Text: Knut Schwander 

Ältliches Image. River Söllner ist 25 Jahre jung und studiert im dritten Jahr an der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL). Er liebt das Lavaux, die Weingegend zwischen Lausanne und dem Genfersee. Umso mehr bedauert er, dass «diese Weine aus einer der schönsten Gegenden der Welt ein so verstaubtes Image haben, vor allem bei den Jungen». River Söllner und seine zwei Mitstudenten Pascal Jutzi und Ieva Mikalauskaite beschlossen, den Weinen des Lavaux zur gebührenden Anerkennung zu verhelfen. «Bei unseren Weinkursen an der EHL haben wir realisiert, dass für Nicht-Weinkenner eine Flasche wie die andere ausschaut. So kann man weder die Qualität noch die Herkunft des Inhalts erraten», sagten sie sich. Und beschlossen zu handeln. Mit einem Start-up namens Vikarus.

Vikarus

Komplett: das gesamte Vikarus-Team. 

Vikarus. Schon allein der Name ist ungewohnt. Er setzt sich aus den Begriffen Vin und Ikarus zusammen, dem Mann, der fliegen wollte - und der Sonne so nahe kam, dass das Wachs seiner Flügel schmolz und er abstürzte. «Sein Ende war zwar tragisch, aber seine Erfindung hat der Menschheit die Welt des Fliegens eröffnet», sagen die drei Jungerfinder. Nun heben sie selber mit Vikarus ab: In weniger als zwei Monaten haben sie schon über 1000 Flaschen ihres Weins verkauft, vorwiegend an Zürcher Luxushotels und Gourmetlokale. Eigentlich sind es drei Weine. Der erste ein Rosé aus Pinot noir namens Saphire («nein, er ist nicht blau, aber die teuersten Saphire sind rosafarben») gekeltert von Raymond Chappuis, Spross eines über 700-jährigen Familienunternehmens mit langer Tradition. Der Weisswein heisst Heliodor - der Name eines kostbaren Steins, der an den Sonnengott Helios erinnert. Ist es ein Chasselas, die Hauptsorte des Lavaux? «Nein, er soll überraschen. Deshalb wählten wir einen Pinot gris von Maxime Dizerens, einem jungen und modernen Winzer, der wie wir die Welt auf den Kopf stellen will». Der Rote kommt unter dem Namen Blood Diamond auf den Markt. «Er wird sicher nicht allen gefallen. Aber ein bisschen Schock ist mir lieber als unentdeckt zu bleiben», sagt River Söllner unerschrocken.

Vikarus

An die Arbeit: Die köstlichen Waadtländer Weine werden in originelle Flaschen abgefüllt.

Vikarus

Keine Verwechslungsgefahr: Diese glamourösen Flaschen vergisst man nicht so schnell. 

Eine Flasche mit Glamour. Zumindest die Flasche riskiert keinesfalls, dem Vergessen anheimzufallen. Denn die drei Jungunternehmer suchten nach einer besonderen Form, die einzigartig, glamourös und sofort erkennbar ist. In der Art eines kostbaren Gins oder eines Parfüms. Gefunden haben sie das Flacon dann wirklich bei einem Fabrikanten von Parfümflaschen. Eine Flasche mit vielen Facetten, die an einen behauenen Stein, aber auch an die Terrassen des Lavaux erinnern soll. «Man will sie behalten, man will ihre Geschichte wissen und das Lavaux besuchen», erklärt River. Auf jeden Fall haben einige Zürcher Trendrestaurants sofort angebissen: Fischers Fritz, TAO’s, Widder und ganz neu auch das Eden au Lac - und dies trotz dem nicht ganz günstigen Preis von 48 Franken.

 

Bundesrätlicher Glückwunsch. Zusammen mit Freunden und Kollegen etikettierten River, Pascal und Ieva zwei volle Tage lang von Hand die ersten 2000 Flaschen. Als sie vom Beschluss von Bundesrat Guy Parmelin hörten, das Schweizer Weinmarketing zu unterstützen, schrieben sie ihm einen Dankesbrief und präsentierten ihm gleichzeitig ihr Projekt. Er antwortete und wünschte ihnen vollen Erfolg. Vikarus hat zu fliegen begonnen. Mit einem kleinen Augenzwinkern: denn jeder Korken trägt zwei Wörter - auf der einen Seite «Fly» (flieg!), auf der anderen «Fall» (Absturz). So wie einst Ikarus. Ein Prosit auf ihn.