Interview: Kathia Baltisberger | Fotos: Hubert Kang/Handout

Michael Smithuis, Sie sind Präsident der Swiss Deluxe Hotels und General Manager des Fairmont Montreux Palace. Ihnen steht eine strenge Zeit bevor, am 1. Juli startet das Montreux Jazz Festival. Haben Sie Zeit, ein Konzert zu besuchen?
Nein, dafür bleibt wohl keine Zeit. Das Hotel ist während des Jazz Festivals komplett ausgebucht und ich bin im operativen Bereich unterwegs. Aber wir arbeiten sehr eng mit dem Festival zusammen, wir haben bei uns im Garten VIP-Anlässe und wir haben auch ein eigenes Zelt. Wenn ich ein bisschen Zeit aufbringen kann, gehe ich vielleicht mal zehn Minuten hin und höre mir etwas an. Aber für ein ganzes Konzert fehlt mir die Zeit. 

Dafür logieren die Stars im Fairmont.
Genau, die Künstler sind bei uns untergebracht. Und das ist das Schöne am Jazz Festival: Die bewegen sich ganz offen. Sie sitzen beim Frühstück oder geniessen den Spa-Bereich. Das Jazz Festival ist dafür bekannt, dass es auch zu spontanen Jam Sessions kommt, zum Beispiel in der Funky Claude’s Bar. Die Künstler sind ansprechbar und oft gehen sie auch zu Fuss zu ihrem Auftritt.

Wie machen Sie als General Manager Ihre Gäste die restlichen 50 Wochen des Jahres glücklich? 
Es ist ganz wichtig, dass ich präsent bin. Und ich versuche den Service auf höchstem Niveau zu halten. Wenn die Gäste auschecken, sollen sie eine Erinnerung nach Hause nehmen, die noch etwas bleibt und nachhallt. In der Hotellerie muss man sich heutzutage den verschiedenen Bedürfnissen anpassen. Im Juli und August haben wir viele Gäste aus dem Nahen Osten, im Juni und September eher aus Amerika oder England. Das sind unterschiedliche Kulturen und man muss sich anpassen.
 

Fairmont Le Montreux Palace - Montreux - HO via Hotel

Hotspot im Juli: Das Fairmont in Montreux ist während des Jazz Festivals ausgebucht. 

Anfangs Juli veröffentlichen Sie die Jahreszahlen der Swiss Deluxe Hotels fürs 2021. Über 1 Million Logiernächte, der Schweizer Markt ist auf einem Allzeitrekord. Ist die Krise überstanden? 
Wir versuchen einen Haken drunter zu setzen. Die Nachfrage ist enorm gross. Nicht nur für das Jahr 2022, sondern auch schon für 2023 und 2024. Wir müssen trotzdem noch vorsichtig sein. Man weiss nie, was im letzten Quartal passieren kann. Kommt Corona zurück? Ich sage mal so: Die Leute haben es nicht vergessen, aber sie möchten wieder verreisen, sich frei bewegen und neue Sachen erleben.

Ist die eine Krise überstanden, kommt bereits die nächste. Welchen Einfluss hat der Krieg in der Ukraine auf die Swiss Deluxe Hotels?
Der Markt ist momentan nicht vorhanden und er wird auch nicht so schnell zurückkommen. Der russische Markt ist relativ klein im Vergleich zu anderen Märkten wie dem amerikanischen. Trotzdem ist er wichtig. Aber wie gesagt: Die Nachfrage ist momentan enorm und es kommen einfach andere Gäste aus anderen Ländern. 

Und wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel, der auch die Hotellerie betrifft? 
Wir fokussieren uns hier auf verschiedene Bereiche. Wir müssen die Branche wieder interessant machen für eine jüngere Generation. Wir arbeiten eng mit HotellerieSuisse zusammen. Es gibt verschiedene interne Programme wie Praktika und wir arbeiten mit den Hotelfachschulen in Lausanne, Chur oder Luzern zusammen. Viele Betriebe setzen auf die Karriereplanung. Im Fairmont bieten wir Weiterbildungskurse an. Die Leute in der Branche brauchen eine Perspektive. Und wir müssen uns den Bedürfnissen der Mitarbeiter anpassen. Das heisst nicht, dass ein Koch jetzt Homeoffice machen kann. Einige Betriebe prüfen die 4-Tage-Woche. Und die Zimmerstunde beizubehalten wird immer schwieriger. Wir müssen flexibler werden. Aber wenn das Restaurant im Hotel bis 23 Uhr geöffnet hat, kann man die Mitarbeiter nicht um 20 Uhr nach Hause schicken. 

Wir stärken Sie die Marke «Swiss Deluxe Hotels» für die Zukunft?
Wir wollen die Swissness beibehalten. Unsere Hotels sollen authentisch lokal sein. Wir wollen an der Qualität arbeiten, denn dafür sind wir bekannt. Es gab grosse Investitionsprogramme. Wir haben die Corona-Krise genutzt, um die Hotels zu renovieren. Wir intensivieren in unsere internationale Medienpräsenz und arbeiten noch mehr mit unseren Partnern zusammen. 

Alle sprechen immer vom «neuen Luxus». Wie sieht dieser in Ihren Augen aus?
Der neue Luxus ist, dass man die Zeit hat, gewisse Erlebnisse zu schaffen. Der Zeitfaktor ist enorm wichtig. Man hängt ständig am Telefon, kann kaum noch abschalten. Da wollen wir Erlebnisse schaffen für den Gast. 

Hat sich der Gast verändert? 
Ich glaube, er ist anspruchsvoller geworden. Vielleicht sogar ungeduldiger. Manchmal fehlt auch das Verständnis für die Situation, wenn es zu wenig Personal gibt. Aber es ist an uns, die momentane Situation zu überwinden. Das wird noch etwas dauern. Aber ich bin positiv gestimmt, dass der Arbeitsmarkt für die Hotellerie wieder zurückkommt.