Unverschämt schöne Aussicht. Mandarin Oriental Palace Luzern. Ein etwas längeres Check-in-Prozedere. Aber schliesslich eine gute Nachricht: Endziffer 36. Das sind die bezaubernden Turmsuiten im Haus, mit einem schon fast unverschämt schönen Blick zum See, zum KKL, zu Rigi und Pilatus. Besser sind nur noch die riesige «President Suite» (436) mit grandioser Terrasse und die beiden «Panoramic Rooftop Terrace Suite»; da chillt man bei schönem Wetter mit sehr viel Privacy auf dem Dach des Belle-Epoque-Palaces. Erste Eindrücke: Da wurde beim Umbau viel Geld investiert. Und: Da hat der Luzerner Architekt Iwan Bühler (wie bereits im «Kempinski» Engelberg) einen Superjob gemacht, alte und neue Elemente achtsam zusammengebracht. (Bild oben: Clément Laurent und (l.) Gilad Peled)
Erstklassige Lage, erstklassiges Hotel: Das Mandarin Oriental Palace Luzern.
«Seebadi» statt Swimming Pool. Im Hotel (136 Zimmer & Suiten, die meisten zum See) checken vor allem internationale Gäste ein, die alles schätzen: Die kurze Distanz in die Altstadt, die grosszügige Ausstattung (Dyson-Set, Bose-Sound). Die Luzerner haben ihr Luxushotel erstaunlicherweise noch nicht so ganz entdeckt und ins Herz geschlossen. Wer in bestehenden Mauern baut, kann nicht alles bieten, was im Fünfsterne-Segment sonst üblich ist: Der Spa ist klein. Das Gym ist perfekt eingerichtet. Einen Pool gibt’s nicht, im Sommer wohl aber eine sympathische Alternative: Die «Seebadi», Luzern beliebteste Badeanstalt mit riesigem Sonnendeck, liegt nur wenige Schritte von der riesigen Reception entfernt. A place to be!
Luzerns bester Koch. Der weitgereiste General Manager Christian Wildhaber (ab Herbst im MO Jakarta) hat in Luzern viel bewirkt. Er hat die Zimmerpreise mit einem Selbstvertrauen, das man sich bei der Luxuskette Mandarin Oriental wohl ganz automatisch aneignet, vom ersten Tag weg hoch angesetzt. Die Mitbewerber zogen nach, und weil ausgabefreudige US-Gäste die Region gerade fluten, haben sich die Preise elegant auf dem nächsthöheren Level eingependelt. MO sei Dank. Wildhabers grösster Coup: Er hat den eigenwilligen Israeli Gilad Peled als Executive Chef engagiert. Ihn kannte man hier nicht, aber er hat bei Weltstars wie Clare Smyth und Gordon Ramsay gearbeitet. Besser als er kocht hier keiner, und Chef Gilad konnte die Ernte im Vorzeigerestaurant «Colonnade» schnell einfahren: 17 Punkte bei GaultMillau, zwei Sterne bei Michelin.
Beeindruckender Hauptgang: Chef Gilad Peled setzt auf Press-Tauben.
Hot-Spot auch am Abend: Die Seebadi gleich beim Mandarin.
Ein super Dessert von Clément Laurent: Cedrat-Zitrone mit Ingwer.
Die kleinsten Erbsli der Welt. Im «Colonnade» ist Viertage-Woche angesagt, in der Zwischensaison bleibt das Restaurant wochenlang geschlossen. Ist der weiss-goldene «Molteni», der Rolls Royce unter den Herden, aber mal eingeheizt, ist ganz grosses Kino angesagt. Erstklassige Produkte, Perfektion in der Ausführung, atemberaubende Präsentation. Bereits das erste «Canapé» (so heissen bei Chef Gilad die Starters) ist zum Niederknien: Eine Tartelette mit «Sugar Snap Peas» (Zuckerschoten) und Kaviar, angerichtet auf einem Moosbeet. Die Erbsli sind mikroskopisch klein; da hatte einer in der Brigade für die Mise en place einen ziemlich harten Vormittag. Kunst im Teller auch bei einem «Colonnade»-Klassiker: Eine schlicht brillante Taschenkrebs-Komposition mit dünnen Mini-Gurkenscheiben, Kombu Royal und reichlich Kaviar (N/25).
