Text: David Schnapp

Thomas Bissegger. Zuletzt traf es mitten im Zürcher Stadtzentrum das erst 2019 mit grossen Plänen eröffnete «1904 Designed by Lagonda». Mit einer reduzierten, intelligenten Küche eroberte sich Thomas Bissegger im eleganten, mit Holz und Marmor gestalteten Lokal schnell 16 Punkte und einen Stern. Im März 2021 kam die Nachricht, dass Bissegger sich einen neuen Job suchen muss, der Restaurantbetrieb im «1904» werde eingestellt. Bissegger engagiert sich vorläufig in der Ausbildung in der Zürcher Berufsschule ABZ gibt er Kurse für Lernende, denen wegen der monatelangen Shutdowns im Hingblick auf die Abschlussprüfungen die Praxis fehlt. Er sei auch noch mit einer anderen Berufsschule im Gespräch, erzählt Bissegger, den es dennoch zurück an die Front zieht: «Ich würde gerne da weitermachen, wo ich aufhören musste.»

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Gibt Kurse an der Berufsschule Zürich: Thomas Bissegger.

Ornellaia 2019

«Gute Neuigkeiten in ein paar Wochen»: Giuseppe D'Errico.

Giuseppe D’Errico. Er hat das Ristorante Ornellaia mit einer unverwechselbaren modernen italienischen Küche in kürzester Zeit auf Top-Niveau gebracht: 17 Punkte und einen Stern erhielt der vormalige Sous-Chef im legendären französischen Drei-Sterne-Haus Troisgros an der Zürcher Bahnhofstrasse. Wirtschaftlich war die Situation des Lokals, das als Joint Venture der Familienunternehmung Bindella und des Weinguts Ornellaia betrieben wird, aber nicht zufriedenstellend. Auf den Lockdown im Frühjahr 2020 folgte ein Küchenchefwechsel. Antonio Colaianni löste D’Errico ab. Der 34-Jährige hat seither für Stiftung Pigna gearbeitet. Sie betreibt in Kloten das Gasthaus Hans im Glück, wo Menschen mit und ohne Behinderungen tätig sind. An einem Pop-up mit dem «Gaijin Izakaya» war d’Errico ebenso beteiligt wie er sich als Berater für ein Start-up betätigt hat. Was als nächstes kommt, lässt er offen, «aber in ein paar Wochen werde ich hoffentlich gute Neuigkeiten haben», sagt der smarte Italiener.

 

Marko Prüstel. Nach der Zwangspause im Frühjahr 2020 war der 40-jährige Küchenchef im Winterthurer «Taggenberg» (14 Punkte) noch frohen Mutes, Ende Jahr kam dann die schlechte Nachricht für Ihn und die Feinschmecker der Region. Pächterin Margriet Schnaibel hatte beschlossen, die beste Adresse Winterthurs zu schliessen. Aber Marko Prüstel hat bereits eine neue spannende Aufgabe gefunden, er ist als Küchenchef für die Gastronomie des neuen Erlebniszentrums Autohalle in Andelfingen verantwortlich, das im Herbst 2021 eröffnen soll. Geplant ist neben einem Event-Konzept ein Restaurant-Raum mit offener Feuerstelle, einem Bistro- sowie einem Casual-Fine-Dining-Bereich. «Ich plane eine leichte Küche mit vielen hochwertigen regionalen Produkten und einem Schwerpunkt auf Grill-Zubereitung», erzählt Prüstel.

Marko Prüstel

Neues Konzept: Marko Prüstel arbeitet künftig im Erlebniszentrum Autohalle.

Al Dente Bern, Wein&Sein_Simon Sommer (Küchenchef)

400 Burger pro Tag: Simon Sommer arbeitet neu mit Markus Arnold zusammen.

Simon Sommer. Der Alleinkoch beeindruckte im Berner «Wein & Sein» mit einer frischen, kreativen Küche, die zuletzt mit 15 Punkte bewertet wurde. Anfang 2021 musste Pächterin Daniela Salvisberg Jaun aus wirtschaftlichen Gründen ihre Angestellten entlassen. Zurzeit ist Sommer – ein guter Kollege vom Berner Hansdampf Markus Arnold – verantwortlich für dessen neues Take-away-Konzept «Bingo Bongo Burger» am Casinoplatz. Der Erfolg ist durchschlagend, rund 400 Burger pro Tag (!) verkauften die Berner in der ersten Woche nach dem Start.

