Fotos: Salvatore Vinci

Boom rund um den Bahnhof Oerlikon.Wer nach längerer Abwesenheit mal wieder durchs Zürcher Quartier Oerlikon streift, kommt ins Staunen. Rund um den Bahnhof, der in den nächsten Jahren als Knotenpunkt für den Regionalverkehr noch an Wichtigkeit gewinnen wird, boomt die Gastronomie. Will heissen: Man trifft im Kreis 11 nicht nur auf die üblichen Pizzerias, die bekannten Hamburger-Ketten und zwei, drei asiatische Restaurants – sondern auf einige äusserst spannende Konzepte, die einen Besuch lohnen. Und von Züri-City aus sind sie in wenigen Minuten zu erreichen. Grosses Bild oben: Jan Woollen und Stefan Iseli (v.l.).

«Satt»: Heimelig und urban zugleich. Die Fahrt lohnt sich vor allem wegen des neuen «Satt». Dort empfängt Stefan Iseli seine Gäste, man kennt ihn von seinen früheren Stationen wie dem «Café Boy» oder dem «La Salle» als Gastgeber mit Haut und Haar. Wobei er letzteres nicht allzu wichtig nimmt: «Für die Fotos bin ich absichtlich nicht zum Coiffeur gegangen», scherzt er. Im Keller-Restaurant unter der Weinhandlung Südhang, das zugleich heimelig und unglaublich urban wirkt, hat er sich seinen Traum erfüllt: eine Wirkungsstätte, wo der Gast noch Gast sein darf! «Wir schicken auch niemanden weg, der nur einen Teller Pasta essen möchte.»

Oerlikon-Report Fotografiert am 19.11.2026 in Oerlikon Restaurant Satt Gericht: GEFLÄMMTE BACHSER LACHSFORELLE,Topinamburpüree,Randenreduktion,Estragonöl,frittierte Schalotten

Toller Einstieg: Bachser Lachsforelle mit Topinambur und Randenreduktion.

Oerlikon-Report Fotografiert am 19.11.2026 in Oerlikon Restaurant Satt Gericht: GESCHMORTER LAUCH, Rauch-Beurre Blanc, Kürbiskernöl, Baumnüsse, eingelegte rote zwiebeln

Auch geschmorter Lauch mit geräucherter Beurre Blanc macht sehr satt!

Oerlikon-Report Fotografiert am 19.11.2026 in Oerlikon Restaurant Satt Gericht: RINDERROULADE MIT TOGGENBURGER RAUCHSPECK, Kürbis-Kartoffelstock, geschmorter Spitzenkohl

Sieht man viel zu selten: Rinderroulade mit Kürbis-Kartoffelstock und Spitzkohl.

Lauch mit Beurre Blanc und Baumnüssen. Wetten, dass die meisten mehrere Gänge bestellen? Denn was Küchenchef Jan-Niklas Woollen auftischt, gefällt durchs Band. Sei es eine geflämmte Bachser Lachsforelle mit Topinamburpüree, Randenreduktion, Estragonöl und frittierten Schalotten oder geschmorter Lauch mit geräucherter Beurre Blanc, einigen Tropfen Kürbiskernöl, Baumnüssen und eingelegten roten Zwiebeln. Da ist bei beiden Vorspeisen ganz viel Umami drin – und zusammen mit einem ausgewählten Glas Weisswein von Iseli ist der Abend erst mal gerettet.

Bauch, Kehle und Seele. Wie soll das Essen weitergehen? Man kann sich für die geschmorte Rindsroulade mit Kartoffel-Kürbis-Püree entscheiden. Oder aber für «Gschwellti mit Chäs»! Werden die Kartoffeln bestellt, rollt Stefan Iseli den Käsewagen an den Tisch und schneidet diejenigen Sorten zurecht, die der Gast wünscht. Wieso hat man diese einfache, aber doch so liebenswerte Idee noch nirgends vorher in Zürich gesehen? Weiteres lustiges Detail – längst nicht das einzige an dieser empfehlenswerten Oerliker Adresse: Die Karten sind betitelt mit «Bauch» (für die Speisen), «Kehle» (Weine und andere Getränke) und «Seele» (Dessert und Spirituosen).

Kennt man noch aus dem Kreis 6: Maria & Robert Lutz Burri von der «Ustaria».

Kennt man noch aus dem Kreis 6: Robert Burri und Maria Lutz Burri von der «Ustaria».

