Text: GaultMillau Schweiz Foto: Olivia Pulver

Die Troisgros-Vergangenheit. Giuseppe D’Errico ist stolzer Süditaliener. Die letzten fünf Jahre hat er bei der legendären Familie Troisgros in Roanne (F) auf Dreisterne-Niveau gekocht. Jetzt ist er erstmals selber Chef – und verhilft Rudi Bindellas Ristorante Ornellaia an der Bahnhofstrasse (im Gebäude der früheren Volksbank) zu einem fulminanten Einstand. Der Gang des Abends ist ein italienisch-französischer «Cocktail»: Aus Italien eine wunderbar saftige «Rana pescatrice» (Seeteufel). Aus Frankreich ein verblüffender, gnadenlos reduzierter und deshalb schon fast genialer Entenjus. Chef Giuseppe: «Als ich das Weingut Ornellaia erstmals besucht habe, ist mir aufgefallen, wie nahe hier Meer und Land zusammenkommen. Das hat mich inspiriert.» Die Sauce beherrscht er aus dem Effeff: «Die haben wir bei Troisgros immer wieder zubereitet.» Giuseppe doppelt bei einem zweiten Besuch nach: Tagliata di vitello mit einer neckischen Zitronenkruste und Auberginenpürée, vor allem aber mit einem Kalbsfond von einem anderen Stern: «Wir haben erst zwei Tage lang an der demi-glace gearbeitet, dann noch eine Reduktion von der Kalbshaxe gemacht.» Harmonisch, wuchtig, besser geht nicht!

Gnudi - Ricottaklösschen mit Salbei und Rohschinken

Was ist ein «Gnudi»? Wir lernen: Gnocchi ohne Mehl. Eine Kreation von Giuseppe D'Errico.

Der Name verpflichtet. Die Kultmarke Ornellaia eröffnete in Zürich erstmals ein Restaurant. Das verpflichtet. Aber das belastet D’Errico nicht. Er tritt an, um Italiens Küche und Bindellas Imperium auf ein neues Level zu führen. Gelingt ihm schon zum Start: Eigelb und knackig frittierte, geschmacksintensive Artischockenstreifen verbinden sich zu einem einfachen, aber wunderbaren Gericht. Ein Spargel-«Monster» kriegt eine perfekt abgestimmte Tunfischsauce und Parmesan mit auf den Teller. Und die «Gnudi» sind von beeindruckender Leichtigkeit. Giuseppe erklärt: «Gnudi bedeutet nackt. Heisst: Wir machen den Gnoccho ohne Mehl, nur mit Ricotta und Spinat.» Und mit einer Nussbutter, der die Gäste glücklich macht. Eine dünne, auf der Berkel geschnittene Scheibe vom noblen «Cinta Senese»-Schwein kommt drüber. Auch erstklassig: Tagliatelle, hausgemacht natürlich, mit lang und dünn geschnittenen Zucchini, ein paar Cozze dazu; den Sud der Miesmuscheln verwendet der Chef für die Safransauce.

Restaurant Ornellaia, Bindella - Eröffnung St. Annagasse Zürich

Einst eine Bank, jetzt ein Restaurant: das Ornellaia an der Bahnhofstrasse. Design: Tilla Theus.

Gnoccho Cacio e pepe! Giuseppe D’Erricos neueste Kreationen? Ein wunderbarer Pasta-Klassiker sticht heraus aus dem verführerischen Angebot: Gnoccho Cacio e pepe. Eine echte Geschmacksbombe! Ein paar Tropfen Zitrone (eh Giuseppes Geheimwaffe!) sorgen für raffinierte Frische. Auch gut: Die «Pici» mit roten Garnelen. Und eine verblüffende Tonnatio-Sauce, nicht etwa zu einem Vitello, sondern zu zarten Seezungenfilets.

 

Design? Tilla Theus! Das Restaurant (by Tilla Theus, eleganter hoher Raum, offene Küche, zu kleine Tische) heisst «Ornellaia», und natürlich ist auch «Ornellaia» drin: Von den Kultweinen gibt’s die besten Jahrgänge. Und mit etwas Glück auch einen Ornellaia im Offenausschank, für 35 Franken. Fair enough!

 

>> GaultMillau und Partner American Express scouten junge Chefs, die die Zukunft vor sich haben. Giuseppe D’Errico ist der erste auf der neuen Liste «Talente 2019». Fortsetzung folgt.