Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Hans-Peter Siffert

Kunst & Wein. Schon einmal einen Weinkeller gesehen, wo Tageslicht durch grosse Fenster einfällt, an der Decke Kronleuchter funkeln, die Wände voller Originalgemälde hängen und überlebensgrosse weibliche Bronze-Statuen über 210 Eichenfässer voller Wein wachsen? Nein? Dann waren Sie noch nicht auf der Tenuta Vallocaia, dem toskanischen Weingut des Schweizer Gastronomen, Weinhändlers und Kunstsammlers Rudi Bindella. Jetzt lohnt sich ein Besuch ganz besonders, denn Ende Juni wurde im Weingut in Montepulciano das neue Besucherzentrum eröffnet, das täglich ausser Sonntag für Gäste aus nah und fern offen ist. Die Bezeichnung «Besucherzentrum» tönt ziemlich nüchtern. Weit zutreffender ist «il piccolo paradiso», wie der Zürcher Rudi Bindella seine «Herzensheimat» in Italien gerne nennt. Denn hier ist Wärme und Herzlichkeit zuhause, eingebettet in ein wunderschönes Ambiente, es soll «zwischenmenschliche Freude statt Hektik» herrschen, so lautet das Ziel. Grosses Bild oben: Lichtdurchfluteter Fasskeller. Rudi Bindella und Rudi junior mit einer Bronzestatue von Flor Steiger-Crawford.

Weinkeller mit Tageslicht

Die Barricaia mit Kronleuchter mutet an wie ein Tempel - aber mit neuster Technologie.

Giovanni Capuano, Gutsdirektor und Rudi Bindella

Capo und Chefönologe Giovanni Capuano und Rudi Bindella tauschen sich regelmässig aus.

Abendstimmung Weingut Vallocaia in Montepulciano

Abendstimmung über Vallocaia, das Weingut in der Toskana.

Einkehren im «Sereno». Natürlich kann man die Bindella-Weine auch in der Schweiz kaufen. Aber viele Weinfans wollen auch einmal sehen, wo ihr Lieblingstropfen gewachsen und gereift ist. Sie können auf Vallocaia mit einem Plänchen in der Hand durch die Rebberge und Olivenhaine streifen, degustieren, unter sprach- und fachkundiger Führung den Fasskeller besuchen und in der Vinothek Wein und weitere regionale Produkte einkaufen. Jeder Besucher will einfach einen magischen Augenblick lang im neuen «Sereno» auf der grossen Terrasse sitzen, die Aussicht über die sanften Hügel hinüber zum Städtchen Montepulciano geniessen; die Schönheit der Landschaft wird von den wie hingestreut wirkenden Skulpturen und Amphoren im Garten noch unterstrichen. Schön ist auch das Bistro selbst, mit grossen Holztischen, liebevoller Dekoration, ausgesuchtem ländlichem Geschirr und riesigen Fenstern. Im «Sereno» werden einfache Menüs und «Plättli» mit Salumi und Käse angeboten, auf Vorbestellung serviert der Küchenchef Luca Biancucci auch ein Degustationsmenü oder Spezialitäten der Region wie das begehrte Bistecca fiorentina. 

Herzstück? Die Barricaia. Einen Blick werfen sollte man in den Weinkeller mit seiner Barricaia. Was lange währt, wird umso besser: Jahrelang befasste sich Chefönologe und Gutsverwalter Giovanni Capuano mit Arbeitsabläufen, Energie- und baulichen Fragen. Er besuchte Weingüter in Italien und Frankreich und plante gemeinsam mit Rudi Bindella ein wahres Pionierwerk mit eigener Wassernutzung und Solarstrom. Hier werden die Trauben von den heute 45 in Produktion stehenden Hektaren Rebland angeliefert, gepresst, gekeltert. Die Weissweine reifen in Inox-Tanks, die Roten in Eichenfässern. Der modernde Weinkeller gleicht einer Galerie; Kunst soweit das Auge reicht!  «Schöner Wein sollte in einer schönen Umgebung reifen dürfen», sagt Rudi Bindella voller Überzeugung. 

Bistro Serena mit Panoramablick im Besucherzentrum

Speisen alla italianità mit Blick auf Montepulciano.

Heimat des Vino Nobile. Die Haupttraube der Toskana ist der Sangiovese, er bildet auch die Grundlage des Vino Nobile, für welchen die Gegend um Montepulciano berühmt ist. Die Tenuta stellt gleich drei verschiedene zur Wahl: der süffige, weiche Vino Nobile Bindella, der mineralisch-aromatische Quadri aus eher lehmigen Böden und der in der roten Erde gewachsene, kräftige und würzige Vallocaia. Sehr begehrt ist der weisse Sauvignon Blanc Gemella, rar der Syrah Ardore, der Merlot Antenata, der Cabernet Sauvignon Gioia. Dazu kommen zwei verschiedene Süssweine Dolce Sinfonia. Rudi Bindella junior (44), der älteste Sohn, liebäugelt mit einer künftigen Weinlinie, «die speziell junge Menschen anspricht». Er wirkt seit längerem im Familienunternehmen mit und hat vor drei Jahren die Leitung der Gastronomie mit insgesamt 44 Restaurants in der Schweiz sowie den Personalbereich und das Marketing übernommen. In zwei Jahren will Vater Bindella seinem Sohn Rudi auch das Weingeschäft übertragen. In sein «piccolo paradiso» Vallocaia wird der Senior danach noch regelmässig reisen.      

www.de.bindella.it
www.bindella.ch