Text: Urs Heller Fotos: Lucia Hunziker, Thomas Buchwalder, Marcus Gyger, HO

Die Formel? Lindner, Speth & Vegi! Die schlechte Nachricht erschütterte Gstaads Feinschmecker, nicht aber den neuen Chef. Die «Chesery» mitten im Dorf kriegt neue Besitzer, die Zukunft des erfolgreichsten Restaurants im Dorf ist ungewiss. Marcus G. Lindner macht auf «Coolman»: «Ich gebe Vollgas. Der neue Job macht mir riesig Spass. Die ersten Feedbacks der Stammgäste sind sehr positiv.» Hoffentlich auch! Der 18-Punkte-Chef kurvt smart durch die Karte. Der Gast kriegt, was er mag: Freche Lindner-Kreationen. Bestandene und beliebte Gerichte von Vorgänger Robert Speth. Und auch ein tolles vegan-vegetarisches Menü!

Chesery Gstaad

Auch mit dem neuen Chef Marcus G. Lindner eine hervorragende Adresse: «Chesery» in Gstaad. 

Frech wie Lindner. Die neuen Gerichte in der freundlich und heller eingerichteten «Chesery»? Zur Begrüssung ein Cracker mit Purple Curry, Tapioka, Apfelgel und Hamachi. Und vor allem ein wunderbares «Kaviarbrötli»: Mini-Flammkuchen mit Zwiebeln, Speck, Impérial- und Forellenkaviar. Dann ein sehr erfrischender Tuna-Gang: Balfego-Qualität natürlich, Rote Beete, Perlzwiebeln und Dashi. Die giessen Lindners junge Köche ein, die auch mal weg dürfen von Ofen und Herd. Prima auch die Kalbs-Polpette alias Hacktätschli mit Entenleber, Steinpilz und Trüffel und der «Zweier» vom österreichischen Reh (geschmort, gebraten). Besonders gelungen eine sehr italienische Kombination: Steinbutt, knackiger, zitroniger Tintenfisch, darunter mediterranes Gemüse. Eine schwächere Geschichte gab es auch: Rouget, Ur-Karotte, gebackener Sot l’y laisse und Sellerie; wir vermissten die klare Hierarchie im Teller.

 

Sechs Gänge. Vegetarisch oder vegan. Die «Chesery» für Vegis? Marcus G. Lindner überrascht mit einem vegetarischen Sechsgänger, den er jederzeit auch auf «vegan» tunen kann. Einige seiner Kreationen sind so genial, dass sie auch im «Fine Dining Menü» auftauchen: Kohlrabi, Blumenkohl, Eigelb & Yuzu. Hervorragend. Auch für den Porridge-Cracker auf braisiertem Kopfsalat gibt’s Applaus aus allen «Lagern».

Marcus G. Lindner

Marcus G. Lindner mag Saibling (Bild). Diesen Winter ist der zarte Fisch mit Gurke, Apfel und Senf auf der Karte.

Marcu G. Lindner, Chef im Bellevue Gstaad,, Foofd: Jakobsmuschel, Rote Beete / Rande, Amaranth, Kokosnusss, 01.10.2018, Foto Lucian Hunziker

Ein «typischer Lindner»: Jakobsmuschel, Rote Beete, Amaranth & Kokosnuss.

Turbot, Enten, Tauben. Die «Chesery» stand über 30 Jahre für hervorragende, klassische Robert-Speth-Küche. Nachfolger Lindner hält die Tradition aufrecht: Ganze Turbot, Loup de mer, Tauben und Enten gibt’s noch immer, und für den Chef steht fest: «Ich bereite diese Klassiker begeistert zu. In der «Chesery» sagt der Gast, was er essen möchte, und das ist für mich überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil: Servieren wir eine ganze Bresse-Poularde, bin ich der erste, der draussen in der Küche noch die letzten Poulet-Stücke aus der Karkasse rausklaubt. Ein geiles Gericht! Auch das berühmte Überraschungsei mit Baeri oder Oscietra-Kaviar ist noch immer auf der Karte: «Robert hat uns das Originalrezept überlassen», freut sich Marcus G. Lindner.