Text: Stephan Thomas | Fotos: Fabienne Bühler

Die Kuh ist der Chef. Eigentlich ist es ein Stall wie viele andere auch. Grosszügig angelegt, tipptopp aufgeräumt, mit Rindern, die sich das Heu schmecken lassen. Etwas aber ist anders: An der Wand prangt ein Gemälde von Le Boucher Corpaato, dem malenden Metzger. Es ist eben doch nicht irgendein Stall, sondern jener des Gasthauses «Zum Gupf» oberhalb von Rehetobel/AR. Das Vorzeigerestaurant (18 GaultMillau-Punkte, grandioser Weinkeller) versorgt sich hier, wenige Meter vom Haupthaus entfernt, mit Fleisch von denkbar naturnah aufgezogenen Limousin-Rindern. Für ihr Wohl sorgt seit über zwanzig Jahren Albert Zähner. «Wir praktizieren Mutterkuhhaltung, züchten die Tiere selber. Ich habe nie eins zukaufen müssen. Auch Futter verwenden wir nur vom eigenen Betrieb.» Mit berechtigtem Stolz schaut er auf eines der Prachtsexemplare. «Das Tier ist jetzt etwa eine Tonne schwer. Da sagt die Kuh, was läuft, nicht der Bauer.»

Gasthaus zum Gupf, Gastgeberpaar Manuela & Walter Klose, Schweizer Fleisch, 8. Juli 2021, Rehetobel AR auf dem Hof mit Pächter Albert Zähner

Entspannung! Küchenchef Walter Klose kommt nach einem stressigen Arbeitstag gerne in den Stall.

Gasthaus zum Gupf, Gastgeberpaar Manuela & Walter Klose, Schweizer Fleisch, 8. Juli 2021, Rehetobel AR auf dem Hof mit Pächter Albert Zähner

Klose: «Wenn ich den Tieren beim Fressen zusehe, gibt mir das eine innere Ruhe»!

Herunterfahren im Stall. Walter Klose ist der Chefkoch im «Gupf». Für ihn ist der Stall viel mehr als nur ein Lieferant für seine Küche. «Am Abend nach einem stressigen Arbeitstag komme ich oft hierher und schaue den Kühen beim Fressen zu, noch in den Arbeitsklamotten. Dabei kann ich ideal herunterfahren. Es gibt mir eine innere Ruhe.» Oft ist er auch im Schweinestall anzutreffen, etwa hundert Meter talabwärts gelegen. Bei unserem Besuch herrscht hier ein Riesenlärm. Drei Sauen sind gerade brünstig und ausserordentlich gut gelaunt. Das bringen sie mit ohrenbetäubendem Quieken zum Ausdruck. In der Box nebenan steht ein prächtiger Duroc-Eber. Er wirkt ein wenig abgekämpft. «Er hatte eben ziemlich viel zu tun in letzter Zeit», erklärt Albert mit dem typischen trockenen Appenzeller Humor.

Postkartensujet in Rosa. Allerliebst sind auch die Ferkelchen. Sie sind im Moment kaum grösser als Meerschweinchen und saugen bei der Muttersau, was das Zeug hält. «Interessant ist, dass die Kleinen immer auf eine ihrer Zitze abonniert sind. Niemals würden sie nebenan saugen.» In Muttersauhaltung dürfen die Schweinchen ein Gewicht von 16 - 18 Kilo erreichen, bevor sie als Spanferkel in die Gupf-Küche wandern. Andere werden auf gegen 100 Kilo ausgemästet. Aus ihnen wird dann Schinken, Speck und Bauernkotelett. In allen Fällen dauert der Weg zum Schlachthof nur einige Minuten.

Gasthaus zum Gupf, Gastgeberpaar Manuela & Walter Klose, Schweizer Fleisch, 8. Juli 2021, Rehetobel AR

Das Reich von Walter & Manuela Klose: Das Restaurant «Gupf» in Rehetobel AR.

Spanferkel als Flaggschiff. «Ich merke dem Fleisch an, ob das Tier bei der Schlachtung Stress hatte. Das spürt man schon, wenn man es in die Pfanne legt. Manchmal fühlt es sich dann richtig wabbelig an. Es ist enorm, welche Auswirkung Haltung und Schlachtung auf die Fleischqualität haben. Ich habe auch schon zum Hörer gegriffen und bei Albert angefragt, ob er etwa bei einem Schweinchen das Kastrieren vergessen habe.» Das Spanferkel ist eine Spezialität von Walter Klose. Markenzeichen ist hier die besonders schöne Kruste. «Es muss beim Aufschneiden «Krack» machen. Früher hatten wir Jungschwein im Angebot, da haben die Gäste die Kruste oft weggeschnitten, was schade ist. Beim feineren Spanferkel kann man eher plausibel machen, dass man diese Delikatesse unbedingt mit essen soll».

Familiensache. Walter Klose stammt ursprünglich aus Bayern. Ehefrau Manuela, die die Fäden im «Gupf» zieht, ist von Geburt Österreicherin. Alle drei Söhne hat es ebenfalls in die Gastronomie gezogen. Fabian, der älteste, ist der Pâtissier im «Gupf». Er serviert uns ein weiteres kulinarisches Flaggschiff: Knödel mit Nougatkern, eingelegten Aprikosen und Vanilleeis. Das macht nicht allein wegen den familiären Wurzeln Sinn. Von der Traumlage des «Gupf» sieht man nämlich nicht nur an den Alpstein, sondern über den Bodensee hinweg auch tief in bayerisches und österreichisches Land.


>> www.gupf.ch