Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Nik Hunger

Auf der Suche nach Trends. Simone Jones schlendert durch die Markthalle in Basel. Am Food-Stand von Chi-Koefte bleibt sie stehen, schaut zu wie ein Mitarbeiter den Bulgur knetet. Hier würden vegane Köfte gefertigt, lässt sie sich erklären. Rund eine Stunde müsse man den Bulgur so bearbeiten, gekocht werde er nicht. Durch die Massage und die dabei entstehende Wärme werden die Weizenkörner trotzdem weich. Simone Jones hört interessiert zu. Sie ist nicht nur zum Mittagessen hier, die Markthalle ist für sie auch eine Quelle der Inspiration. Die Frau mit den platinblonden Haaren ist Food Scout bei Betty Bossi. Sie sucht mit ihrem Team auf der ganzen Welt nach Trends und liefert Ideen für neue Produkte für Coop-Eigenmarken wie Karma, Naturaplan, Jamadu oder Fine Food. Sie besucht Messen, Restaurants oder stöbert auf Märkten.

Irritation ist gut. Sie war schon überall. Am liebsten mag sie Los Angeles, Tel Aviv und London. Letzteres nicht nur weil sie einen Engländer geheiratet hat. «London ist ein Meltingpot unterschiedlicher kulinarischer Richtungen, gepaart mit einer hohen Trendaffinität der Menschen. Das ist einfach ein guter Mix», erzählt sie. Ihre Tasche ist prall gefüllt mit gesunden Riegeln, Crackern, Pülverchen für Getränke und Müsli. Es ist die Ausbeute ihres jüngsten Trips nach London. «Für mich ist ein Produkt interessant, wenn es mich irritiert», sagt sie. Ein Gefühl, das sich zum Beispiel bei veganem Speck aus Kokosraspeln einstellt. «Wenn mich etwas irritiert meine ich das nicht negativ. Es heisst in erster Linie, dass etwas anders ist.» Und anders ist interessant. Interessant, um daraus eigene Produkte zu entwickeln. Von der Idee bis zum Produkt im Regal von Coop können zwischen vier Monaten und zwei Jahren vergehen. 600 bis 800 neue Produkte kommen jedes Jahr ins Sortiment. Darunter fallen auch Rezeptur-Anpassungen und saisonale Artikel. 

Simone Jones Chef-Foodscout bei Betty Bossi, in der Markthalle in Basel, v.l.n.r.: indische Currys, Reis und Naanbrot; äthiopisches KeyWot mit Rindsragout; türkische, vegane Koefte aus Bulgur

Indische Currys (links), äthiopisches Fladenbrot mit Rindsragout (Mitte) und türkische vegane Köfte (rechts).

Functional Food. Trends rund um Nachhaltigkeit und Gesundheit, wie vegane Lebensmittel oder Functional Food, beschäftigen Simone Jones schon seit einer Weile und werden es auch weiterhin tun. «Vor einigen Jahren war man als Veganer noch ein Sonderling. Etwas, das früher belächelt wurde, ist plötzlich cool», sagt Jones. Nicht jeder Trend ist eine Erfindung der Neuzeit. Im Gegenteil. Vieles habe es schon immer gegeben. «Zum Beispiel die Suche nach dem Jungbrunnen. Es existierte schon immer das Bedürfnis, besser zu schlafen, zu entspannen oder mehr Fokus zu haben, und es gab passende Lebensmittel dafür.» Heute nennt man das Functional Food – also Lebensmittel, die durch einen hohen Gehalt an bestimmten Inhaltsstoffen einen Zusatznutzen versprechen Andere Themen würden aber erst jetzt «salonfähig». «Lebensmittel, die Frauen durch den Zyklus begleiten, sind immer mehr im Kommen.»

Simone Jones Chef-Foodscout bei Betty Bossi, in der Markthalle in Basel, Kaffee und Öle Finkmüller

Simone Jones stöbert auch gerne in der Schweiz nach neuen, spannenden Produkten.

Simone Jones Chef-Foodscout bei Betty Bossi, in der Markthalle in Basel, am Degustieren einer Köfte

Jetzt gehts ans Probieren: Simone Jones kostet die verschiedenen Gerichte aus aller Welt.

Fondue morgens um 8 Uhr. Simone Jones entscheidet sich neben den Köfte noch für einen Teller mit vier verschiedenen Currys. Das ayurvedische Hurule Saru ist ein Gericht auf Pferdebohnenbasis. «Das habe ich auch noch nie gegessen.» Ein äthiopischer Sauerteigfladen mit Key Wot (Rindsragout) komplettiert den Lunch. Ein klitzekleines bisschen Platz muss sie noch lassen im Magen. Denn am Nachmittag steht eine Fleisch-Degustation an. Zu Simone Jones’ Job gehört eben nicht nur das Aufstöbern von Trends, sondern auch die kulinarische Expertise bei der Entwicklung von neuen Produkten und Qualitätskontrollen Qualitätskontrollen. Doch eins zieht sich durch wie ein roter Faden: In ihrem Team wird immer täglich gegessen. «Bei Vorstellungsgesprächen frage ich, ob man ein Problem damit habe, morgens um 8 Uhr Fondue zu degustieren, danach Schoggi und Fisch. Wenn die Augen da nicht leuchten, ist es nicht der richtige Job.»