Text: GaultMillau Schweiz Fotos: Marcus Gyger
«Turbot special»! Erster Job für die kleine Küchenbrigade nach den Ferien? Bärlauch pflücken! Chef Silvio Germann hatte da so eine Idee: Steinbutt, Erbsen (als Pürée), Bärlauch, Lauchöl, Cipolotti. Wir kriegten den Turbot als «special», dazwischengeschoben zwischen Vorspeisen-Feuerwerk und Hauptgang-Parade und waren ziemlich begeistert: vom sekundengenau gebratenen zarten Fisch. Und von der raffinierten, «frischen» Beurre blanc mit fünf Kräutern. Auch die beiden anderen «Specials» waren speziell gut: Die Langustinen mit Morcheln in einem eleganten Krustentierschaum. Und die Schmorbraten-Tortellini mit schwarzem Trüffel und Nussbutterschaum, mutig al dente zubereitet und inzwischen ein Klassiker auf der «Igniv»-Karte. Der GaultMillau hat ebenfalls einen «Special» auf Lager: Den wohlverdienten 17. Punkt.
Das Menü zum Teilen. Chef Silvio Germann, Gastgeber Francesco Benvenuto und ihre jungen Mitarbeiter gehen ins dritte Dienstjahr. Der richtige Moment, wieder so richtig Gas zu geben, ohne jede Einschränkungen. Natürlich wird auch hier die Fischsuppe mit Exemplaren aus süssen Gewässern zubereitet. Aber Turbot, Langustinen oder Makrelen haben genauso einen Platz im «Sharing»-Menü, das auf kleinen Platten und Tellern serviert und am Tisch fröhlich geteilt wird. Bei den Häppchen zum Start ist das «Ei Royal» immer dabei. Variante diesmal: Lauch, Kartoffelschaum, Brotcroutons, Nussbutter. Anderes schnappt man sich von Hand: Die federleichten Pommes Soufflés mit Champignons. Oder den Fenchel, auf dem es das Felchen-Tatar nicht leicht hatte, sich geschmacklich zu entfalten.
Zander aus der Salzlake. Einige Gerichte sind auf der Speisekarte besonders markiert, werden in Bad Ragaz und in St. Moritz serviert, waren natürlich auch Highlights im Menü. Die Saiblingfilets etwa, in einer Escabèche zubereitet, mit Stangensellerie und Gurken. Oder das Rindstatar, auffallend kräftig im Geschmack mit Ei und Schnittlauch, das man lustvoll auf einen Chips drapiert. Auch gut: Der Zander in der Salzlake gewendet und mit dehydrierter (!) Grapefruit serviert. Ganz klassisch, aber schlicht perfekt geht auch: Entenleber (mit Schokoladenstreifen), hausgemachter Brioche und einer wunderschönen Apfel-Rosette, gefüllt mit Crême fraîche.
Und dann kommt Steffi. Nach so vielen herausragend guten Amuse-bouches, Vorspeisen und «Specials» sind die Hauptgänge nicht mehr die Hauptsache, aber natürlich machen sie Spass: Poulet aus dem Val Lumnezia mit Harissa, Zwiebeln und (schon wieder) mit schwarzem Trüffel. Exzellente Kalbsbäggli mit Haferwurzel (!). Ein Kohlrabi-Blatt mit Tataki vom Rindsfilet. Geschmorter Kopfsalat mit Pinienkernen. Und eine Lammkeule, die völlig okay, aber eigentlich nicht sehr aufregend ist. «Ich bin die Steffi», hiess es dann. Die junge Pâtissière stellte sich vor, servierte ein kühlendes Rhabarber/Limetten-Sorbet, eine mächtige «Meringue» mit Joghurt und Apfel, eine geeiste Kaffeekugel mit Kakao, eine Mini-Tarte mit Zitrusfrüchten und der Tradition folgend die süsse Variante vom «Ei Royal», mit Sauerampfer auf Milchreis. Den «Candyshop» beim Ausgang gibt’s noch immer: Die Gäste kriegen zum Abschied eine Tüte voll Bruchschoggi, Fruchtgelee, Pralinen, Lollies und Madeleines. Gehört fix zum «Igniv»-Programm.
Grosse Küche, grosse Flaschen. Im von Patricia Urquiola frech designten Restaurant mit flackerndem Kaminfeuer teilt man die Gerichte – und auf Wunsch auch den Wein. Francesco Benvenuto kreist mit Grossflaschen (3 Liter, 6 Liter) von Tisch zu Tisch, vornehmlich aus der Bündner Herrschaft. Einer der Pinot Noirs trägt seinen Namen: «Benvenuto 2016». Starwinzer Georg Fromm hat ihn abgefüllt; eine elegante Hommage an Francescos Titel «GaultMillaus Sommelier des Jahres 2018».
>> Grand Resort Bad Ragaz
Restaurant Igniv
7310 Bad Ragaz
17 Punkte (bisher 16)
www.resortragaz.ch