Gilad goes vegi. Wer hier öfters eincheckt, bemerkt: Der Chef hat einen «Grünstich», kümmert sich mit wachsender Leidenschaft um verblüffende Gemüsegerichte und legt auch stolz einen ambitionierten Vegi-Neungänger auf. Dafür hat er einen grossartigen Verbündeten gefunden: Mathieu Cuendet aus Bremlens VD, Waadtländer Gemüsekönig in vierter Generation, Hoflieferant auch von Weltstar Anne-Sophie Pic. Dank ihm ist der «Spring Salad» (Mini-Gemüse, Ziegenkäse, Maracona Mandeln, Amalfi Zitrone, Gartenpesto) so attraktiv, dass er in beiden Menüs zum Auftakt serviert wird. Beeindruckend auch die Gemüse-Qualität beim nächsten grünen Gang: Grüne Spargeln, Erbsen, Ackerbohnen und Bärlauch. Ich bin kein Vegetarier. Also kriege ich noch eine Milke obendrauf und vor allem einen spektakulären Hauptgang: Bresse-Taube, elegant in einer riesigen Silberpfanne präsentiert, draussen in der Küche aufgeschnitten. Die Brust (angenehmerweise nicht allzu brutal kurz angebraten) gibt’s mit Bio-Dinkel, Allium (Zierlauch) und Morcheln; der zarte Pilz ist gefüllt mit Taubenleber! Die Schenkel kriegen wir separat, essen darf man sie, auch im noblen Fünfsterne-Hotel, von Hand.
Traumhaft angerichtet: Tartelette mit «Sugar Snap Peas» mit Kaviar.
Käse aus 14 Kantonen! Auf besonderen Wunsch und gegen einen «Penalty» von 40 Franken (bei einem Menüpreis von bereits 275 CHF) rollt der Käsewagen vor. Produkte von drei verschiedenen Händlern und aus 14 Kantonen, gut erklärt und sehr gepflegt. Den letzten Auftritt hat der sehr begabte französische Pâtissier Clément Laurent: Cedrat-Zitrone mit Ingwer und Kräutervinaigrette, Costa Rica-Schokolade mit Buchweizen, gesalzenem Karamell und grünem Kardamon. Desserts aus der Gemüseecke. Passt nicht jedermann, passt aber prima zu Gilad Peleds Küche. Cléments Meisterwerk bei den Friandises: Mini-Schokoladensoufflé, reduziert auf Tartelette-Grösse, mit Maldon-Salz, ohne Gemüse. Carlo Serafini ist der neue Sommelier und Entertainer zugleich, schenkt einen Château Lynch Bages 2009 auch offen aus; die 82 CHF pro Glas muss man allerdings erst verkraften.
Minamo, MOzern & Quai 10. Das Restaurant-Angebot ist gross. Im japanischen Tresen-Restaurant Minamo (für nur acht Gäste) klappte im zweiten Anlauf auch die Besetzung des Chefpostens: Yutaka Kobayashi, der in die Schweiz gekommen ist, weil ihn die japanische Anime-Serie «Heidi» so begeistert hat, macht einen guten Job, verdient seine 15 GaultMillau-Punkte. Er gibt vor allem im Finale seines Omakase-Menüs so richtig Vollgas: Kingfish, Salmon, Tuna, Prawns und Aal auf hochklassigem Sushi-Reis. Und nicht allzu fettes Kagoshima-Wagyu mit Karashi, Miso und Spargeln. Im All day-Restaurant MOzern ist die Karte besser und breiter geworden (alles von den Crispy Duck Rolls mit Hoisin-Sauce bis zum Wienerschnitzel). Sommer-Hotspot ist der «Quai 10»: Schlemmen OpenAir, direkt an Quai und See; wir empfehlen die Dorade mit Beurre blanc.