Text: Max Fischer | Fotos: David Künzler
Vom Herd ans Mischpult. Seebrise statt Bergluft: Bis Ende September übernimmt Flo Neubauer (39) die «Sens»-Sommerresidenz im Vitznauerhof. Sein Fischmenü ist eine Hommage an die Traumlage direkt am Vierwaldstättersee. Und an der Season-End-Party am 28. September wird der leidenschaftliche DJ Flo dann das «Sens» zum Kochen bringen. Mit stimmigen Tracks und einem Bass, der jeden Magen massiert. Homebase des begabten Zermatter 17-Punkte-Kochs ist eigentlich das «After Seven» im Backstage-Hotel von Heinz Julen.
Hat Klasse: Gedämpfte Jakobsmuschel, Blumenkohl, Schnittlauchcreme.
Snack-Attack! Saibling, Tuna-Tatar, Focaccia, Auster, Tintenfisch-Tartelette.
Bei 45 Grad glasig gekocht: Red Carabinero mit geräucherter Peperoni-Bisque.
Techno pusht das Team. Fussball- und Hockey-Cracks machen sich mit rockig-rhythmischen Einlauf-Songs auf den Match scharf: «In meiner Küche läuft Techno, das pusht das Team!», verrät Flo. Schon als 14-Jähriger war keine Techno-Party zwischen Berlin und Wolfsburg vor dem gebürtigen deutschen Starchef sicher. «Bei Techno-Musik kann ich am besten abschalten», sagt er. Was ihn besonders beeindruckt: «Alle sind gut drauf und friedlich, wollen nur abtanzen und feiern. Wie ich an der Street Parade in Zürich vor ein paar Tagen.»
Die Snack-Attack. Nicht nur das Spiel mit Tracks und Drops liegt Flo im Blut. In der Küche kombiniert er virtuos die Geschmäcker. Zum fünfteiligen Auftakt bereitet er eine Auster mit Passionsfrucht und Meerrettich zu – top das Spiel mit Säure, Schärfe und Salz. Dazu gibt’s ein Tintenfisch-Tartelette. Mit Wasabi abgeschmeckter Tuna in einem Cornette aus Algenblättern. Einen Saibling auf einer Crème aus Kabeljau-Rogen. Und Focaccia an einer auf das Jahr 1820 zurückgehenden «Gentleman’s Relish» mit Sardellen und Knoblauch.
Kochkunst und Musik gehen Hand in Hand: Bei Flo Neubauer läuft Techno in der Küche.
Atemberaubender Sonnnenuntergang. Matterhorn oder Vierwaldstättersee? «Zwei Top-Destinationen», so Flo. «Ich fühle mich immer gerade dort zu Hause, wo ich bin.» Er war und ist viel auf Bali. Aber für den Küchenchef steht fest: «Du musst nicht um die halbe Welt reisen, um atemberaubende Sunsets zu bewundern. Der Sonnenuntergang im Sens ist schlichtweg gigantisch.» Bei der aussergewöhnlichen Lage direkt am See sei es für ihn auf der Hand gelegen, ein Fischmenü für die Zeit von August bis September zu kreieren. Er führt neben seiner Tätigkeit am Matterhorn seine eigene Firma Sweet & Sour by Flo Neubauer. «So kann ich an spannenden Orten auf der ganzen Welt und auch in der Schweiz kochen. Dabei nehme ich von überall her neue Erkenntnisse und Ideen mit. Davon profitieren alle – die Gäste, die Restaurants, und ich entwickle mich weiter.»
Wallis am Vierwaldstättersee: Der Heimweh-Zermatter hat Trinkgläser mit Matterhorn-Relief nach Vitznau mitgebracht.
Unbedingt in einem Bissen geniessen: Randen-Gazpacho mit Wasabi-Glace – darüber raffelt Flo fermentierte Limette.
Der Frische-Kick. «Das Randen-Gazpacho unbedingt mit der Wasabi-Glace und der fermentierten Limette zusammen essen», empfiehlt der Chef. Wow! Wer von der Sonne etwas müde ist, wird von einem auf den anderen Moment hellwach. Und ist bereit für die grillierte Avocado mit Eichenholz-Raucharomen aus dem Green Egg. Oder die gedämpfte Jakobsmuschel an Blumenkohl- und Schnittlauch-Crème. Noch ein überraschendes Aha-Erlebnis: Gurkensüppchen mit Vanilleschaum, sehr frech und sehr fein.
Red Snapper & Red Carabinero. «Ich mache mir Notizen, wenn ich unterwegs bin und mir etwas auf- oder einfällt», sagt Flo. In Neuseeland habe er einen Red Snapper geangelt. Dann habe er ein paar Gedanken dazu aufgeschrieben. Jetzt hat die grillierte Variante Platz im Fischmenü des «Sens» gefunden. Begleitet von Taglierini des italienischen Sous-Chefs Giuseppe «Peppe» Cardillo. Spitze: Ein bei 45 Grad glasig gekochter, knackiger Red Carabinero.
Overwater-Feeling wie auf den Malediven: Vier Tische im «Sens» sind direkt über dem Wasser.
Sommerresidenz der Starchefs. Nach dem Wegzug von Jeroen Achtien hatte Hoteldirektor Raphael Herzog die goldene Idee: Das «Sens» wird zum Treffpunkt von gut bepunkteten und begabten Köchen. Diesen August also kocht Flo Neubauer jeweils abends von Sonntag bis Dienstag dort, im September von Donnerstag bis Sonntag.
