Text: Urs Heller | Fotos: Fabian Häfeli
Eine Art Hochzeitsreise. Leinen los – und Dalsass legt los! Der 18-Punktechef aus dem Engadin («Talvo», St. Moritz-Champfer, Grandes Tables de Suisse) stand bei den ersten von 43 Gourmet-Flussfahrten in der Bordküche. Stephan Frei, Geschäftsführer des Reisebüro Mittelthurgau, hat einmal mehr ein eindrückliches Line-up zusammengestellt: Chefs mit 450 GaultMillau-Punkten und 40 Michelin-Sternen! Martin Dalsass bei der gemütlichen, 125 Kilometer langen Reise auf dem Rhein und durch acht Schleusen war zum fünften Mal dabei und gönnte sich mit seiner charmanten Frau Barbara danach eine Gourmet-Woche. Nach zwei Galabenden auf der «Excellence Countess» ging es zu Marc Haeberlin nach Illhäusern, zu Jean-Georges Klein und Paul Stradner in die «Villa Lalique» in Wingen-sur-Moder und zu Peter Knogl ins «Les Trois Rois» nach Basel. Martin: «Eigentlich hatten wir diesen Trip als Hochzeitsreise geplant. Aber dann kam Covid. Jetzt holen wir alles nach.» Grosses Bild oben: Martin Dalsass und seinem Vize Kevin Fernandez in der Rheinschleuse.
Balfego-Tuna. Und ein ziemlich teurer Speck. 130 erwartungsfrohe Gäste im Restaurant? Ein «fremder» Herd? Das alles kann einen Martin Dalsass nicht erschüttern. Zusammen mit seinem Vize Kevin Fernandez servierte er souverän seinen Sechsgänger. Höhepunkt: Ein Millefeuille vom Balfego-Tuna, von unglaublicher Frische, mit Avocado, Soja, rosa Pfeffer und grünem Olivenöl. Umami auf dem Rhein! Schon beim Amuse-bouche wurde es einem warm ums Herz: Eine heisse Kastaniencrèmesuppe mit Speckwürfeln. Teurer als Kaviar: «Ich habe den Speck aus meiner Heimat Südtirol mitgebracht. Der Metzger hat wohl eine zu grosse Portion abgeschnitten: Am Zoll musste ich eine gewaltige Busse bezahlen!»
Zanderfischen um Mitternacht. Pasta muss sein in einem Dalsass-Menü. Diesmal gab’s einen Klassiker: Plin-Ravioli mit Herbstpilzen und Kalbsjus. Wie verpasst man den Plin eine grüne Farbe? Der Chef verriet das Geheimnis beim Talk mit Moderator Sven Epiney: «Brennnesseln! Aber Achtung: Nur kurz vor der Blüte pflücken, blanchieren und dann einfrieren.» Schneeweiss und saftig dann der Zander aus dem Lago Maggiore, mit knackigen Zucchini-Spaghetti und auf gelber Tomate. Hobby-Fischer Dalsass weiss, wann die Zander am besten «beissen»: «Zwischen Mitternacht und 02.00 Uhr!»
Rehrücken aus der Steiermark. Will man 130 Gästen Rehrücken von allerbester Qualität servieren, gibt es eigentlich nur eine Adresse: Fredy von Escher. Der Zürcher Händler und Qualitätsfanatiker hat einen heissen Draht in die Steiermark – und hatte in den letzten Tagen eine ziemlich Challenge: «Martin Dalsass wollte zwölf Rücken und gleichzeitig auch Peter Knogl.» Von Escher, bei der Gourmet-Flussreise mit an Bord, arbeitet mit Dalsass seit 40 Jahren zusammen und mag sich noch ans erste Menü damals im «Bellevue» Gstaad erinnern: «Einen Entenschenkel im Hauptgang und einen sterbenden Schwan zum Dessert.» Desserts diesmal: Ein «Uva Americana»-Sorbet und ein Hammergericht aus dem Südtirol: Soufflierter Quarkschmarren, Red Love-Apfel, gesalzenes (!) Karamell-Eis.
Merlot von den Rookies. Martin Dalsass brachte zwei junge Tessiner Winzer mit aufs Schiff: Viviana Pasta und Dario Pistarà, GaultMillaus «Rookies des Jahres 2021». Die beiden brachten ihre Kids Alice und Lorenzo mit, vor allem aber erstaunliche Weine aus ihrem Keller «Castello di Cantone» in Mendrisio: Einen Jahrgangs-Blanc de Blanc (2016) zum Start, einen verblüffenden Bianco di Merlot (Galanthus) danach. Und im Finale einen überzeugenden Merlot Riserva. Wie funktioniert das eigentlich, wenn zwei ausgebildete, ehrgeizige Oenologen verheiratet sind und gemeinsam einen Wein machen? Viviana cool: «Wir diskutieren. Ich entscheide.»