Interview: Kathia Baltisberger

Martin Thommen, Sie gehören zu den Chefs, die im Lockdown fleissig Take-away angeboten haben. Aber reich wird man damit ja nicht.
Nein, definitiv nicht. Wir haben damit etwas verdient, um unsere laufenden Kosten zu decken. Aber das Positive daran ist, dass man den Kontakt zu den Gästen hat. Normalerweise ist meine Frau an der Front, ich in der Küche. Jetzt konnte ich die Stammgäste auch mal besser kennenlernen. Gewisse kommen jede Woche, schicken noch Fotos von den angerichteten Tellern und bedanken sich. 

 

Werden Sie das auch in Zukunft anbieten?
Ich werde es nicht gross promoten. Aber ich weiss von Stammgästen, dass sie sich noch nicht trauen, ins Restaurant zu kommen. Für die mache ich das schon. Aber der Grossteil freut sich auf das Erlebnis im Restaurant. 

 

Noch ist unklar, wann es weitergeht. Kann man mit so ungenauen Angaben überhaupt planen?
Wegen Umbauarbeiten stehen jetzt noch gröbere Putzarbeiten an. Wir versuchen, den Betrieb aus dem Dornröschenschlaf zu holen. Ich habe meine Frühlingskarte geschrieben. Sollten alle Stricke reissen, muss ich die Karte halt nochmals überarbeiten. 

 

Was haben Sie denn auf die Karte geschrieben?
Ich mache eine Vorspeise mit geräuchertem Lachs, Spargeln und Bärlauch – der spriesst bereits. Dann habe ich immer gerne einen Fisch aus dem Meer. Wolfsbarsch mit einem Zitronen-Ricotta-Tortelli und Champagner-Sauce. Und dann gibt’s ein Emmentaler Kalbskotelett. 
 

Bären Utzenstorf Martin Thommen

Der «Bären» wäre ready für die Gäste. Martin Thommen hofft, dass es um Ostern weitergeht.

Bären Utzenstorf Martin Thommen

Der Präsident der Jeunes Restaurateurs kocht auf 14-Punkte-Niveau: Erbsensüppchen mit Milken.

Gibt es grosse Veränderungen im «Bären»?
Nein, ich gehe mit dem gleichen Team an den Start. Nach dem ersten Lockdown wurden wir überrannt. Ich stelle nicht extra mehr Leute ein, aber diejenigen, die wir haben, die werden wir brauchen. Wir haben ein altes Haus, da muss man immer wieder investieren. Im ersten Lockdown haben wir die unteren Toiletten saniert, jetzt waren die im 2. Stock dran. Einen neuen Personenlift brauchten wir auch. Das sind Arbeiten, die man nicht in zwei Wochen Betriebsferien hätte machen können. Ich bin froh, wenn wir wieder öffnen können und der Rubel wieder rollt.

 

Was sind Ihre Learnings aus zwei Lockdowns? 
Für mich war das auch eine Lebensschule. Normalerweise bin ich ungeduldig, meine Frau muss mich auf den Boden zurückholen. Mittlerweile ist es fast umgekehrt. Ausserdem hat mir die Krise gezeigt, dass Dinge passieren können, die man sich gar nicht vorstellen kann. 

 

Zum Beispiel?
Nach dem ersten Lockdown hätte ich nie gedacht, dass man noch mal alles schliessen wird. Und man hat es doch gemacht. Ich hoffe aber nicht, dass es noch einen dritten Lockdown gibt. Aber ich muss auch meinen Gästen ein Kränzchen winden. Ich hätte nie gedacht, dass wir so treue Stammgäste haben. Die haben sich auf Take-away eingelassen und haben Solidarität gezeigt. In solchen Zeiten muss man innovativ sein, sich neu erfinden. Ich bin stolz, dass uns das gelungen ist. Und die Krise hat gezeigt, dass man auf Qualität setzen muss und auf keinen Fall dort sparen sollte.

 

Sie sind Präsident der Jeunes Restaurateurs. Wie ist da die Bilanz? Sind noch alle Mitglieder da?
Neulich wollte ich zu Beat Stofer nach Meggen zum Abendessen – natürlich mit Übernachtung. Ein paar JRE-Kollegen haben Wind davon bekommen und kamen auch. Das war fast wie ein kleines Treffen. Natürlich haben wir alle Regeln eingehalten. Das hat richtig gut getan. Am letzten Montag habe ich dann alle übrigen Mitglieder angerufen. Ich denke, es kommen alle einigermassen durch die Krise. Aber es gibt auch solche, denen es sehr gut geht. 

 

Man sieht auf Facebook immer wieder, wie Sie Beiträge anderer teilen. Hat Corona die Jeunes Restauratuers (JRE)  stärker gemacht?
Ich glaube, dass wir in dieser Krise näher zusammengefunden haben, auch wenn wir schon vorher sehr eng waren. Aber wenn jemand ein neues Take-away-Angebot hat oder eine Stellenausschreibung, dann liket und teilt man das. Und wenn jemand eine Krise hat, dann kann man immer einen Kollegen anrufen und darüber reden. 

 

Und wo gehen Sie als erstes essen, wenn man wieder darf?
Ich gehe gerne zu meinen JRE-Kollegen. Zum Beispiel zu Stefan Bader («Zum Alten Stephan», Solothurn) oder ins «Chappeli» in Grenchen. Ich habe ja drei Kinder und das ist ein tolles Ausflugsprogramm mit all den Tieren dort. 

 

Und was denken Sie, was passiert, wenn die Restaurants wieder aufgehen?
Neulich war ich bei meiner Coiffeuse. Die hat gesagt, Restaurantbesuche seien bei ihr Thema Nummer 1. Ich glaube, dass die Gäste die Restaurants wieder stürmen. Natürlich schwingt auch die Angst mit, dass die Fallzahlen wieder hoch gehen. Aber ich bin überzeugt, dass unser Schutzkonzept «verhebt».