Text: Urs Heller Foto: Lucia Hunziker, Adrian Ehrbar
Neuer Präsident, neuer Schwung. Ueli Kellenberger vom «Rössli» in Bad Ragaz ist ein Mann der klaren Worte: «Die Grandes Tables de Suisse» war eine alte und verstaubte Vereinigung. Aber eine mit riesiger Ausstrahlung.» Jetzt feiert der Club der guten Köche ein Comeback: «Guy Ravet ist unser neuer Präsident, hat klare Ziele und auch ein Ohr für uns Deutschschweizer Köche.» Kellenberger sagte als Neumitglied zu, «auch weil der Jahresbeitrag neuerdings zahlbar ist und die Zusammenarbeit mit dem GaultMillau-Channel viel verspricht».
Bündner Herrschaft & Burgund. Kellenbergers Revier? Zusammen mit seiner Walliser Frau Doris ist er seit 24 Jahren Gastgeber im «Rössli», mitten in Bad Ragaz. Die Kellenbergers haben mutig umgebaut: Viel Glas, kein Holz, Design statt Nostalgie. Aber die freche Formel kommt an, und auch die grosszügigen Hotelzimmer sind gut belegt. Um die ist man dankbar, wenn man mit Kellenberger in den Keller steigt und anschliessend wirklich nicht mehr heimfahren sollte.
Spitzenweine auch glasweise. Uelis Weinkarte ist grandios (Bündner Herrschaft, Burgund!), sein Wissen ebenfalls. Die besten Winzer der Region gehen bei ihm ein und aus. «Unser Wohnzimmer», sagt etwa Daniel Gantenbein. Mitglied der GaultMillau-Weinjury ist Kellenberger auch. Im «Wohnzimmer» gibt es grosse Weine dank «Oenomat»-Technik auch glasweise: Ganti-Pinot Noir 2014 aus der Magnum, Sauvignon blanc von Irene Grünenfelder, Completer von Roman Hermann, Chambolle-Musigny von Ghislaine Barthod 2013, Château Grand Puy Lacoste 2008. Wohl bekommt’s!
Reh-Entrecôte im Pfeffermantel mit karamellisierten Quitten, Steinpilzen und Selleriepüree.
Angus-Rindsfilet mit Kräuterkruste und Karotten-Ingwer-Püree.
«Wochenhit» und 16 Punkte. Die Kellenbergers beherrschen den kulinarischen Spagat. Mittags geht’s blitzschnell: Tagesmenü, Wochenhit, Business Lunch. Auf den ersten Blick eher einfache Gerichte, auf den ersten Biss begeisternde Kreationen, da perfekt zubereitet. Kaninchenfilet etwa, im Speckmantel verpackt, an einer Sauce, die Schwerarbeit verrät, mit einem Carnaroli Risotto; all’onda, perfekt abgeschmeckt. Kellenberger importiert pro Jahr 50 Kilo Carnaroli von der «Riseria Ricarlo», für’s «Rössli» und für seine Berufskollegen. Abends ist dann unkompliziertes «Fine Dining» angesagt: Auf dem Hausberg Pardiel selbst gesammelte Eierschwämmli und Steinpilze. Saku-Tuna mit Thai-Basilikum und Timut-Pfeffer. Acht Wochen lang abgehangene Rindskoteletten aus Maienfeld. Bruder Eduard Kellenberger führt im gleichen Haus eine tolle Metzgerei. Ueli hat den Schlüssel dazu.
«A family affair»: v.l. Julian Harm, Svenja, Ueli, Doris und Lukas Kellenberger. Bei einem Gastauftritt in Gstaad.
Der Gault Millau-Geheimtipp im Shutdown. Das «Rössli» im Shutdown? Wer eines der modernen Zimmer bucht, kriegt die «Halbpension» dazu (ab 260 CHF für zwei Personen!). Drei liebevoll zubereitete Gerichte auf 16-Punkte-Niveau. Wer noch 80 Franken drauflegt, kriegt einen vierten Gang und vor allem eine tolle Weinbegleitung dazu. Selbst Einwohner aus Bad Ragaz lassen sich dieses Schnäppchen im eigenen Dorf nicht entgehen. Rechtzeitig reservieren, dann geht der Chef einkaufen. Reservationen: 081 302 32 32.
«Zimmerstunde» auf der Driving Range. Die Kellenbergers sind Patrons, die mit beiden Händen zupacken. Aufgetankt wird auf dem nahen Golfplatz Heidiland. Dort verbringt der Chef seine «Zimmerstunde», und das fast tägliche Training zahlt sich aus: Single Handicap! Kellenberger ist zusammen mit Andreas Caminada der beste Golfer unter den GaultMillau-Köchen.
PS. Auch Tochter Svenja kann’s: Sie ist Patissière im «Guarda Val» auf der Lenzerheide und brachte es mit «Bündner Hagebutte» (Baumnuss, Rottanne aus dem Sporzerwald, Apfel) im «Marmite»-Nachwuchswettbewerb auf Platz 3.
