Text: Kathia Baltisberger Fotos: Lucian Hunziker

Sanftes Gemüt. Christoph Bruni kann keiner Fliege was zu Leide tun. Im wahrsten Sinne des Wortes: Das Insekt fliegt in die Vitrine, will sich an der verlockenden Käseauswahl gütlich tun. Fast schon liebevoll begleitet Bruni das Tier aus der Vitrine und aus seinem Marktfahrzeug. «Ich töte keine Fliegen», sagt er. Bruni ist Käse-Affineur – er veredelt also Käse und verpasst ihm den letzten Schliff. Und zwar in seiner Garage in Thun. Dort hat er seinen Wagen stehen, mit dem er jeden Dienstag und Samstag in Bern auf dem Wochenmarkt seinen Käse anbietet. Der Käsekeller befindet sich gerade im Umbau. Wie lange es noch dauert, weiss Bruni noch nicht, halt «wenns de noche isch», sagt er entspannt. Den Käse stört es nicht. «Der sagt mir schon, wenn es ihm nicht gut geht.» Solche und ähnliche Aussagen bescherten dem Berner schon Bezeichnungen wie der Käse-Flüsterer. Ganz falsch findet er das nicht, auch wenn er sich nicht für einen Esoteriker hält. «Käse ist wie eine Pflanze», erklärt er. «Wenn man ihnen nicht gut zuredet, gehen sie ein.»

Liebe zum Detail. Bruni behandelt seine «Chäsli» schon vor der sogenannten Veredlung wie das Wertvollste auf der Welt überhaupt. Gebettet werden sie auf Strohmatten – Bruni ist der einzige, der das so konsequent macht. Dann befreit er sie von kleinsten Partikeln – und zwar mit der Pinzette. «Es huere Knübu, das!» Wenig später hats wieder neue Verunreinigungen drauf. Als Sisyphusarbeit darf man das aber keinesfalls bezeichnen! «Natürlich hat das nicht viel Einfluss auf den Geschmack, aber ich behandle den Käse einfach mit dem Respekt, den er verdient.» Kurz darauf ritzt er mit einem Messer aus Versehen die Käseoberfläche: «Ou nein! Jetzt habe ich den Käse verletzt!» - schimpft er und entschuldigt sich beim Käse.

 

Dr. Jekyll und Mr. Hyde. So sanftmütig er mit den Milchprodukten umgeht, so fest kann er sich auch aufregen. Zum Beispiel über Käse, der als Rohmilchprodukt ausgegeben wird, aber keines ist. Oder über die Enthornung von Kühen. Oder über die Profitgier gewisser Produzenten. Doch dann spricht er wieder über seine Produkte und wird milder. Bei einem Fribourger Vacherin kommt er ins Schwärmen. «Der wurde auf der Alp über dem offenen Feuer hergestellt. Das ist quasi der Golf GTI unter den Käsesorten: Der sieht nach nichts aus, ist aber in der Herstellung top und geschmacklich wunderbar.»

Kontrolle: Bruni prüft die gelieferte Ware aus Frankreich.

Mit der Pinzette befreit er den Käse von kleinsten Partikeln.

Teilen! Sein Liebling ist aber der l’Acajou mit Milch von Salers-Kühen. «Das Kalb trinkt ein bisschen von der Milch, dann wird gemolken für den Käse. Anschliessend trinkt das Kalb wieder. Es wird geteilt, das finde ich schön.» Überhaupt liegt ihm das Wohl des Tieres am Herzen. «Ich war mal in Frankreich bei einem Bauern und habe gesehen, wie er ein Kalb geprügelt hat. Da sagte ich meinem Lieferanten, von diesem Produzenten müsse er mir nie wieder Käse bringen!» Bruni kennt deshalb alle Produzenten persönlich, versichert sich vor Ort, ob Produktion und Tierwohl seinen Ansprüchen genügt.

 

Beliebter Kauz. Der Mann mit dem Béret – und neu mit Bart - weiss, dass er kein Einfacher ist. «Ich muss manchmal schon schauen, dass ich nicht zu fanatisch werde.» Doch das habe damit zu tun, dass man Käse zu wenig wertschätzt. «Beim Wein kann dir der Kellner noch die Schuhgrösse des Typen sagen, der die Trauben abgelesen hat. Aber vom Käse, den sie servieren, haben sie oft keine Ahnung.» Es gibt natürlich Ausnahmen: Bruni liefert in die  «Traube» in Trimbach, nach Bern ins «Mille Sens», zu Markus Arnold in die «Steinhalle» oder in die «Eisblume» in Worb. Dort schätzt man den kauzigen Mann und seine tollen Produkte.  

>> Christoph Bruni
Bürglenstrasse 11
3600 Thun

Bruni ist am Dienstag und Samstag auf dem Wochenmarkt in Bern.

www.bruni.ch