Text: Kathia Baltisberger Fotos: Thomas Buchwalder

Parkplatz-Chic. Das historische Städtchen Regensberg thront hoch über dem Zürcher Unterland. Die Schlosstürme ragen aus dem Nebel, die «Krone» - ein schmuckes Hotel mit Restaurant - befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Schloss. Doch Küchenchef Ale Mordasini trifft man häufig auf einem Parkplatz im Industriegebiet von Dielsdorf an. Er hat sich zwischen Aldi und Autowaschanlage eingenistet. Grund dafür ist nicht die Faszination für Betonflächen in Gewerbezonen. Mordasini bereitet sich hier auf das Weltfinale des Kochwettbewerbs «Bocuse d’Or» in Lyon vor. Dafür hat er sich extra eine Garage gemietet, in der er die Wettbewerbs-Küche originalgetreu nachbauen liess. «Hier stören wir niemanden, können laut Musik hören und die Lieferanten sind auch glücklich, weils viel Platz zum Parkieren hat», sagt Ale. 

Ale Mordasini Krone Regensberg Bocuse d' Or 2021

Ale Mordasini feilt an den einzelnen Komponenten seiner Gerichte. Jede Blüte muss richtig sitzen.

Ale Mordasini Krone Regensberg Bocuse d' Or 2021

Der 15-Punkte-Chef notiert die Gerichte und Zutaten, macht Skizzen von den Tellern.

«Es geht um die Show». Bis zum grossen Finale dauert es noch mehrere Monate. Ale Mordasini und sein Commis Manuel Hofer bereiten sich akribisch auf den Wettbewerb vor. Andere Nationen machen das schliesslich auch so. Und selbst wenn die Schweiz eher der «Underdog» in Lyon sein wird, so ist das Ziel, ganz vorne mitzuspielen. Das Zeug dazu hat der 15-Punkte-Chef. Doch er weiss, dass beim Wettbewerb auch andere Faktoren eine Rolle spielen. «Es geht um die Show!», sagt er. «Man muss den Zuschauern etwas bieten, das sie noch nicht gesehen haben. Flambieren ist da eher oldschool.» Welche «Show-Elemente» Mordasini geplant hat, will er noch nicht verraten. Nur so viel: «Alpine Cuisine ist unser Thema. Gletscher, Eis und Kristalle werden eine Rolle spielen.»

Take-away-Box & Platte. Die Vorgaben für den Wettbewerb sind mittlerweile bekannt. Der erste Teil ist ein Novum - und von der Corona-Krise inspiriert. Die Kandidaten müssen eine Take-away-Box mit Vorspeise, Hauptgang und Dessert machen. In jedem Gang müssen Cherrytomaten eingearbeitet werden - auch im Dessert. Für die zweite Aufgabe, die grosse Platte, muss ein Rindsschulterspitz im Ganzen geschmort werden. Dazu sollen zwei Garnituren und ein Ragout aus Gemüse oder Stärkebeilage gemacht werden. Die Box müssen die Kandidaten nach fünf Stunden ready haben, nach 5,5 Stunden ist die Platte an der Reihe. 

Ale Mordasini Krone Regensberg Bocuse d' Or 2021

Messer, Spachtel und Pinzetten liegen in Reih und Glied bereit. 

Ale Mordasini Krone Regensberg Bocuse d' Or 2021

Wer in Dielsdorf das Auto wäscht oder einkaufen geht, kann vielleicht einen Blick auf Ale in seiner Garage erhaschen.

Alles hat seinen Platz. Damit in Lyon jeder Schritt, jede Bewegung, jeder Handgriff sitzt, genau dafür üben Ale und Manuel jetzt. Wie in einem Operationssaal liegen die Messer und Pinzetten in Reih und Glied. «Wir haben das Menü definiert, jetzt arbeiten wir die Details aus.» An der Optik könne man immer noch etwas schrauben. Dafür gestaltet Mordasini Silikonformen mit Blütenoptik, die er dann mit Teig ausstreichen und so ganz filigrane Ornamente fertigen kann. Der Geschmack der Gerichte ist nochmal ein anderes Thema. «Wir haben alles so oft probiert, wir können die Gerichte gar nicht mehr objektiv beurteilen», sagt Mordasini. Um kritisches Feedback zu geben, kommt zum Beispiel Mario Garcia zum Testen, der bei der letzten Ausgabe des Bocuse d’Or Fünfter wurde. Auch Franck Giovannini, 19-Punkte-Chef und Präsident der Schweizer Bocuse-d’Or-Akademie, wird mal vorbeikommen und probeessen. 

Ale Mordasini Krone Regensberg Bocuse d' Or 2021

Sneak Peak: Was Ale Mordasini konkret kochen wird beim Finale, ist streng geheim.

Volle Konzentration. Geübt wird zwei bis drei Mal pro Woche, Manuel ist auch in der Garage, wenn Ale in der «Krone» für seine Gäste am Herd steht. Insgesamt sind acht Testläufe in Echtzeit geplant, die gefilmt werden. Das Team analysiert die Videoaufnahmen, notiert jedes Gramm, das in den Rezepten verändert wurde, optimiert Kerntemperaturen und Zeiten im Schockfroster. «Wenn man erfolgreich sein will, muss man sich zwei Jahre voll darauf konzentrieren. Aber man lernt Dinge, die man sonst nirgends lernt. Es lohnt mit Sicherheit», sagt Mordasini überzeugt. 

 

>> Das Finale des «Bocuse d’Or» findet am 26. und 27. September in Lyon statt. 

 

www.bocusedor.com