Text: Urs Heller Fotos: Marcus Gyger

Die ganze Familie testet. Ein ganz normaler Sonntag in der «Ermitage» in Vufflens-le-Château VD. Das 19-Punkte-Restaurant hat Ruhetag. Die Familie trifft sich gegen Abend im prachtvollen Garten, zwischen Dutzenden von verschiedenen Kräutern und ziemlich vielen Enten. Aufs Nachtessen freuen sich alle: Kalbshaxen sind angesagt, routiniert gebraten und geduldig arrosiert. Ein Lieblingsgericht der Stammgäste. Und des Clans. Vor dem Haxen-Vergnügen aber erst harte Arbeit: Einmal im Monat wird degustiert. Tochter und Sommelière Nathalie Ravet entkorkt Dutzende von Flaschen. Aus der Waadt. Aus der Schweiz. Aus der ganzen Welt. Clan-Chef Bernard Ravet: «Das System ist ganz einfach: Was der Familie gefällt, kommt in den Keller und auf die Weinkarte. Was nicht gefällt, schicken wir zurück.»

Der gewaltige Weinkeller der Ravets: Flaschen aus der ganzen Welt. 212 Provenienzen allein aus der Schweiz.

Im Keller herrscht Dichtestress. Tausende Flaschen lagern bei idealer Temperatur. Sommelière Nathalie führt das Kellerbuch. 754 verschiedene Referenzen, davon 212 aus der Schweiz. 157 verschiedene Burgunder. 120 verschiedene Schlösser im Bordeaux. 89 «Granate» (Grossflaschen). 27 Portos der Jahrgänge 1935 bis 2003. Also ist die Weinkarte der «Ermitage» eigentlich keine Weinkarte, sondern eher ein Weinbuch. Stammgäste wissen, wie man sich da am besten durcharbeitet: Nathalie fragen! Sie weiss, was Vater und Bruder kochen, und entkorkt das Richtige. Auch hinter diesem «Pairing» steckt harte Arbeit: «Wir suchen gemeinsam nach den besten Kombinationen», sagt Bernard Ravet. Und er weiss, dass Nathalie ziemlich streng sein kann: «Wir mussten öfter schon mal das Menü umstellen, weil die Kombination mit den Weinen nicht perfekt war.»

 

Die beste Schweizer Weinkarte! Der Keller der «Ermitage» beeindruckt auch die Profis. Wegen seiner Vielfalt. Und wegen der Menge, die pro Etikette gebunkert wird. Gerade beim Schweizer Wein ist alles vertreten, was Rang und Namen hat. Auch da hat Nathalie auf Knopfdruck die Zahlen: 41 der 100 besten Schweizer Winzer sind in Vufflens vertreten! Für die GaultMillau-Weinjury stand schnell einmal fest: Das ist die beste Karte für Schweizer Weine! «Ein einstimmiger Entscheid», sagt Geny Hess, der Jurypräsident. Weshalb sind eigentlich die Ravet-Kids so geübte Degustierer? Bernard Ravet: «Ganz einfach. Wir nahmen sie bereits im Kindesalter mit auf unsere Reisen zu den besten Winzern Frankreichs und der Schweiz. Sie reisten mit, und sie tranken in kleinen Mengen mit. Das weckte ihr Interesse. Und das kommt ihnen jetzt zugute. Nathalie ist die perfekte Sommelière. Auch Guy versteht viel von der Sache. Wer auf hohem Niveau kochen will, muss sich auch bei den Weinen auskennen.»

Bernard Ravet

Patron Bernard Ravet ist immer unterwegs: bei seinen Kräutern, im Weinkeller, in der hauseigenen Bäckerei.

Geheimtipp Merlot! Nathalie Ravet empfiehlt zum grossen Menü seit zwei Jahren ausschliesslich Schweizer Wein und hat damit grossen Erfolg. «Selbst die Waadtländer Gäste degustieren mittlerweile Weine aus anderen Schweizer Regionen. Aber das war ein langer Kampf», schmunzelt die Sommelière. Auch die Ravets sind «Winemaker»: Zusammen mit Uvavins in Morges VD entwickeln sie die Kollektion «Le Vin Vivant» mit frischen, fruchtigen Weissweinen und einem beeindruckenden Roten, dem «Le Bernardin». Sie holen sich damit Applaus und reichlich Medaillen an Weinausstellungen – zuletzt mit einem beeindruckenden Merlot!

 

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