Text: Urs Heller

«Ich bin ein Berliner.» Am «Minamo»-Tresen Platz nehmen und zuschauen, wie der japanische Chef kocht? Wir müssen präzisieren: Der japanische Chef Toshiro San ist eigentlich ein Berliner (mit japanischer Mutter), hatte noch nie einen fixen Job in Japan. Und gekocht wird lange, bevor die Gäste (höchstens acht Personen!) eintreffen. Am Abend wird in erster Linie angerichtet. Mit viel Geschick, grosser Pinzette und mit kleinen (Kirsch-)Blüten. Spass macht es auch so. Chef Toshiro kriegt seinen Applaus, vor allem auch für die Nigiri, die in seinem Omakase-Menü (acht Gänge, 180 CHF) die Hauptrolle spielen.

Eierstich, japanisch. Der Start ist fulminant: Chawanmushi mit Shitake-Pilzen! Chawanmushi ist ein japanischer Eierstich, die Pilze wurden drei Stunden in Soja gegart und in einer eleganten, schwarzen Schale serviert. Sieht gut aus, schmeckt auch so. Eine Miso-Suppe fehlt selten in einem Omakase-Menü. Chef Toshiro peppte sie eindrücklich auf: Schlangenaubergine vom Grill, selbstgemahlenem Sancho-Pfeffer, mit der Handfläche «gequetschte» Kinome-Blätter. Dann wieder ein echter Höhepunkt: Hiramasa! Toshiro schneidet die Gelbschwanzmakrele nicht wie auf der Karte angedroht zum Tatar, sondern in kleine Würfel, richtet mit japanischer Mayo, Dashi-Essig und Yuzu Kosho an, und weil wir in einem noblen Swiss Deluxe Hotel sind, dürfen es auch noch eine Nocke Oscietra Kaviar und ein Gold-Plättchen («22 Karat») sein.

Restaurant Minamo, Mandarin Oriental, Luzern, LU, 2023

Starker Start: Chawanmushi mit Shitake-Pilzen. 

GMC Minamo, Mandarin Oriental Lucerne, Toshiro San

Pinseln statt tunken: Vierjährige Sojasauce für die Nigiri.

Restaurant Minamo, Mandarin Oriental, Luzern, LU, 2023

Kaviar & Gold: Gelbschwanzmakrele, Luxusvariante. 

Toshiro mischt zwei Reissorten. Spannend wird’s, wenn der Chef seinen Topf mit Sushi-Reis auf die Theke stellt und mit seiner Nigiri-Show loslegt. Sein Geheimnis: Er mischt zwei japanische Reissorten (Nanasubushi, Koshihikari) und belegt sie mit Seafood aus der ersten Liga: Lostallo-Lachs, Gelbschwanzmakrele, Gamberi viola, rote Meerbrasse («Madai»), Aal (leicht angeflämmt). Die Sushi werden hier von Hand und nicht mit den Stäbchen gegessen, und natürlich taucht man sie auch nicht wie beim 0815-Japaner in eine 0815-Soja. Die Soja im «Minamo» ist vier Jahre lang gereift, wird mit dem Pinsel über das Meergetier appliziert. Dass Chef Toshiro Berliner und nicht Japaner ist, hat auch einen Vorteil: Die Konversation zwischen den höchstens acht Gästen und dem sehr gesprächigen Koch ist einfacher. Wer will, kann bei ein paar Gläschen Sake einiges dazu lernen.

Wagyu aus dem Götzental. Doch noch Fleisch im Hauptgang: Wagyu Short Rib. Aus Kagoshima oder einer anderen berühmten japanischen Präfektur? Fehlanzeige. Das Wagyu Beef stammt aus dem nahen Götzental, ist von guter Qualität und sauber grilliert; weissen Spargel und eine überraschende Sesam Sauce kommt dazu. Damit hat Chef Toshiro seinen Job gemacht. Die Desserts kommen aus der zentralen Pâtisserie des Hauses: Gebratene Ananas mit Gewürzen und Ahorn-Eis, ein ganz ausgezeichneter Sakura-Schokoladenkuchen mit Amarenakirschen.

 

>>www.mandarinoriental.com

 

>> Fotos: Christopher Kuhn, Patricia Heller, George Apostolidis, HO