Text: Pascal Grob

Zineb Hattab, nach «Kle», «Dar» und einem Kochbuch haben Sie dieses Jahr mit der Weinbar «Cor» bereits Ihr viertes Projekt realisiert. Wie haben Sie 2023 erlebt?

Es war ein sehr gutes Jahr für uns, wo wir das Fundament in unseren Betrieben weiter stärken konnten mit einem tollen Führungsteam, was mir wiederum zu mehr Freiraum verhalf. Das Kochbuch brachte mich letztes Jahr an meine Grenzen. Dieses Jahr wollte ich mich daher wieder auf das Wesentliche konzentrieren: Neue Gerichte entwickeln und meine Teams unterstützen, wo ich kann.

Etwas spezifisches, das Sie dieses Jahr anders gemacht haben?

Ich habe die Kontrolle über viele Dinge abgegeben und lasse meine Teams mehr Entscheidungen treffen, bevor ich mich einschalte. So können sie wertvolle Erfahrung sammeln und auch über sich hinauswachsen.

Wie viel «Zizi» steckt da noch in Ihren Restaurants?

«Kle», «Dar» und «Cor» sind ganz klar ein Team-Effort. Ich bin stolz auf den kreativen Input, die mir meine Leute liefern, ohne die ich meine Restaurants niemals führen könnte. Natürlich arbeite ich weiterhin sehr eng mit ihnen zusammen betreffend der Gerichte oder dem Erlebnis für unsere Gäste. Wir durchlaufen mehrere Testrunden, diskutieren einzelne Details immer wieder – am Schluss liegt die Entscheidung jedoch bei mir. In der Anfangszeit habe ich auch die Seife oder Handtücher für die Toiletten ausgesucht – sogar die Filzgleiter für die Stühle im Restaurant. Das ist nicht mehr nötig.

Bernd Vogel, Zizi, Alessandro Scaccia - Zineb Hattab, Restaurant Kle, Zürich ist Entdeckung des Jahres 2021 - 17.11.2020 - Copyright Olivia Pulver

Zizi Hattab war GaultMillaus «Entdeckung des Jahres 2021» und wurde schnell zum Zürcher Shootingstar. Auch auf dem Foto: «Cor»-Geschäftsführer Bernd Vogel (links) und «Kle»-Küchenchef Alessandro Scaccia.

Auch Ihr Mann Marc arbeitet seit knapp zwei Jahren hinter den Kulissen.

Er ist eine grosse Stütze, gleichzeitig aber auch mein grösster Kritiker. Ich schätze seinen Input sehr. Und ein weiteres Plus für mich persönlich: Wir haben nun die gleichen Arbeitszeiten, deshalb bedeutend mehr Zeit füreinander als zuvor.

Wo sehen Sie generell Ihre Rolle?

Eine meiner Hauptaufgaben sehe ich darin, die richtigen Personen für unsere Betriebe zu finden und anzustellen. Dabei geht es weniger um ihre Handfertigkeiten: Sie müssen sich mit unseren Werten identifizieren können. So können sie sich schnell im Team integrieren, ohne sich verstellen zu müssen. Das trägt zu einem harmonischeren Arbeitsklima bei, wo sich alle wohl fühlen. Zudem gehört natürlich auch die generelle Business-Strategie zu meinen Aufgaben. In der Gastronomie existieren wenige standardisierte Arbeitsprozesse, viele Abläufe – zum Beispiel das Onboarding – geschehen oft aus dem Moment heraus. Das möchten wir ebenfalls ändern.

Am 9. Februar gastiert das «Kle» im Badrutt’s Palace in St. Moritz. Wie bewältigen Sie diese Zusatzaufgabe?

Wir schliessen das «Kle» für fünf Wochen, mein ganzes Team zügelt nach St. Moritz – mit Ausnahme von Küchenchef Ale, der in seine wohlverdienten Ferien geht. Für ihn springt Emily ein: Sie ist mit den Abläufen der Restaurants bestens vertraut, kann zur Not jeden meiner Küchenchefs vertreten und ist überall da, wo ich nicht sein kann – quasi eine geschäftsübergreifende Küchenchefin. Gleichzeitig nutzen wir die Zeit für eine umfangreiche Renovation unseres Restaurants in Zürich-Wiedikon. Vor allem die Küche braucht dringend ein Upgrade.

Dar Zurich

Zizi Hattab (links) kann sich auf ihre Chefs verlassen: Emily Barratt und «Dar»-Küchenchef Marius Kamber.

Zineb Hattab Kle Zürich

Ein Gericht im Restaurant Kle des vergangenen Winters: Aguachile mit Kohlrabi.

Die Gäste in St. Moritz dürfen also das volle «Kle»-Programm erwarten?

Absolut. Und noch mehr: Da wir keine Doppelvergabe der Tische machen müssen, können wir uns noch mehr den Gästen widmen und ein grösseres Menü ohne Zeitdruck auftischen. Ich plane jeweils zwei Tage pro Woche selbst vor Ort zu sein.

Was war Ihr kulinarisches Highlight der vergangenen zwölf Monate?

Im Restaurant Haoma in Bangkok hatte ich ein grossartiges Menü aus indischen Gerichte, die die verschiedenen Regionen des Landes repräsentierten. Ein Gang besser als der andere, immer mit einer genialen Balance zwischen den Gewürzen, der Schärfe und Süsse. Und was mir eigentlich nie passiert: Geschmacklich konnte ich kaum nachvollziehen, was ich gerade gegessen habe.

Und wo möchten Sie 2024 noch hin?

Ich war noch nie in Japan – eine Destination, die schon lange zuoberst auf meiner Wunschliste steht. Mich faszinieren die unterschiedlichen Kochtechniken der japanischen Küche, der vielfältige Einsatz der Sojabohne hinsichtlich Geschmack und Textur, aber auch ganz generell der respektvolle Umgang mit den Zutaten. Und da Marc ein grosser Manga-Fan ist, werden bestimmt auch viele Manga-Shops auf unserer Liste stehen.

 

>> Vom 9. Februar bis zum 17. März 2024 gastiert Zineb Hattab mit ihrem Restaurant Kle im Badrutt's Palace in St. Moritz. Alle Infos finden Sie hier.

 

Fotos: Pascal Grob, Olivia Pulver