Text: David Schnapp, Knut Schwander

Sinnvoll und tragbar. «Neue Regeln sind neue Herausforderungen, und die nehmen wir so an, wie sie kommen», sagt Andreas Caminada mit der Überlegenheit grosser Erfahrung. Für den 19-Punkte-Schlossherr von «Schauenstein» ist wichtig, dass Vorschriften Sinn machen und wirtschaftlich tragbar sind. Im Falle der neuen Corona-Regeln für Restaurants und Bars, die der Bundesrat am Mittwoch bekannt gegeben habe, sei das der Fall. «Damit können wir leben und umgehen», so Caminada.

 

Schluss um 23 Uhr. Ab sofort gilt in der Gastronomie eine Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr und an einem Tisch im Restaurant dürfen höchstens noch vier Leute Platz nehmen – Familien sind davon aber ausgeschlossen. «Wir werden jetzt bei Gruppenreservationen mit den Leuten Kontakt aufnehmen, manche lassen sich sicher auf zwei Vierer-Tische aufteilen», sagt der Bündner Koch. Dass der Abend in seinem Restaurant um 23 Uhr zu Ende sein muss, heisse für sein Team in der Küche einfach, «dass wir das Timing im Auge behalten müssen, aber damit kommen wir klar», sagt Caminada.

Peter Kogl

Bleibt gelassen: Peter Knogl im «Cheval blanc».

Der Koch Andreas Caminada.

«Damit können wir leben»: Andreas Caminada.

Bei Knogl geht es um 18.30 Uhr los. In Basel gilt die 23-Uhr-Regel schon länger, 19-Punkte-Chef Peter Knogl öffnet deshalb sein Restaurant «Cheval Blanc» im Swiss-Deluxe-Hotel Les Trois Rois schon eine halbe Stunde früher um 18.30 Uhr, um den Gästen weiterhin das ganze Erlebnis seines Menüs bieten zu können. Auch eine Polizeistunde um 22 Uhr, die offenbar vom Bundesrat in Betracht gezogen worden war, wäre für Knogl umsetzbar gewesen: «Dann hätten wir die Amuse Bouches schneller geschickt und auf das Pre-Dessert verzichtet, um etwas Zeit zu gewinnen», sagt der Koch mit der ihm eigenen Gelassenheit.

 

Kritik aus der Westschweiz. Den neuen Massnahmen des Bundes steht sein Kollege Franck Giovannini kritischer gegenüber. Der Romand führt mit dem «Hôtel de Ville» in Crissier einen Leuchtturm der Schweizer Spitzengastronomie. «Ich musste gerade die Absage für einen Tisch von 15 Personen entgegen nehmen. Im Moment können wir das noch über die Wartelisten kompensieren», so Giovannini. Aber im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft sieht er die Beschränkung auf vier Personen kritisch: «Gegen das Jahresende hin haben wir erfahrungsgemäss immer viele Reservationen für sechs oder acht Personen. Wir müssen damit rechnen, dass einige Leute deshalb jetzt nicht kommen.»

Franck Giovannini

Weihnachtsgeschäft in Gefahr? Franck Giovannini in Crissier.

Christian Kuchler

Kein Einschnitt: Christian Kuchler vom «Schäfli» in Wigoltingen TG.

Nenad nimmts mit Humor. Dass er sich laufend mit neuen Vorschriften beschäftigen muss, nimmt Nenad Mlinarevic in Zürich wiederum sportlich und mit dem notwendigen Humor: «Vielleicht schreibe ich ja demnächst ein Buch darüber, wie man laufend neue Regeln umsetzt. Stoff genug hätte ich ja: Abstände, Anzahl Gäste pro Tisch, Masken ja oder nein, Schliessungszeiten – langweilig wird es einem damit ja nicht», sagt der Koch und Unternehmer lachend.

 

Das Problem Mittagsgeschäft. Während in den Restaurants von Knogl, Caminada oder Giovannini viele Menüs bestellt werden, sind die «Neue Taverne» und «Bauernschänke» (beide 15 Punkte) von Mlinarevic urbane A-la-Carte-Restaurants, wo das Essen oft geteilt wird. «Wir haben auch bisher schon um 18 Uhr die ersten Gäste empfangen, oder zwei Seatings gemacht» «Uns macht es kaum Schwierigkeiten, wenn um 23 Uhr Schluss ist», so Mlinarevic. Kritisch sieht er hingegen den schleichenden «Slowdown», der durch die Aufforderung zur Kontaktbeschränkung und zum Home Office stattfinde: «Die Bauernschänke schliessen wir mittags wieder, weil immer mehr Gäste im Home Office sind und sich nicht mehr zum Lunch treffen.»

 

«Ich will nicht Polizist spielen.» Auch für 18-Punkte-Koch Christian Kuchler sind die neuen Regeln kein problematischer Einschnitt. «Viele unserer Stammgäste, die 70 Prozent unserer Kundschaft ausmachen, kommen sowieso schon um 18 Uhr. Um 20 Uhr verlangen die ersten dann schon die Rechnung. Auch wenn die Leute länger bleiben, passiert zwischen 23 Uhr und Mitternacht nicht mehr viel.» Kuchler ist froh, dass das  «Schäfli» in Wigoltingen wenigstens bis 23 Uhr geöffnet sein kann: «Ich habe wenig Lust, bei meinen Gästen den Polizisten zu spielen und sie quasi aus dem Restaurant werfen zu müssen».  

 

Fotos: Fabienne Bühler, Thomas Buchwalder, Ben Koechlin, Laurent Egli, Gian Marco Castelberg