 

Marcus Lindner. Gstaad meinte es nicht nur gut mit dem gebürtigen Österreicher, der in der Schweizer Spitzengastronomie schon viel bewegt hat: «Mesa» und «Sonnenberg» in Zürich, «Kunsthof» in Uznach (mit Küchenchef Christian Geisler), «Alpina» und «Chesery» in Gstaad waren Stationen, wo Lindner seine vielfältigen Fähigkeiten erfolgreich einbringen konnte. Keine glückliche Geschichte wurde aus dem Engagement auf dem Hausberg «Eggli» in Gstaad. Die Bergbahnen stellten den 18-Punkte-Chef im Februar 2021 frei. Er habe im Anschluss gleich zwei spannende Aufgaben angeboten bekommen, sagt Marcus Lindner. Entschieden hat er sich für die «Bergwelt Grindelwald», ein neues Small Luxury-Designhotel.

Heiko Nieder besucht im BMW X5 Marcus Lindner in Gstaad 2021

Nach der Kündigung kamen neue Angebote: Marcus Lindner.

Markus Burkhard

Projekte, aber keine konkreten Pläne: Markus Burkhard.

Markus Burkhard. Der gebürtige Berner Markus Burkhard sorgte mit seiner Partnerin Flavia Hiestand im «Jakob» in Rapperswil für Furore. Mit einer streng regionalen, hochkreativen und geschmackvollen Küche holte er 16 Punkte und einen Stern. Der Lockdown 2020 entzog dem Hotel und Restaurant in der pittoresken Altstadt aber die wirtschaftliche Grundlage, und das temporäre Projekt «Cream», welches das Gastronomen-Paar anschliessend im «Wermut» in Zürich anging, fiel der politisch verordneten Schliessung der Restaurants Mitte Dezember zum Opfer. Er könne zwar ab und zu kochen wie zum Beispiel im Kursaal Bern, ansonsten «lebe ich eher von der Hand in den Mund», sagt Markus Burkhard. Der stille Berner hofft auf das Signal der Wiedereröffnung der Gastronomie, das werde sicher auch den Stellenmarkt stärker in Bewegung bringen.

 

Moses Ceylan. Der ehemalige Küchenchef von 3-Sterne-Koch Juan Amador in Mannheim und zuletzt kongeniale Partner von Sebastian Zier im Hotel Einstein St. Gallen (18 Punkte, zwei Sterne) hat sich Mitte 2020 entschieden, eine Auszeit von der Spitzengastronomie zu nehmen. Zusammen mit seiner Partnerin Fabia Löw kreierte das Ausnahmetalent neue Praliné-Preziosen für ihre Zürcher Schokoladen-Manufaktur Löw-Delights und organisiert dort auch einen Mittagstisch zum Mitnehmen. «Ich habe mich in den letzten Monaten stark mit orientalischer, mit vegetarischer und veganer Küche beschäftigt und auch Beratungen angeboten», erzählt er. Was seine Zukunft anbelangt, ist der freundliche Deutsche aramäischer Herkunft nicht festgefahren: «Ich kann mir vieles vorstellen», sagt Moses Ceylan.

Moses Ceylan

Schokolade und Events: 18-Punkte-Koch Moses Ceylan.

Dave Waelti schmeisst im Casino in Bern die Bistro Bar mit offener Kueche. - Bern, 16. Oktober 2020 - Copyright Olivia Pulver

Mehr Zeit für die Familie: Dave Wälti erwartet die Geburt seiner Tochter.

Dave Wälti. Die «Bistrobar» des talentierten Kochs (Ex-«Eisblume») im Casio Bern fiel im Februar 2021 einer Neuorganisation der Gastronomie im prestigeträchtigen Bau der Burgergemeinde zum Opfer, 13 Entlassungen wurden ausgesprochen. Casino-Direktor Ivo Adam bot Wälti zwar einen neuen Job an, aber eine tiefere Funktionsstufe wollte der 32-Jährige nicht akzeptieren und liess sich freistellen. Das gebe ihm Zeit für die Familie, sagte er kürzlich dem GaultMillau Channel. «Man muss auch das Positive in einer solchen Situation sehen», sagt Wälti in Hinblick auf die baldige Geburt seiner Tochter. «Ich schaue mich um, habe aber keinen Stress», so Wälti. Auf jeden Fall solle sein nächster Job «urban» sein, sagt er.

 

Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, Ellin Anderegg, Lukas Lienhard, HO

Aktualisiert: 10. März 2021