Text: David Schnapp Fotos: Fotos: Stefanie Koehler

Gute Laune. Romeo Brodmann lässt sich die gute Laune auch in schwierigen Zeiten nicht vermiesen. «Die Sonne scheint, ich habe schon eine Zigarre geraucht, das Leben ist also schön», sagt er zu Beginn unseres Gesprächs. Anlass dafür ist ein neues Buch, dass Brodmann eben veröffentlicht hat, dazu aber gleich mehr. Romeo Brodmann, geboren 1967, ist gelernter Koch, hat seither aber eine ungewöhnliche Karriere gemacht. Er absolvierte die Hotelfachschule Zürich, arbeitete im Bahnhofbuffet Basel, wurde Product Manager des Gastronomie-Fachmagazins «Salz & Peffer»  und ist heute ist er Kommunikationsberater und Verleger.

 

Herzensprojekt: Zigarre. Aber damit nicht genug, zum Leistungsausweis des lebenslustigen Baslers gehört mittlerweile auch eine eigene Zigarren-Linie, die er mit einem Partner in der Dominikanischen Republik produziert. «Mein Vater ist Schmied und rauchte praktisch den ganzen Tag Stumpen. Sonntags gab es dann eine Davidoff», erzählt Brodmann, der schon früh den Genuss des Tabaks entdeckt hat. Und wie vieles, was er in seinem Leben gemacht hat, waren die eigenen Zigarren ein Herzensprojekt, 15 Jahre lang hat er die Idee mit sich herumgetragen, bis sie realisiert werden konnte.

Romeo Brodmann

Liebhaber des klassischen Kochhandwerks: Autor Romeo Brodmann.

Die Suppen Cover

Einmalig in der Schweiz: Brodmanns umfangreiches Suppen-Buch.

Einzigartiges Buch. Und jetzt hat Romeo Brodmann eben dieses Buch recherchiert, geschrieben, produziert und herausgegeben, es ist einzigartig in der kulinarischen Bibliothek der Schweiz: «Die Suppen der klassischen französischen Küche» ist ein Band von enzyklopädischer Vollständigkeit, akribisch listet der Autor alle Elemente der Suppenwelt auf, fängt natürlich bei Fonds und Brühen an, geht weiter zu allen möglichen Einlagen – von Pfannkuchen über Klösse bis Farcen – und eröffnet dem Leser dann systematisch die ganze Welt der klassischen Suppen: püriert, cremig, samten, gebunden, mit Gemüse, aus der Provence, aus 23 weiteren Ländern der Welt und zum Schluss werden noch drei süsse Suppen, so genannte Kaltschalen, serviert.

 

Vier Jahre Arbeit. Mit einem Anspruch an eine gewisse Vollständigkeit hat sich Romeo Brodmann an die Arbeit gemacht, rund vier Jahre hat er an seinen Suppen gearbeitet, was das Buch nicht nur technisch und kulinarisch, sondern auch dokumentarisch interessant macht. Es sei ihm wichtig, aufzuzeigen, «woher wir historisch kommen», sagt er über seine Absicht, eine geschichtliche Rückverfolgbarkeit darzustellen. Für ihn ist Auguste Escoffiers «Le Guide Culinaire» der Referenzpunkt seiner Arbeit. «Ich bemängle, dass viele Köche heute nicht lesen. Das braucht es aber, um zu verstehen, woher wir kommen. Und dann müsste man auch nicht jeden Trend als neu verkaufen», sagt Brodmann über seine zentrale Idee.

Suppentopf

Historisches Bewusstsein: «Petit Marmite – Kleiner Suppentopf» aus dem Buch.

Koch am Holzherd. Als der Basler 1983 in Mariastein an der schweizerisch-französischen Grenze im Hotel Post seine Kochlehre begann, gehörte zu den Aufgaben der Auszubildenden auch das Holzhacken und Kohleschaufeln für den Holzherd auf dem damals noch gekocht wurde. In seinem Buch listet Brodmann auf exakt 400 Seiten traditionelle Suppen auf, und wie damals werden sie grundsätzlich auf dem Herd zubereitet. «Ich wollte zwar das Alte in die heutige Zeit übertragen, habe aber bewusst auf avantgardistischen Techniken verzichtet. Denn wenn man die Struktur eines Rezepts verstanden hat, kann man auf dieser Basis alles machen. Das war mein Ansatz», sagt er. Aber natürlich muss Kalbfleisch nicht mehr wie früher im Riesenmörser mit viel Kraft und Aufwand verrieben werden, dafür empfiehlt Brodmann einen elektrischen Blitzhacker.

 

Handwerk statt Kreativität. Romeo Brodmann, der in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Koch-Standardwerk «Pauli» auch ein Magazin produziert, geht es um die grundlegenden Fragen des Kochens. «Ich habe keinen kreativen Anspruch, sondern will das Handwerk darstellen», sagt er deutlich. Er wolle den Unterschied zwischen der Arbeit von Profis und dem Auftritt «irgendwelcher Influencer auf Instagram» darstellen. Der Satz aus dem Film «Ratatouille», «Jeder kann kochen», stimme nicht, findet Brodmann dezidiert. «Auf Social Media wird eher die Bagatellisierung des Kochens vorangetrieben.» Sein Suppen-Buch ist da ein bewusstes Gegenprogramm: Strukturiert, wohlüberlegt, systematisch, mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen und ausführlichen Erklärungen leitet es den Leser durch die flüssig-cremigen kulinarischen Schätze der französischen Küche.

Die Suppen der klassischen französischen...

Romeo Brodmann

Onion Media

Fotografie: Stefanie Koehler

400 Seiten, Fr. 124.–

Die Suppen Cover

Schildkröten und Haie. Und weil Romeo Brodmann Wert auf historisches Bewusstsein legt, lässt er auch heikle Themen nicht aus: Schildkrötensuppe, geschichtlich gesehen ein Klassiker, oder auch Haifischflossensuppe werden zwar kurz erläutert, aber selbstverständlich nicht rezeptiert. Aber diese Ernsthaftigkeit im Bestreben nach Vollständigkeit, die auch heikle Themen nicht auslässt, macht letztlich den Charme dieses Buchs aus.

Dashi Suppenbuch

Frankreich und 23 weitere Länder: japanische Dashi.

Wünsche verwirklichen. Sein Antrieb sei letztlich ein sehr persönlicher, sagt Brodmann: «Mich treiben Wünsche aus meinem Innersten an. Das Leben ist endlich und ich möchte das, was ich gerne mache, umsetzen.» Dazu gehört, dass er sein beeindruckendes Suppen-Lexikon am Ende selbst finanziert und herausgegeben hat, weil kein Verlag zu finden war, der einen kommerziellen Sinn in Brodmanns Leidenschaft für die Ursprünge des Kochhandwerks sehen konnte – und weil der Autor kein Sternekoch sei. Mit Hilfe von Crowdfunding und befreundeten Unternehmern kam das Projekt dennoch zu Stande. Für Romeo Brodmann ist es letztlich eine schöne Bestätigung seines leicht fatalistischen Lebensmottos: «Die Natur wird es schon richten», da ist er sich sicher.