Text: Isabel Notari | Fotos: Roger Hofstetter

Colette Jermann, was tut sich im Kaffeebereich?

In den vergangenen Jahren gab es eine grosse Bewegung, wir haben viele Kaffeeneuheiten verkostet. Und weil Coop in ausgewählten Verkaufsstellen auch eigenen Kaffee röstet, haben wir neben der Entwicklung neuer Foodprodukte für Coop auch den Part der Kaffee-Qualitätskontrolle übernommen. Ich habe mich sensorisch weitergebildet und soeben das «Q-Grader»-Programm absolviert – eine renommierte Kaffee-Sensorik-Ausbildung, vergleichbar mit der Schulung für Sommelières. Denn beim Kaffee ist es ein bisschen wie beim Wein: Mehr als 800 verschiedene Aromen stecken in den Bohnen.

Kosten Sie denn den ganzen Tag über Kaffee?

Nur, wenn wir sogenannte Cuppings, also Tastings, durchführen. Dann kann das schon mal zwei Stunden dauern. An gewöhnlichen Tagen trinke ich zwei bis drei Kaffees, am liebsten Cappuccino. Die Harmonie des vollmundigen italienischen Espresso in Kombination mit dem Milchschaum ist extrem fein.

Welcher Kaffee steht bei der Schweizer Bevölkerung zuoberst auf der Hitliste?

Kaffee ist eins der beliebtesten Getränke in der Schweiz, und Kaffee Creme ist nach wie vor der Top-Leader. Aber die Menschen sind auch sehr offen für Neuheiten – das sehen wir bei Coop im Bereich Spezialitätenkaffee: «Speciality Coffees» von Mikroröstereien kommen vor allem in urbanen Gebieten gut an.

Wohin geht denn der Trend?

Im Gastronomiebereich stossen «Speciality Coffee Shops» dank ihrer Qualität auf immer grösseres Interesse. Auch «Cold Brews» und Filterkaffees sind ein grosses Thema. Ich war soeben in Schweden, da wird Filterkaffee überall angeboten.

Was ist denn so faszinierend an diesen Spezialitätenkaffees?

Es sind sehr gute bis hervorragende Kaffees, die sich in ihren geschmacklichen Merkmalen von herkömmlicher Kaffeequalität unterscheiden. So kann etwa ein Kaffee aus Kenya nach Blaubeeren schmecken. Neben der Qualität interessiert zunehmend auch die ganze Geschichte der Kaffeebohne. Welche Sorte? Wie wird der Kaffee angebaut? Woher kommt er? Ist er nachhaltig, fair gehandelt? Spannend sind zudem die Geschmacksprofile, die durch Fermentation entstehen können. Süsse, florale oder fruchtige Noten rücken in den Vordergrund. Daraus entsteht auch ganz Verrücktes wie «Infused Coffee» mit Ananasgeschmack.

Und das wollen Kaffeetrinker?

Auf den Social-Media-Plattformen werden Kaffeegetränke gehypt – in diesem Sommer war es beispielsweise ein «Cold Brew» mit Wassermelonensaft, im vergangenen Jahr der Orangensaft mit Espresso auf Eis. Kaffee ist allgegenwärtig in Nahrungsmitteln, nicht nur in Glaces oder Joghurts, auch in Cocktails und Mocktails. Ich denke da an Espresso Martini, Coffee Tonic oder einen Coffee Negroni. Ganz spannend ist auch Cascara-Limonade oder -Eistee auf Basis der Kaffeekirsche, der Schalen, die die Kaffeebohnen umschliessen.

Was erwartet uns noch in Sachen Kaffee?

Kaffeeersatz – aus Getreide oder Lupinen – ist wieder ein Thema. Diese Kaffeealternativen sind sehr bekömmlich, weil sie kein Koffein enthalten. Dafür gibts doch entkoffeinierten Kaffee. Ja, und Decaf wird auch immer beliebter, bald gibt es ihn auch in Bio-Suisse-Qualität. Aber da sind wir schon beim nächsten Trendprodukt: «Low Coffee» mit weniger Koffein.