Fotos: Thomas Buchwalder

Mahlers Basis? Die Dashis! Messer und Gabel? Braucht es bei Patrick Mahler im hocheleganten Park Hotel Vitznau am Vierwaldstättersee nur selten. Ein grosser Löffel wird eingedeckt. Der ruhige Luzerner Chef ist Grossmeister der Löffelgerichte. Damit begeistert er seine Gäste. Und damit holt er jedes Jahr locker seine 18 Punkte ab. «Greift der Gast zum Löffel, weiss ich, dass er unsere Gerichte richtig kennenlernt. Die grosse Arbeit steckt ja in unseren Saucen.» In den raffinierten Dashis genauer gesagt, die Mahler in stunden- und tagelanger Arbeit vorbereitet und die die eigentliche Basis seiner federleichten, vergnüglichen Menüs sind.

Patrick Mahler 2020: Chawanmushi, Jakobsmuschel, Shitkaecreme, Jakobsmuschel-Kalbsveloute

Eierstich auf Japanisch: Chawanmushi, gebeizter Kaisergranat, Kaviari-Kaviar, Hummerglace, Krustentierdashi.

Im Löffel: Austern-Emulsion, Tatar, Lachsforelle. Ein heisser Sommerabend, Dinner auf der Terrasse des prachtvollen Swiss Deluxe Hotels: Der Chef hat gleich eine kleine Überraschung auf Lager: Eine Auster, die als solche nicht mehr zu erkennen ist! Eine «Marenne No.2» wird dekonstruiert und zu einer Austern-Emulsion verarbeitet, dazu kommen Trümpfe, die eigentlich immer stechen: Buttermilch und Kräuteröl. Kühn, aber auch gelungen die «Combi» zum (Schweizer) Rindstatar. Eine Randengelee. Und ein schmelzendes Entenleber-Eis, das dank perfekter Temperatur den vollen Geschmack ausspielen kann. Die erste «Halbzeit» wird mit einer Brüggli-Lachsforelle abgeschlossen. Ein alter Bekannter aus dem Mahler-Repertoire. Aber missen möchte man den sanft gegarten Fisch aus Sattel SZ nicht. Die Vinaigrette dazu (Lauch, Schalotten) schon gar nicht, und natürlich ist uns nicht entgangen, was noch im liebevoll geschnitzten Rettich-«Röösli» steckt: Forellen-Tatar. Drei Gänge zum Start, drei Löffelgerichte. Typisch Mahler.

Patrick Mahler 2020

Zum Auslöffeln gut: Geröstete Kalbsbrust, konfierte Jakobsmuschel, geräucherte Shitakecreme, Kalbsvelouté.

Löffeln mit Gebrauchsanweisung. Mahler setzt im nächsten Gang auf Chawanmuschi. Wir mögen diesen japanischen Eierstich nicht sonderlich, aber wir räumen gerne ein: Das Spiel mit verschiedenen Temperaturen ist faszinierend, Kaisergranat und Blumenkohl-Espuma sind prima. Hier gibt es zum Löffeln noch eine besondere Anleitung: Bitte durch alle Schichten hindurch stechen! Machen wir. Der «Zander aus dem Lago Maggiore» begegnet uns auf unseren Test-Trips fast täglich, aber er wird nur selten so fantastisch zubereitet wie im «Focus». Mahler mag diesen Fisch nicht braten, setzt auf sanftere Techniken: Einbeizen, konfieren, rösten (abflämmen). Fenchel und Kräuter-Beurre blanc passen perfekt dazu. Nochmals ein typisches Löffelgericht. Auf Wunsch mit einem «Supplement»: Kaviari-Kaviar!

 

Wenn schon Messer, dann ein «Sknife». Für den Hauptgang wird erstmals an diesem Abend ein Messer eingedeckt: Kotelett vom erstaunlich zarten Luma-Schwein. Uns gefallen auch die Beilagen: Kleinste Eierschwämmli und eine ur-klassische «Sauce vierge». Wenn schon Messer, dann Damast: Die fröhlichen, mit den einzelnen Gerichten sehr vetrauten Girls im Service decken «Sknife»-Messer aus Biel ein: Handarbeit, Präzisionsarbeit. Patrick Mahler ist damit in guter Gesellschaft: Auch Superchefs wie Franck Giovannini (Crissier), Mauro Colagreco (Menton F), Klaus Erfort (Saarbrücken), Juan Amador (Wien) und die Roca-Brothers (Girona) setzen auf Chirurgenstahl aus dem Seeland.

Patrick Mahler 2020: Aprikose, Mandel, Ziegenkäse, weisse Schokolade

Sommerdessert, Sommertraum: Aprikose, Mandel, Ziegenkäse und weisse Schokolade.

18 Punkte. Mit nur vier Köchen. Patrick Mahler performt auf einem sehr hohen Niveau. Ganz so selbstverständlich ist das nicht. Er ist mit einer komplett neuen und erstaunlich kleinen Brigade in die Saison gestartet. Die Jungs rocken das «Focus» zu viert; der Chef kann da nicht einfach «nur» am Pass stehen, er muss anpacken, auf allen Posten. Die junge Restaurantleiterin Julia Tritschler ist seine smarte Verbündete an der Front; die Gäste mögen sie sehr. Lukas Kroese fahndet im unglaublichen Keller von Besitzer Peter Pühringer (34 000 Flaschen, 3900 Etiketten) nach der idealen Weinbegleitung.