Eine Nacht im «Bali Bed» auf Deck 12. Suite 1111. Die grösste an Bord. 310 Quadratmeter. Drei Schlafzimmer. Fantastische Terrasse am Bug. Kaufpreis 15 Millionen. Eigentlich möchte man da gar nie mehr raus, zum Schlafen schon gar nicht. Aber da gibt es noch die geheimnisvollen «Bali Beds» auf Deck 12. Wer tatsächlich mal eine Nacht draussen unter Sternen verbringen will, reserviert beim Concierge sein Bett im Freien. Auf Luxus verzichten muss man nicht: Eingedeckt wird mit feinsten Leinen. Das In-Residence-Dining-Menü wird auf Deck jederzeit ans Bett serviert: Spaghetti Marinara, Grilled Wild King Salmon, Black Angus Beef Sirloin. Oder ein Dose Imperial Heritage Kaviar Oscietra Royal aus Belgien (30 Gramm 270 USD). Frühstücken im Bett geht auch: «Sunrise Breakfast». Sehr beliebt.
Eine Nacht im Bali-Bett auf Deck 12. Pünktlich zum Sonnenaufgang wird das Frühstück serviert.
Viele Residents bleiben jahrelang an Bord. Die Vision? Die Welt zu bereisen, ohne das Schiff zu verlassen. Die «Residents», also die Besitzer der 165 Wohnungen, bestimmen gemeinsam die Route, sind die Besitzer der stattlichen Wohnyacht (196 Meter lang, 12 Decks, 280 Mann Besatzung aus 42 Ländern). Die Nachfrage nach einer eigenen Wohnung auf dem Meer ist gross. Im Mai 2002 wurde die Yacht in Venedig getauft, vier Jahre später waren alle Appartements verkauft. Da der Mensch nicht ewig lebt, kommen immer wieder Studios und Mehrzimmer-Suiten auf den Markt. Die Suite 1111 etwa ist gerade zu haben. 150 Familien aus 20 Ländern (49 % Nordamerika) sind die Eigner. Im Schnitt sind 150 Bewohner und Gäste an Bord. Die «Residents» fliegen zwischendurch mal für ein paar Tage weg. Arztbesuch, Verwandtenbesuch, «oder einfach wieder mal unseren Hund streicheln», wie eine sehr nette Frau beim Dinner verriet. Ihre Kids sind auch an Bord, lernen Kapstadt, Osaka und Papa-Neuguinea kennen. Und die Schule? «Online-Unterricht. Massgeschneidert. Klappt prima.»
Fine Dining in vier Restaurants: Jakobsmuscheln, by Sebastian Gnida.
Executive Chef Sebastian Gnida mag grosse Kaliber: Carabinero, Unterarm-lang.
Klassiker prägen auf «The World» die Karte: Foie gras. By Sebastian Gnida.
Ein Caminada-Kumpel ist der Chef. Die «Residents» haben an Bord einen Liebling: Chef Sebastian! Sebastian Gnida hält mit seinen 55 Köchen, was andere Reedereien versprechen, aber nicht halten können: Weil vergleichsweise nur wenige Gäste an Bord sind, kauft er Fisch, Früchte und Gemüse in jedem Hafen zusätzlich ein. Frischer geht nicht. Chef Sebastian hat Schweizer Vergangenheit. Er war zusammen mit Andreas Caminada (!) Jungkoch bei Hans-Peter Hussong in der «Wirtschaft zum Wiesengrund» in Uetikon am See ZH und war dabei, als der Chef 1999 vom GaultMillau als «Koch des Jahres» ausgezeichnet wurde. Der Kontakt zu Caminada ist abgebrochen, die Anerkennung bleibt: «Einen wie Andreas hat die Schweiz gebraucht.» Gnida stellt Caminada auf die gleiche Stufe wie Frédy Girardet.
Und am frühen Morgen auf den Markt: Sebastian Gnida beschafft im «Mercat» frischen Seafood. Er diskutiert nur über die Qualität, nicht über den Preis.
Barcelona, Mercat San Caterina. Xarcuteria, Formagteria, Carnisseria, Peix Fresc. Chef Sebastian ist in der Markthalle ein gefragter Mann, weil er zügig und viel einkauft: Turbot, Tuna, Hamachi. Dazu einen mächtigen, elegant verpackten Jamón Iberico und ein paar spicy Chorizo-Würste fürs abendliche Tapas-Buffet. Wie man Schinken schneidet, lernen auch die Passagiere: «Jamón Carving & Tasting» ist angesagt. Ein Spezialist der Edelmarke «Cinque Jotas» (J5) kommt an Bord, bringt einen «5J Iberico de Bellota» mit. Chef Sebastian prüft auf dem Markt immer nur die Qualität, der Preis ist Nebensache: «Unsere Budgets auf dem Schiff sind sehr grosszügig.» Geht der Chef an Land, probiert er unerschrocken auch sehr lokale Spezialitäten. In Korea beispielsweise Seidenwürmer. «Die würde ich kein zweites Mal mehr essen.»
Champagner für die Crew. Besuch in der Küche. Chef Sebastian geht mit seinen Köchen äusserst korrekt um. Kein Geschrei, kein Drama, wenn mal etwas schief geht. 25 Prozent der Brigade ist weiblich. Ein flotter CV bringt bei Bewerbungen noch keinen Vertrag: «Wir machen Zoom-Interviews. Die bessere Option.» Trinkgelder sind untersagt an Bord, aber die «Residents» sind sonst sehr grosszügig: Sie kochen schon mal für die Crew, bezahlen Champagner-Partys, kaufen den Mitarbeitern Tickets für die nächsten Olympischen Spiele in Los Angeles. «We care on them, they care of us», sagt Chef Sebastian. Das Crew-Essen in der «Messe» ist hervorragend. Auch der Captain und der österreichische General Manager Thomas Legner essen regelmässig dort.
In ruhigen Gewässern wird auf «The World» die Marina ausgefahren. Wassersport, Schwimmen im Meer.
Seafood auf der Marina. Chef Sebastian bespielt vier Fine Dining-Restaurants an Bord: «Portraits» ist die erste Adresse. Hier kochen auch mal Michelin-Gastköche; dann tragen die «Residents» zur Feier des Abends «Black Tie» (Smoking, Fliege). Das «East» überlässt der Boss seinen asiatischen Köchen. Die machen das prima, auch wenn sie sich bei der «Spicyness» leider etwas zurückhalten. Im «Tides» ist mediterrane Küche angesagt. Man isst «al fresco», auf der grosszügigen Terrasse. Ein Hotspot ist die «Marina»: Eine Plattform wird ausgefahren, tagsüber für die Wassersportler, abends gibt’s auf der Plattform knapp über dem Wasser Meergetier. Sehr romantisch. «Residents» wählen öfter mal die Variante «Call-a-Chef», buchen einen Koch und bitten zu einer kleinen Dinnerparty in ihr Appartement. Den passenden Wein dafür lässt sich finden: 15’000 Flaschen sind an Bord.
Fotos: HO