«Ustaria»: 1000 Adressen als Startkapital. Nur fünf Minuten weg wartet ein kleines Restaurant namens Ustaria. Auch hier sind Gastgeber am Werke, die sich schon an früherer Wirkungsstätte in der Stadt einen Namen gemacht haben: Es sind Robert Burri und seine Frau Maria Lutz Burri, die von 2008 bis 2023 im «Alten Löwen» im Kreis 6 wirteten. Nach einer Auszeit, in der sie mit einem VW-Bus Europa bereisten, machen sie nun wieder Gäste glücklich. «Wir haben rund 1000 Adressen unserer Stammklientel mitgenommen und angeschrieben – das war unser Startkapital hier in Oerlikon», sagt Burri.

Hirsch-Tataki und Pizokels. Was kommt auf den Tisch? Erwähnenswert auf der aktuellen Karte ist das Hirsch-Tataki, das mit Yuzu-Gel, geröstetem Knoblauch und Kartoffelstroh kombiniert wird. Und entgegen der weit verbreiteten Meinung, man geniesse Burrata am besten mit Tomaten, wird der köstliche Frischkäse hier zurzeit mit Radicchio Tardivo, gedörrten Feigen, Pinienkernen und glattem Peterli vermählt. Höchst gelungen! Ein Geheimtipp sind «Brunos Pizokels», die mit Alpkäse, Röstzwiebeln, Schnittlauch und etwas Mangold vermischt werden – dafür muss man nicht ins Bündnerland, ein Ausflug nach Oerlikon reicht vollauf.

«Ustaria»-Gericht mit Pfiff: Schweinebauch mit Peperoncino & spicy Miso.

«Ustaria»-Gericht mit Pfiff: Schweinebauch mit Peperoncino & spicy Miso.

Oerlikon-Report Fotografiert am 19.11.2026 in Oerlikon Restaurant Ustaria Gericht: Buratta, Cicorino Trevisano, tardivo, Trockenfrüchte, Granatapfel, Pinienkerne

Herbstlich und gelungen: Radicchio Rosso di Tardivo mit Burrata.

Oerlikon-Report Fotografiert am 19.11.2026 in Oerlikon Restaurant Ustaria Gericht: Röbis Surselva Pizokels, Röstzwiebeln, Bergkäse, Schnittlauch

Bündnerland? Nein, Oerlikon! Brunos Pizokels mit viel Schnittlauch.

Ohne Reservation: Top-Döner der Schweiz! Und wenn man schon mal im Norden der Stadt Zürich unterwegs ist: Es bieten sich im Umkreis des Bahnhofs Oerlikon noch viele Adressen an, für die man im Vorfeld nicht einmal reservieren muss: Die «Metzgerhalle» bleibt ein sicherer Hafen für alle, die ein kühles Bier, ein Schweins-Cordon-bleu und Pommes frites mögen. Gemäss GaultMillau-Blogger Pascal Grob gibt es bei «Babas Döner» einen der besten Döner Kebabs der Schweiz: Der Takeaway kommt ohne Elektrizität oder Gas aus – Holzkohle sorgt für die richtige Hitze, welche die äusserste Schicht des Dönerspiesses langsam knusprig röstet. Natürlich ist auch der «Yaprak»-Spiess keine Nullachtfünfzehn-Ware: Schweizer Rindshuft wird dafür über Nacht mariniert und täglich frisch von Hand geschichtet.

Börek, Schawarma, Negroni. Streetfood kann der Zürcher Kreis 11 sowieso schon lange: Bei «Hasan’Sandwich» sind die Sandwiches so prall gefüllt wie nirgends – und es gibt einen der besten Böreks der Stadt. Das «Hallo Beirut» bereitet erstklassiges Schawarma zu: Das Rindfleisch kommt mit Tomaten, Zwiebeln, Petersilie, Sumach und Tahini-Sauce ins Fladenbrot. Für die Variante mit Pouletfleisch werden Pommes frites, Essiggurken und Toum zugegeben – letzteres eine weisse Creme, die an Aioli erinnert. Ein Geheimtipp ist das türkische Lebensmittelgeschäft «Halk Pazari», das Lahmacun auftischt sowie freitags und samstags frische Gözleme – dünn ausgewalzter Teig, gefüllt mit Schafskäse, Spinat, Kartoffeln oder Lammhackfleisch. Wer nur einen Negroni möchte, wird ebenfalls fündig: Urgemütlich ist und bleibt es in der «Venus», dem ehemaligen Sexkino im Quartier. Ja, man muss Oerlikon tatsächlich auf die kulinarische Landkarte nehmen!

 

>> www.restaurant-satt.ch

>> www.ustaria.ch 

 

Mitarbeit: Pascal Grob