Text: Claudia Salzmann

Mit dem E-Bike geht’s besser. Hoch über dem Emmental schläft und speist es sich am besten: Wir sitzen auf der Terrasse des Hotels Moosegg. Unter uns liegt Langnau, neben uns sitzt Daniel Lehmann. Es ist sein freier Tag, doch der Spitzenkoch wohnt und lebt selber auf diesem schönen Fleckchen Erde. Sein Drei-Sterne-Hotel brummt. Glücklicherweise hat er einen Hotelbetrieb nebst seinem mit 16 Punkten ausgezeichneten Restaurant, weshalb die Gäste auch im strengsten Lockdown zu ihm kamen. Nun ist die Covid-Krise hoffentlich Geschichte, und die Buchungen nehmen weiterhin zu. Bis im Herbst sind die 20 neuen modernen Zimmer an Wochenenden gut gebucht, wie der gebürtige Emmentaler erzählt. Den Weg hier hoch haben wir mit einem E-Bike unter die Räder genommen. Gerade mal 20 Minuten dauert die Fahrt, die es beim letzten Kilometer ziemlich in sich hat. Würde man ohne elektrische Unterstützung fahren, wäre das Abendessen schwer verdient. Auch Daniel Lehmann strampelt regelmässig den Hügel hinauf und schätzt die Fahrzeit auf eine Stunde. Die Strasse ist eine kleinere Landstrasse ohne Mittellinie, aber in gutem Zustand. Ein Grossteil der Strecke führt durch den schattigen Wald und mäandert den Hügel hoch wie eine Passstrasse. Man hat stets das Ziel vor Augen, denn die Moosegg leuchtet weiss wie eine Fata Morgana.

Daniel lehmann

Eigentümer und kreativer Kopf des Hauses: Daniel Lehmann mit seiner Frau Nicole.

Hotel Restaurant: Hotel Moosegg

Ob Z'Vieri Plättli oder Gourmetmenü: 16-Punktechef Lehmann verwöhnt seine Gäste!

Buurehamme & Büffelsalsiz. Die letzten Hotelgäste verabschieden sich und schwärmen beim Abschied von der Aussicht, dem Bett und natürlich vom Essen: Die Rezeption befindet sich in der Gaststube. Auf einer grossen Tafel sind Klassiker wie Burger oder Fish’n’Chips angeschrieben. Auf der Zvierikarte wirds mit Buurehamme, Hobelkäse, Cervelatsalat oder Büffelsalziz heimelig. Wer das ganze Kochtalent von Daniel Lehmann, der seit 2016 ununterbrochen mit 16 Punkten ausgezeichnet ist, erleben will, hält sich ans Gourmetrestaurant. Entweder im Wintergarten oder im eleganten Rondel. Immer mit Blick auf die Berner Alpen, die auch im Sommer teilweise noch Schnee tragen.

Emmentaler Surf’n’Turf. Irgendwo dort hinten unterhalb des Hohgants liegt unser Tagesziel: Das Kemmeriboden-Bad. Zuerst stärken wir uns für die Fahrt: Nach dem wunderbaren Tomatensalat mit violettem Basilikum, Radieschen und Büffelmozzarella folgt ein Emmentaler Surf’n’Turf. Die Shrimps stammen aus Burgdorf, das Rind von der Metzgerei Gygax in Lützelflüh. Daniel Lehmann, der das Menü locker aus dem Ärmel schüttelt, gibt gleichzeitig den Sommelier, denn der Wein ist seine zweite Leidenschaft. Auch im Glas bleibt er regional und kredenzt eine Flasche aus dem Rebgut Krebs am Bielersee. Eine Verdauungspause empfehlen wir in der kulinarischen Bibliothek, die sich gleich neben dem Weinkeller befindet. Dieser ist so gebaut, dass man auch ohne Führung einen Blick durch die bodentiefen Fenster auf die Grossflaschen werfen kann. Gegen 600 verschiedene Positionen liegen in Lehmanns Keller.

Emmental

Idylle pur: Die Aussicht über die Emmentaler Täler.

Velofahrer auf der Herzroute oberhalb von Trachselwald mit Ausblick auf die Berner Alpen© Foto: Christof Sonderegger

In die Pedalen, fertig, los! Leichter geht's mit einem E-Bike.

Kambly & Rössli. Beflügelt setzen wir uns aufs E-Bike, den Hügel hinab geht es von selber. Die Fahrt allerdings hat es kilometermässig in sich und ist nur für die ganz fitten Gourmets in einem Nachmittag zu absolvieren. Wer allerdings morgens schon losfährt, der kann es gemütlich nehmen. Zuerst geht es immer schön der Ilfis nach bis nach Trubschachen. Dort geben wir uns der Verlockung des Kambly-Laden nach: süsse Zwischenmahlzeit! Auch in Escholzmatt könnte man einen Boxenstopp einlegen - bei Stefan Wiesner im «Rössli» etwa (auch sonntags offen). Dann biegt man in Richtung Schangnau ein; hübsche Landgasthöfe der Strasse entlang sorgen bei einem allfälligen Hungerast für Abhilfe.

Schlafen im Heustock. Der Weg ins Tal hinein ist zwar lang, dafür schön flach. Und wenn die Bauern gerade Gras mähen, ist auch fürs olfaktorische Erlebnis gesorgt. Wenn sie allerdings mit Gülle die Felder düngen, dann heisst es nur: Nase zu und durch. Der Ausblick auf eine «Merängge» lässt uns natürlich stärker in die Pedale treten. Im Kemmeriboden ist an Wochenenden stets viel los, so dass man besser unter der Woche kommt. Die Terrasse hat Gastgeberfamilie Invernizzi, die das Hotel in der sechsten Generation führt, gross ausgebaut, und die Küchenbrigade hat mehr Raum bekommen, um all die Gäste verköstigen zu können. Hier schläft man im Heustock, im Zelt oder im Winter im Iglu. Ganz neu wurde auch der «Chässpycher», wo noch der Grossvater Käselaibe lagerte, zu zwei Suiten umgebaut.

Kemmeriboden-Bad

Lauschiges Plätzchen: Die Terrasse des Hotels Kemmeriboden-Bad.

Reto und Alexandra Invernizzi mit Tochter Lynn,  Hotel Landgasthof Kemmeriboden-Bad, BE, 2014

XXL «Merängge»: Die frisch geschlagene «Niidle» kommt direkt aus der Milchkanne!

Die «Merängge» ist Kult! Auf keinen Fall sollte man den Kemmeriboden verlassen, ohne eine «Merängge» zu essen. Die «Nidle» aus der Käserei dafür wird hier nicht im Tetrapak, sondern in der 40-Liter-Milchkanne geliefert. Bei unserer immensen Portion hilft sogar der Postautochauffeur mit, und dennoch bleibt ein Häufchen Sünde übrig. Kein Wunder, so generös wie der Rahm unter und über jede «Merängge» gespritzt ist. Gastgeber Reto Invernizzi sagt: «An einem gut besuchten Sonntag reichen zwei Kannen nur knapp.»

 

>> www.moosegg.ch

>> www.stefanwiesner.ch

>> www.kemmeriboden.ch

 

Fotos: Karl-Heinz Hug, Christof Sonderegger, Kurt Reichenbach