Text: Urs Heller I Fotos: Tarvioll Jashari, Adrian Ehrat 

Das Comeback einer Ikone. Luzern hat «seinen» Gütsch wieder. Nach diversen Wirren, Besitzer- und Chefwechseln ist das weisse Schloss über der Stadt wieder eröffnet. Besondere Merkmale: Im Hotel, das stark an Schloss Neuschwanstein von Märchenkönig Ludwig II. erinnert, wurden die 37 Zimmer wohltuend entrümpelt und charmant eingerichtet. Der Blick über Stadt und See ist beeindruckend, das nächste Kapitel der 140jährigen Geschichte kann geschrieben werden.

Picture: Torvioll Jashari Chateau Gütsch

Neuer Küchenchef im «Gütsch»: Ludovico de Vivo.

Chateau Gütsch

Wohlfühl-Ambiente: Die Bar im Château Gütsch.

Picture: Torvioll Jashari

Auf den Hund gekommen: Direktor Andreas Gartmann.

Chef Ludovico soll’s richten. Und das Restaurant Lumière? Generationen von Luzernern verbrachten im «Gütsch» glanzvolle Nächte und wünschen sich ihr Schlösschen zurück. Der italienische Chef Ludovico de Vivo soll’s richten. Die antiquierte Küchenprosa auf der Karte («Gaumenfreuden», «Fest der Sinne») mögen wir nicht so, den Koch schon eher: Ludovico kam vom «Relais & Châteaux»-Hotel Capofaro in Salina auf Sizilien in die Schweiz, verehrt die mediterrane Küche und bringt das Beste von der Insel gleich mit: Die zarten Gamberi rossi, die er nur leicht mariniert, mit Sauercrème und Meerspargel-Wasser gleich zum Start serviert. Krebse haben es ihm angetan: Auch der Scampo mit Artischocken ist ein Volltreffer. Ludovicos Geheimwaffe: Ein Bunsenbrenner! Damit bearbeitet er präzis Meergetier und «Carciofi». Bemerkenswert: die Pilz-Bouillon dazu, aufgebaut auf einer Dashi. Wünschenswert wäre eine klarere Produkteinformation: Aus Südafrika, wie vom Service annonciert, waren diese Krebse nicht. Aber sie waren gut.

 

Das Ding mit den Plin-Dingern. Steht «Plin-Ravioli» auf der Karte, greifen wir schon fast reflexartig zu. Überraschung nach dem ersten Biss: Da ist nicht wie im Piemont üblich Brasato drin. Chef Ludovico geht seinen eigenen Weg: Ricotta, ein wenig Schinken. Wir mögen seine Variante und natürlich auch die «Accessoires»: Kalbsjus und Beurre blanc. Den Salbei gab’s in Pulverform drüber. Sieht gut aus, hat aber wenig Power. Ein weiteres sehr italienisches Gericht haben wir für einen nächsten Besuch auf dem Radar: Gragnano-Spaghetti mit Kohlrabi, Burrata und den genialen Gamberi rossi aus Mazara del Vallo.

Für diese Haxe braucht es kein Messer. Kohlrabi? Chef Ludovico ist Gemüse-Fan («den vegetarischen Gerichten gehört die Zukunft») und legt seinen Kohlrabi auch zur zwölf Stunden lang geschmorten, vom Knochen befreiten Kalbshaxe in den Teller. Der Ossobucco gelingt ihm fantastisch. Das Fleisch ist butterzart, lässt sich mit der Gabel und ohne Messer geniessen. Nur einen Gourmet-Löffel braucht es: für die intensive Madeira-Sauce. «Gütsch»-Direktor Andreas Gartmann (vorher «Eden Roc», Ascona) hofft auf die schnelle Rückkehr der internationalen Clientèle nach Luzern und hat schon mal eine internationale Karte in Auftrag gegeben: Auch eine «Shoyu»-Ramensuppe gehört ins Angebot, mit Wachtelei, Reisnudeln, Pilzen, Sesam und Schweinenacken.

 

Der Start ist geglückt. Die Brigade umfasst erst sieben Köche, und trotzdem machen die Ragazzi alles selbst: Das Brot. Den Gütsch-Burger. Den veganen Gütsch-Burger. Die Pavlova und die Friandises. Für den Sommer (Lunch und Dinner auf der Traumterrasse!) muss noch Verstärkung her. Chef Ludovicos Ziel: «Einfachere Gerichte über den Mittag. Fine Dining am Abend.» GaultMillau-Wertung? Wir warten mal ab, bis die Brigade komplett ist. Der Start ist geglückt.

PS: Der schnellste Weg ins weisse Schloss: Die Gütsch-Kabinenbahn fährt hoch in nur 100 Sekunden. 

 

>> www.chateau-guetsch.ch