Das Fondue- und Raclette-Restaurant «Ferdinand» im Cervo Zermatt ist neu im Sommer geöffnet  – nur eines der Beispiele dafür, dass Käsespezialitäten vermehrt auch in der warmen Jahreszeit Anklang finden. Wie kommt das? 

Fondue wird ja auch in Luzern oder in Zürich in spezialisierten Restaurants ganzjährig angeboten, da dürften die Touristen eine wichtige Rolle spielen. Beim Raclette, so meine Einschätzung, sind dann auch die Einheimischen mit dabei. Denken Sie an all die Sommerfeste, wo an Ständen Raclette übers Brot oder eine Kartoffel gestrichen wird. Oder an Bratkäse, der in der Innerschweiz beliebt ist. 

Wo liegen die Gründe für diesen Trend? 

Vielleicht hat es damit zu tun, dass man vielerorts weniger Fleisch isst. Eiweisse braucht der Mensch ja trotzdem – da sind Käsegerichte doch naheliegend, wenn es nicht grad 35 Grad heiss ist. Wir haben dieses Jahr am 1. August wahnsinnig viel Raclettekäse und Fondue verkauft. Zugegeben, es war vergleichsweise kühl. Sicher ist trotzdem, dass es sich um ein Gericht handelt, das wohl auf der Alp erfunden wurde – also ursprünglich ein Sommergericht ist.

Von welchen Mengen sprechen wir? 

Ich kann nicht für die Detailhändler sprechen, aber wir verkaufen im Sommer etwa 20 Prozent der Menge, im Vergleich zum Winter. Sogar etwa 30 bis 40 Prozent sind es beim Raclette. Andersherum formuliert: Jeder Fünfte lässt sich auch in der warmen Jahreszeit das Fondue nicht nehmen, mehr als jeder Dritte will nicht aufs Raclette verzichten! Und dies, obwohl wir viele unserer Spezialitäten nicht ganzjährig im Sortiment haben. Ich denke da an Heiko Nieders Fondue mit Champagner und Mimolette. Oder die Mischung von Alex Frei. 

Ex-Fussballer Alex Frei macht Fondue? Das kommt jetzt überraschend. 

Er hat sich zum Käse-Sommelier ausbilden lassen, auch ich war einer seiner Dozenten. Der hat im Fall schon eine Ahnung! 

Boeni tranchiert: Fondue von Rolf Beeler, Maître Fromager - Mellingen - November 2023 - Copyright Olivia Pulver

Nicht nur im Winter, sondern auch am Nationalfeiertag beliebt: klassisches Fondue.

Boeni tranchiert: Fondue von Rolf Beeler, Maître Fromager - Mellingen - November 2023 - Copyright Olivia Pulver

«Vielleicht muss die Geschichtsschreibung über die Bücher» sagt Rolf Beeler.

Boeni tranchiert: Fondue von Rolf Beeler, Maître Fromager - Mellingen - November 2023 - Copyright Olivia Pulver

Ein Schuss Kirsch gehört ins Fondue – doch auch andere Schnäpse funktionieren.

Was macht ein gutes Fondue aus? 

Es muss cremig sein. Und es soll Aroma haben. Aber stinken soll es keinesfalls, auch wenn das immer wieder behauptet wird! Müffelt es, kommt das nämlich vom Schmelzsalz, dass bei zu jungem Käse verwendet wird. 

Dass es stinkt, dürfte auf dem Balkon kein Problem sein. 

Wenn die Nachbarn schon reklamieren, wenn Sie grillieren – stellen Sie sich mal vor, wie die tun, wenn sie noch mit stinkendem Fondue kommen! 

Was tun, wenn es zu flüssig gerät? 

Entweder etwas Hartkäse zugeben, es dürfen auch Reste sein. Oder etwas Maizena mit einem Gutsch Kirsch oder Wasser anrühren, hineingeben und nochmals aufkochen. 

Das Aufkochen ist wichtig? 

