Interview: David Schnapp Fotos: Reuters/Thomas Buchwalder

Franck Giovannini, wann haben Sie vom Tod Joël Robuchons erfahren?

Ich mache gerade Ferien zu Hause und sah die Meldung über seinen Tod zuerst im Internet. Da habe ich sofort einige Kollegen kontaktiert. Wir wussten zwar, dass er krank war, aber nicht, dass es so schlimm war.

 

Wann haben Sie Robuchon zum letzte Mal getroffen?

Das war im Januar 2018 in Genf. Wir sassen zusammen in der Jury für die Schweizer Ausscheidung des Bocuse d’Or. Robuchon lebte ja in Genf und hat mir von seinen Plänen für ein neues Restaurant dort erzählt.

 

Welche Art Restaurant sollte das sein?

Ein neues «Atelier» – sein Konzept, das weltweit erfolgreich ist. Er hat mir die Pläne für die Inneneinrichtung gezeigt. Es wäre natürlich schön, wenn das Lokal trotzdem realisiert würde, aber ich weiss nicht, ob es weitergeht.

 

Sie haben nie für Robuchon gearbeitet…

… Nein, aber ich habe ihn oft in Crissier getroffen. Er war ja gut befreundet mit Frédy Girardet, und für uns war es immer ein grosses Ereignis, wenn er in der Küche stand. Die beiden haben sich gegenseitig sehr bewundert und hielten den jeweils andern für den besten Koch.

Franck Giovannini

Der «Koch des Jahres» 2018 über Robuchon: «Er war zweifellos einer der ganz Grossen.»

Was war Robuchon für ein Mensch?

Es ist ja immer ein grosser Unterschied, wenn man einen Chef ausserhalb seiner Küche sieht (lacht). Er war sehr freundlich, aber als Chef war er sehr hart und fordernd, nach allem, was ich gehört habe. Ähnlich wohl wie sein Freund Girardet, so waren die grossen Köche in den Achtzigerjahren.

 

Und was war er für ein Koch?

Er war zweifellos einer der ganz Grossen. Und anders als etwa Paul Bocuse, der 40 Jahre lang mehr oder weniger dieselben Gerichte gekocht hat, ist Robuchon nie stehen geblieben, hat sich immer weiterentwickelt. Und ich habe grossen Respekt vor seiner Grundhaltung: Als er 1981 das «Jamin» in Paris eröffnete, stand er jeden Tag im Restaurant. Das war auch immer die Philosophie in Crissier: Girardet, Rochat und heute ich, wir wollen bei unseren Leuten und Gästen sein. Als Robuchon dann angefangen hat, weitere Restaurants zu eröffnen, hat er das «Jamin» geschlossen. Da war er konsequent.

 

Erinnern Sie sich an ein Essen bei ihm?

Ja, natürlich! Ich habe 1995 erstmals im «Jamin» gegessen. An die kalte Vorspeise mit Blumenkohlpüree, Hummer und Kaviar erinnere ich mich bis heute. Das wurde ja ein Klassiker von ihm, der immer noch in allen seinen Restaurants weltweit serviert wird. Die Präzision auf den Tellern war damals schon erstaunlich. Er war einer der ersten, die detaillierte Teller anrichteten, die perfekt aussahen.

 

Was bleibt von Joël Robuchon?

Robuchon hat immer nach dem besten Produkt gesucht und danach, wie man es am besten zubereitet und würzt. Alles wurde jeden Tag frisch gemacht, es gab keine Kompromisse. Das mag heute selbstverständlich erscheinen, damals war das bahnbrechend. Aber ist auch grossartig, dass sein wohl berühmtestes Gericht das «Purée de Pommes de Terre» bleiben wird, das damals aus 50 Prozent Butter und 50 Prozent Kartoffeln bestand. Etwas so Einfaches so genial zuzubereiten, ist das Zeichen für einen ganz grossen Küchenchef.

 

>> Franck Giovannini (44), ist seit 2016 Küchenchef im «Hôtel de Ville» in Crissier (19 GaultMillau-Punkte, 3 Michelin-Sterne und GaultMillaus «Koch des Jahres 2018».)