Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Fabian Häfeli
Ein Kraftort auf 2000 Metern. Chandolin ist ein hübsches Dorf im Val d’Anniviers, mit sonnenverbrannten Chalets, einem einmaligen Blick auf die Walliser Viertausender, schönen Skipisten und einer Besonderheit: Mit 2000 Metern Höhe ist es der höchste ganzjährig bewohnte Ort der Schweiz. Neuen Schwung ins etwas verschlafene Dorf brachte im Februar 2017 ein Viersterne-Boutique-Hotel. Sein Chaletstil fügt sich gut ins Ortsbild, mit 30 Zimmern, zwei Restaurants, Schneebar und Wellnessbereich bringt es eine kulinarisch und sportlich interessierte Klientel ins Tal. Dahinter steht der Privatinvestor Esteban Garcia, der das abgelegene Dorf - wie einst die Reiseschriftstellerin Ella Maillart und die Dichterin Corinna Bille - als persönlichen Kraftort entdeckt hat.
Käse von der Hotel-Kuh. An diesem Kraftort sollen auch ihre Gäste Energie und Ruhe tanken, sagt das Direktorenpaar Jean-Marc Boutilly und Charlotte Renaud Boutilly. Nachhaltigkeit ist ihnen wichtig. Pelletheizung, Minergie-Standard, Zusammenarbeit mit lokalen Produzenten und ein Konzept für «Food Waste», also Verringerung von Abfällen, sind Zeugen dafür. Als lebendiger Beweis für das Lokale steht die hoteleigene Kuh «Titeuf» im Stall. Im Sommer war die siebenjährige Eringerkuh auf der Alp und lieferte die Milch für den Käse, der das Frühstücksbüffet bereichert. Die Boutillys affinieren den Käse selber, «ich habe zwei grosse Passionen, den Käse und den Wein», sagt Direktor Jean-Marc Boutilly. Unter den gut 400 Positionen finden sich viele Flaschen der besten Walliser Winzer.
Chef Coco ist ein Robuchon-Schüler. Chefkoch Stéphane Coco wirbelt in der offenen Küche des gediegenen «Le Restaurant» und leitet auch das «Le Chalet» mit Pizza, Pasta und Raclette. Zwölf Jahre arbeitete er für Joël Robuchon in Monaco. Die Schweiz kannte der gebürtige Pariser nicht. Vom Meer in die Berge - er habe es noch keinen Augenblick bereut, beteuert er. Die Walliser Produkte begeistern und beflügeln ihn. Das Lamm, das Fleisch der Eringerkühe, das einheimische Wild, die Pilze und die Kräuter aus der Umgebung. Zurzeit hat es ihm der Topinambur angetan, dieses vergessene Gemüse. Er serviert ihn als «Royale» in Form eines Flan aus Ei und altem Greyerzer mit einer Topinambur-Mousse. Die Eglifilets vom Lötschberg werden zum würzigen Carpaccio, die Lachsforellen zum Tartar mit Bergamotte. Frohe Kunde für Vegetarier: Stéphane Coco serviert täglich den «Jardin d’hiver», einen Viergänger ohne Fleisch und Fisch. Als seinen Mentor sieht der Franzose den 19-Punkte-Koch Didier de Courten aus Sierre. «Didier hat mir die besten Walliser Produkte vorgestellt», erzählt er. De Courten scheint ihn auch fachlich zu inspirieren: Stéphane Coco erntete dieses Jahr bereits 15 Gault-Millau-Punkte. Wenn es nach ihm geht, möchte er sich schon bald auf 16 steigern.