Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Joseph Khakshouri

Die Auster ist eine besonders exklusive Muschel und auch nicht unbedingt günstig. Was macht die Auster eigentlich so speziell?
Das hat mit Tradition zu tun. Austern werden schon seit über 1000 Jahren kultiviert. Sie waren schon damals etwas Spezielles, weil man sie nicht lagern kann. Sie müssen frisch sein. Deshalb kamen die Menschen früher zu den Austern und nicht die Austern zu den Menschen. Eigentlich waren sie eine exklusive Ware für Menschen am Meer. Ausserdem sind Austern sehr gesund, 100 Gramm Austernfleisch enthält zum Beispiel 400 Prozent des täglichen Bedarfs an Vitamin B12. 

 

Gibt es Austern das ganze Jahr?
Ja, aber sie sind nicht immer vom selben Ort. Das hat mit der Wasserwärme und der Geschlechtsreife der Austern zu tun. Früher hat man gesagt, man kann nur in den Monaten mit einem R Austern essen. Das hat aber mit der Logistik und der Frische zu tun. Das ist heute nicht mehr aktuell.

 

Alle sprechen von Austern aus der Bretagne. Sind das die besten? 
Man muss unterscheiden zwischen Zucht und Aufzucht. Bei der Zucht – also wenn die Austern noch ganz klein sind – da sind die Franzosen top. Aber bei der Aufzucht ist Frankreich für mich nicht mehr erste Wahl. Das hat mit der Erwärmung der Meere zu tun. Deshalb habe ich andere Austern gesucht für unsere Globus-Eigenmarke. Top-Austern kommen heute auch aus Holland, Schottland, Irland, den USA oder Japan. Einer meiner Lieblingsproduzenten dafür ist ein Holländer, der das sehr harte Business schon in der fünften Generation führt. Der ist jeden Tag bei seinen Austern. Das Wasser im Süden der Niederlande ist sehr kalt – über längere Zeit unter 10 Grad. Dass wir die Austernzüchter persönlich kennen, ist uns sehr wichtig. 

Austern Experteninterview Globus

In der Delicatessa finden Globus-Kunden die besten Austern.

Welche unterschiedlichen Sorten gibt es im Globus? 
Es gibt zwei Sorten: Die pazifische Felsenauster (Crassostrea gigas oder Huîtres creuses) hat einen ausgewogenen Geschmack und ist gewölbt. Die europäische Auster ist geschmacklich intensiver, hat aber weniger Fleischanteil. Rund 95 Prozent der Austern in Europa sind pazifische – die kommen nicht aus dem Pazifik, die heissen nur so. Die europäische Auster ist zu einer gut bezahlten Rarität geworden. 

 

Gibt es auch wilde Austern?
Ja, die gibt es. Die Nachfrage wird auch immer grösser – allerdings auf bescheidenem Niveau. Die Verfügbarkeit wilder Austern ist nicht planbar und deshalb ein Markthemmnis.  

 

Austern haben oft einen Stempel. Was hat es damit auf sich?
Man spricht hier vom Label oder von der Marke. Bei Gillardeau ist ein G drauf. Das ist ein sehr guter Züchter. Viele versuchen bei der Zucht etwas anders zu machen und zu verbessern. Wenn es spürbare Unterschiede gibt, will man das labeln. Manche versuchen das Fleisch leicht rosa zu züchten, dazu gibt es dann eine rosa Verpackung. Oder man versucht, den Geschmack von Eschalotten in die Austern zu züchten. Es gibt ganz verrückte Sachen. 

 

Mit oder ohne Zitrone geniessen?
Für mich ist das eine Geschmacksache. Die Erste probiere ich immer natur. So erkenne ich am besten ihren Geschmack. Neben Zitronen oder Schalotten passen auch Essigvarianten. Zum Beispiel der Weinessig Oeil-de-Perdrix Neuchâtel AOC. Und immer beliebter sind bei mir und meinen Freunden grillierte oder überbackene Austern. Die sind leicht zum Vorbereiten und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Genauso wichtig ist aber der passende Champagner, Prosecco oder Weisswein. Wenn schon Austern, dann sollte man das zelebrieren. 

 

Und was raten Sie den Kunden, damit es keine Verletzten gibt beim Öffnen?
Geduld! Man kann Metall-Handschuhe kaufen. Oder eine Austernöffnungsform. Aber bloss nicht in die Hand nehmen und die Austern so öffnen. Auf Youtube gibt es zahlreiche Videos, die das Austern öffnen vorführen. Und auch ganz wichtig: Erst die Austern öffnen, dann den Champagner trinken – umgekehrt kann es gefährlich werden.  

 

>> Anton Wirth ist Senior Buyer in der Globus Delicatessa