Ja. Tatsächlich fehlt vielen Geniessern da die Geduld. Bis das Käsefondue bindet, kann es auch mal zehn Minuten dauern. Man sollte also keinesfalls vorher schon nervös werden. Und mit zusätzlichem Weisswein und Maizena rumguseln. 

Muss immer Kirsch hinein? Oder kann man mit anderen Destillaten experimentieren? 

Man darf ausprobieren! Letztes Jahr habe ich für den Nationalfeiertag das Rütlischwur-Fondue kreiert. Da sind Alpkäse der drei Urkantone drin, Apfelmost für die Säure und ein Schuss Bätziwasser, also Schnaps aus Kernobst. Vielleicht ist das Fondue ja gar nicht in der Westschweiz erfunden worden, vielleicht muss da die Geschichtsschreibung nochmals über die Bücher…  

Blauer Büffel von Willi Schmid, Alp Dräckloch, Seelisberger Löchlichäs, Alpe Greina - Boeni tranchiert: Fondue von Rolf Beeler, Maître Fromager - Mellingen - November 2023 - Copyright Olivia Pulver

Einige der Käse von Beeler: Blauer Büffel von Willi Schmid, Alp Dräckloch, Seelisberger Löchlichäs, Alpe Greina (v.l.).

Wenn ich jetzt wirklich ein Spätsommerfondue machen will –  wie wird es besonders verdaulich? 

Zentral ist, dass gut gereifte Rohmilchkäse die Basis bilden. Es hilft aber auch eine Prise Natron, also Backpulver. Es macht das Fondue etwas geschmeidiger. Auch die Beilagen sind entscheidend. Ein gutes Sauerteigbrot bläht weniger als ein Industriebrot. Oder Sie geniessen Kartoffeln dazu. Was ich gerne privat mache: Ich tunke Kohlrabi ins Fondue. 

Müssen Salzgürkli, Silberzwiebeln und Ananas nebenher wirklich sein? 

Wer Lust hat, soll das machen – das ist für mich zumindest nachvollziehbarer als all die aromatisierten Raclettekäse. 

Sie sind kein Freund von Curry- oder Trüffel-Raclettekäse? 

Das finde ich schrecklich und überlasse das lieber den anderen Anbietern. Bündnerfleisch oder Pfeffer schon bei der Herstellung in einen Käse zu geben, ist doch gugus. Man darf nicht vergessen, dass diese Zutaten danach drei Monate lang im Käse eingeschlossen sind. Frisch dazugeben ist auf jeden Fall besser, falls der Käse mal zu wenig Geschmack hat. 

In Gstaad macht man ein Fondue aus Fribourger Vacherin und Wasser. Auch eine Möglichkeit? 

Das geht auch, aber da darf das Wasser nicht kochen. Das ist dann eher schwierig zuzubereiten,  das empfehle ich den Fondue-Neulingen nicht so gerne. 

Bio Brie Cru Blanc - Rolf Beeler Käse - GaultMillau Garden Party 2024 - 11. August 2024 - Copyright Olivia Pulver

Ob fürs Fondue oder zu Gschwellti – Käse muss optimal gereift sein. Wie dieser Brie.

Rolf Beeler Oliver Friedrich

An der GaultMillau Garden Party wurde Rolf Beeler (r.) von Oliver Friedrich, «Torkel» Jenins, unterstützt.

Boeni tranchiert: Fondue von Rolf Beeler, Maître Fromager - Mellingen - November 2023 - Copyright Olivia Pulver

Fondue: Es muss cremig sein, soll Aroma haben – aber stinken soll's nicht.

Wie läuft eigentlich Ihr Online-Käsehandel? Eine prima Sache – man bestellt, und am nächsten Tag ist alles da. 

Wir sind mit dem Kundenecho sehr zufrieden. Im Sommer müssen wir die Ware halt auch mal «Express» schicken, wenn es über 30 Grad heiss ist. 

>> www.rolfbeeler.ch

 

Fotos: HO, Olivia Pulver, David Birri