Text: Urs Heller I Fotos: Andy Davies, HO

Ochsen Muri

Eröffnet: Das Drei-Häuser-Hotel in Muri AG, zwei Restaurants. Fine Dining im Freiamt!

Drei Häuser, ein Chef. Zwei Murianer Familien scheuten keine Mühe und erst recht keine Kosten, um ein kühnes Projekt zu verwirklichen: Das «Drei-Häuser-Hotel Caspar» gleich neben dem mächtigen Benediktinerkloster. Die «Transfers» für den Umbau wurden geschickt getätigt: Tilla Theus ist unübersehbar die Architektin. Sebastian Rabe ist der Küchenchef beider Restaurants. John M. Rusterholz steht am Ende einer langen Hotelierskarriere vor der Challenge, im Freiamt täglich 50 Zimmer und Suiten zu füllen. Sebastian Rabe hat in der «Wart» in Hünenberg ZG für 16 Punkte gekocht. Die will er auch in Muri. Früher oder später.

Weidelamm

Spektakulär: Sebastian Rabes Weidelamm. Das Gigot gibt’s geschmort und gezupft, mit Topinambur-Espuma.

Weidelamm aus der Feuerküche. Rabes Konzept für das Vorzeigerestaurant im «Ochsen» (Baujahr 1596!): Feuerküche! Feuer, Rauch und Holzkohle prägen die Gerichte auf der kleinen, feinen Fine Dining-Karte. Und eine gehörige Portion Raffinesse. Das Weidelamm beispielsweise serviert er in zwei Raten. Erst das Gigot, stundenlang geschmort und dann gezupft, mit einer verführerischen Topinambur-Espuma. Dann der Rücken: grilliert, aufgespiesst und neckisch auf einem kleinen «Öfeli» serviert; Feuerküche auch am Tisch. Auch vom Rind aus dem Freiamt gibt es verschiedene Komponenten: Entrecôte, Zunge und Herz. Letzteres wird gebeizt, getrocknet und übers Beef geraffelt.

Eingegossen: Dashi mit Pilzen (Enoki, Shimeji).

Eingegossen: Dashi mit Pilzen (Enoki, Shimeji).

Für Vegis: Sellerie, in Butter auf Buchenholz gegart.

Für Vegis: Sellerie, in Butter auf Buchenholz gegart.

Der beste Gang: Zander! Nichts gegen die grosse Zerlegung von Lamm und Rind. Der beste Gang des Abends war ein anderer: Zander! Allzu viel «Feuer» kriegte dieser Süsswasserfisch nicht. Er garte lediglich ein paar Minuten unter der Wärmelampe, bis er glasig und sanft war. Grossartig! Gilt auch für alles andere im Teller: Für die Nussbuttercrème, die aus dem «Izi» appliziert wurde. Und für die Salzzitrone, die dem Zander eine angenehm erfrischende Note verpasste. «Beilage»? Zanderbauch, zum Tatar geschnitten! Weniger aufregend, aber durchaus okay der Kaninchengang: Eine Roulade mit Wacholder-Gelee aus Rücken und Keule, Innereien und Schenkel in einem Mini-Weizentortilla. Das Angebot für Vegetarier: Eine Pilz-Dashi mit Kombu-Alge mit Pilzen (Enoki, Shimeji), zubereitet mit lokalen Komponenten und mit etwas weniger Umami als bei der asiatischen Variante. Und Sellerie, im Buchenholz und vor allem in Butter eine Stunde gegart, auf Selleriecrème und mit fermentiertem Knoblauch.

Im Freiamt auf Punktejagd: Sebastian Rabe.

Im Freiamt auf Punktejagd: Sebastian Rabe.

Unter Denkmalschutz: Das Wirtschaftsschild von 1760.

Unter Denkmalschutz: Das Wirtschaftsschild von 1760.

«Feuerküche» am Tisch: Lammrücken, aufgespiesst.

«Feuerküche» am Tisch: Lammrücken, aufgespiesst.

Den Aargau im Keller. Zwar liegt ein kleines à la carte-Angebot auf, mit hausgemachter (!) Angus Wurst aus dem «Fleischtresor», aber eigentlich hätte es Sebastian Rabe gerne anders: Ein Degustationsmenü «für Neugierige und Experimentierfreudige» liegt auf, mit vier bis sechs Gängen, freundlich kalkuliert. Auch im Keller spielen Weine aus der Region eine zentrale Rolle. Wer sucht, findet auch im Aargau: Wir bestellten den Pinot Noir V1 2018 von Christian Steimer, vom GaultMillau als «Rookie des Jahres» ausgezeichnet. Kleinformate fehlen noch auf der Karte. Grösster Makel in den wunderschönen drei Häusern: Die Tische im «Ochsen» sind viel zu klein. Das geht im Warenhaus oder in der Autobahn-Raststätte. Aber nicht in einem Fine Dining-Restaurant.

>> www.caspar-muri.ch