neue Gericht zu einem Highlight zu machen: Perfekt gegarter Zander in einer cremigen Kerbelsauce, die mit Blüten und Blättern gespickt ist und durch die frittierten Schuppen einen knusprigen Biss erhält. Wunderbare Ravioli in einer Bouillon mit Liebstöckel. Zarte «Pattes Noires» in einer üppigen «Supreme»-Sauce, der die essigsüssen Frühlingspfifferlinge einen willkommenen Hauch von Säure verleihen. Und schließlich die Desserts, die mit der Jahreszeit spielen: Rhabarber & Orangenblüten oder Himbeeren & Erbsen. Histoire à suivre.