Text: David Schnapp Fotos: Olivia Pulver

Tobias Funke, wobei störe ich Sie gerade?
Ich habe gerade die Reservationen für das Gourmetrestaurant heute Abend entgegengenommen. Es läuft ganz gut, weil viele Restaurants jetzt Ferien machen, aber wir den ganzen Sommer über da sind.

 

Wie sieht ein typischer Morgen bei Ihnen aus?
Der beginnt mit administrativen Arbeiten, um 8.30 Uhr bin ich im Bistro für die Besprechung mit meinen Köchen, dann treffe ich mich mit Gästen, und um die Mittagszeit kommen die Köche des Gourmetrestaurants, und wir gehen den Abend durch: Gibt es Gäste mit Allergien und Unverträglichkeiten, auf die wir reagieren müssen? Weil wir nur noch ein Menü haben, können wir viel besser auf Sonderwünsche eingehen. Abends bin ich im Gourmetrestaurant und sonst springe ich überall ein, wo es mich gerade braucht.

 

Was war ihr letztes kulinarisches Highlight?
Kürzlich hatten wir Outside Skirt, ein schmales Stück von der Innenseite der Rinderippe im Menü. Es ist leicht marmoriert und super schmackhaft – eine wahre Entdeckung. Das war ein Produkt von Luma Beef, die wirklich tolle Second Cuts liefern. Man muss es den Gästen zwar erklären, weil es halt kein Filet oder Kotelette ist, aber das ist es wert.

 

Sie kochen also immer noch gern?
Ja, unbedingt! Gerade habe ich in der Bistroküche zwei Wochen den Saucierposten besetzt, weil ein Koch gefehlt hat. Es ist auch wichtig, dass man vorleben kann, was man von seinen Leuten verlangt. In den zwei Wochen habe ich gemerkt: Beim Kochen ist es ein wenig wie beim Velofahren: gelernt ist gelernt. 

 

Welches neue Gericht macht Ihnen zurzeit Freude?
Wir haben richtig dicke, fleischige Short Ribs, die wir 24 Stunden garen. Dazu gibt es süsse Erbsen, leicht fermentierten Kohlrabi und die roten, leicht scharfen Tropea-Zwiebeln. Daraus machen wir ein Püree, und wir legen die Zwiebelstreifen zwei Wochen in Rotweinessig mit Milchsäurebakterien und Gewürzen ein. Vor dem Servieren werden die Zwiebeln noch im eigenen Saft und etwas Butter glasiert. Butter gehört immer noch zu einer guten Küche, auch wenn man heute weniger davon verwendet.

 

Wie würden sie ihren Job eigentlich beschreiben?
Es ist eine gute Mischung aus Koch, Unternehmer und Mädchen für alles. Das Unternehmerisch wird schon immer wichtiger: Wir haben zum Beispiel im vergangenen Jahr mit dem Wintergeschäft, einer Eislaufbahn und einem Fondue-Stübli angefangen, das war eine gute Idee. Oder unser Pop-up-Hotel aus Appenzeller Holz für den Sommer…, es gibt immer etwas zu tun oder zu optimieren. Aber es stellen sich auch viele kulinarische Fragen: Eben haben wir einen tollen neuen Beeren-Produzent in Goldach gefunden, jetzt gilt es herauszufinden, wie wir zusammenarbeiten können, oder was er für uns anbauen könnte.

 

Sie haben immer neue Ideen, Projekte, Events – wird Ihnen das nicht manchmal zu viel?
Nein, ich möchte das so. Nachdem ich als Selbständiger immer fast am Hungertuch genagt habe, war die «Fernsicht» eine riesige Chance für mich. Die Besitzer investieren, aber machen auch klare Vorgaben: Schwarze Zahlen sind Pflicht. Und ich möchte nicht nur Fine Dining betreiben, mir macht jede Art von Gastronomie Freude – egal, ob es das Fondue-Stübli, unsere Dorfbeiz «Frohburg» oder das Gourmetrestaurant ist. Ein Betrieb alleine wäre mir zu langweilig.

 

>> Tobias Funke, 36, ist Geschäftsführer und Executive Küchenchef der Fernsicht Event AG in Heiden, wo er seit Anfang 2014 arbeitet.

>> Zum Restaurantbericht
 

www.fernsicht-heiden.ch