Fotos: Thomas Buchwalder, Pascal Grob
Premiere in Bad Ragaz. Danny Khezzar ist westlich des Röstigrabens so beliebt, dass ihn manche schon «Caminada der Romandie» nennen. Persönlich begegnet ist er dem echten Andreas Caminada bis zur GaultMillau Garden Party 2025 aber noch nie. Höchste Zeit für ein Gipfeltreffen also! Garden-Party-Neuling Danny hat alle Hände voll zu tun, um den Ansturm zu bewältigen. Also besucht ihn der «alte Hase» Andreas (seit der Premiere 2018 immer dabei) an seinem Stand – und probiert auch gleich den Kartoffel-Cappuccino im Trompe-l'œil-Stil mit getrocknetem Brot, das im Tässchen mit dem Bunsenbrenner abgeflämmt wird.
Khezzars Missgeschick. «Ein perfektes Löffelgericht, von dem man immer mehr will – auch wenn es eine ziemliche Kalorienbombe ist», lobt der Bündner. «Noch mehr bin ich aber von Dannys Persönlichkeit beeindruckt. Er hat Drive und die richtige Einstellung.» Nur Rechnen kann Danny nicht so gut. Er wählt zu grosse Schälchen und ist nach 246 Portionen ausgeschossen! Doch was hält Khezzar von den Spareribs mit Dill-Relish und schwarzem Knoblauch, die ihm Caminada zum Probieren mitgebracht hat? «Durchdacht, komplex, voller Umami und trotzdem frisch! Ich habe von Andreas nichts anderes erwartet. Er ist ein Vorbild für alle Chefs in der Schweiz – auch für mich.» Bild oben: Andreas Caminada (l.) und Danny Khezzar.
Ein Teller «Schauenstein» in Bad Ragaz: Spareribs mit Dill, Relish und schwarzem Knoblauch.
«Ein Löffelgericht, von dem man immer mehr will»: Khezzars Kartoffel-Cappuccino mit geröstetem Brot kommt an.
Schlaflos an die Spitze. Für den Aufstieg in die kulinarische Top-Liga haben Caminada und Khezzar einiges geopfert – nicht zuletzt ihren Schlaf. «Als wir 2003 unser Restaurant eröffneten, hatten wir kein Personal, spülten nach dem Service noch bis tief in die Nacht Geschirr ab. 18-Stunden-Tage waren keine Seltenheit», erklärt Andreas. Danny musste während seiner Ausbildung im «Ritz» in Paris nachts jeweils eine Stunde Rad fahren, um vom Pariser Stadtzentrum nach Hause in die Banlieu zu kommen, da kein Zug mehr fuhr. «Mehr als vier Stunden Ruhezeit waren oft nicht drin», erinnert er sich. Heute hat Khezzar mit dem «President» in Genf ein renommiertes Hotel im Rücken – und in der Person von Michel Roth einen Mentor, der ihn kennt, seit er 15 ist.
«Magnifique!» Danny Khezzar probiert Andreas Caminadas Spareribs.
943’000 zu 136’000 für Danny. «Als ich in Dannys Alter war, wäre es für mich unmöglich gewesen, so viel Zeit für Social Media oder externe Engagements aufzuwenden», sagt Caminada. «Inzwischen habe ich neben meiner Frau Sarah, die alles Administrative regelt, noch einen ganz starken Trumpf: meinen Teilhaber Marcel Skibba. Er ergänzt mich im kreativen Bereich und führt das Küchenteam souverän. So bleibt mir mehr Raum für andere Projekte, obwohl ich noch immer versuche, täglich im Schloss zu sein.» Andreas, dessen «Atelier Caminada»-Videos eines der Highlights auf dem GaultMillau Channel sind, bringt es auf beachtliche 136’000 Instagram-Follower, Danny spielt hier mit 943’000 Followern in einer anderen Liga. Eines seiner Videos wurde über 16 Millionen Mal geklickt! «Pro Woche geht bei mir ein Nachmittag für Social Media drauf. Mein Team unterstützt mich auch dabei grossartig, so konnten wir den Zeitaufwand ziemlich nach unten schrauben», erklärt er.
Warum ist Social Media so wichtig? «Viele Leute, die uns auf Instagram folgen, wünschen sich einen Blick hinter die Kulissen. Den können wir ihnen über Social Media bieten», sagt Caminada. Zu sehr will er sich aber nicht von seinem Kerngeschäft ablenken lassen. Viel wichtiger als das Image sei die Leistung im Restaurant. «In den kurzen Videos kann ich viel von meiner Persönlichkeit zeigen und die Follower für das begeistern, was wir machen. Ausserdem macht mir diese künstlerische Betätigung viel Freude», fügt Khezzar an.
Ein Mann mit Durchblick: Danny Khezzar sorgte auch mit seiner schwarzen Brille für Aufsehen.
Zwei ganz unterschiedliche TV-Karrieren. Während Andreas erst den Koch-Olymp erklomm (19 Punkte mit 33, drei Sterne mit 34 Jahren) und danach das Fernsehen eroberte (u.a. Juror bei «Masterchef Schweiz» und Gastgeber bei «Dinner Club» auf Amazon Prime), wurde Danny durch die französische Ausgabe der TV-Show «Top Chef» einem grossen Publikum bekannt und zeigte dann als Küchenchef des «Bayview», dass er es nicht nur vor der Kamera drauf hat. Im Frühling eröffnete er vor den Toren von Paris das nach seinem Grossvater benannte Bistro «Monsieur Claude» und lancierte sein Menü für den TGV Lyria. Ein erfolgreiches Jahr also. Doch es soll noch besser werden. Khezzar macht keinen Hehl daraus, dass ihm 18 Punkte und ein Stern nicht genug sind: «Ich will 19 Punkte und drei Sterne – dafür würde ich meine Dreadlocks opfern!»
«Er hat gut verhandelt»: Andreas Caminada zahlt Sohn Finn in diesem Jahr fürs Helfen einen Franken mehr pro Stunde als 2024.
Der eine golft, der andere rappt. Sowohl Khezzar als auch Caminada haben mehrere Talente: Der Ältere der beiden glänzt in seiner raren Freizeit als Golfer (Handicap 6!), der Jüngere rappt, hat mit seiner Band «Les Frères Bizzy» über 30 Tracks herausgebracht. «Im nächsten Jahr veröffentlichen wir unser zweites Album», sagt Danny. Was kaum bekannt ist: Auch Andreas hat sich schon als Sänger versucht. Während des Corona-Lockdowns motivierte ihn sein Cousin Remo Caminada, Hof-Grafiker von «Schloss Schauenstein» und passionierter Opernsänger, dazu. «Meine Frau und meine Söhne waren froh, als ich wieder aufgehört habe zu singen», sagt der 19-Punkte-Chef mit einem Schmunzeln.
Die Familie ist das Wichtigste. Auch zwei so energiegeladene Persönlichkeiten wie Caminada und Khezzar müssen einmal einen Gang herunterschalten. Ruhe finden beide im Kreis der Familie. «Sie ist das Wichtigste in meinem Leben», betont Danny. Zu Andreas' treusten und wertvollsten Mitarbeitenden zählen Papa Fridolin und Bruder Marcus, die dafür sorgen, das alle Gebäude perfekt in Schuss sind. An der Garden-Party hatte er Sohn Finn als Helfer dabei (wird am 2. September 12). «Dieses Jahr bekommt er einen Franken mehr pro Stunde als 2024, er hat gut verhandelt», sagt der Starchef.