Interview: Daniel Böniger
Sind Sie jemand, der gerne den Abwasch macht?
Das gehört halt dazu - meine Lieblingstätigkeit in der Küche ist es definitiv nicht.
Sie haben also Verständnis, wenn jemand auf One-Pot-Gerichte setzt, für die es nur eine einzige Pfanne braucht?
Auf jeden Fall. Ich koche ja selber zu Hause an meinen freien Tagen so, dass möglichst wenig schmutziges Geschirr anfällt. Meine freie Zeit ist rar! Wobei es mir wichtig ist, dass ich auch gesund esse.
Welche bekannten Gerichte eignen sich?
Gulasch ist diesbezüglich ein regelrechter Klassiker! Oder Bouillabaisse, die im Wesentlichen auch auf einem Eintopf basiert. Bei beiden Gerichten sollte eine gute Bouillon als Basis vorhanden sein… Mein Vater hat diese Zubereitungen immer wieder sonntags gekocht - wir mussten dann jeweils bis um 15 Uhr aufs Mittagessen warten, dafür war es sehr gut.
Ihr ganz persönlicher One-Pot-Favorit?
Der stammt von meiner Mutter. Sie machte Eintopf mit Pouletschenkel und Reis. Die Schenkel briet sie zuerst in der Pfanne an und nahm sie dann wieder heraus. In den gleichen Topf kamen anschliessend Speckwürfel, gehackte Zwiebeln und Peperoniwürfel, die sie vorsichtig anschwitzte. Mit Wein und Wasser wurde abgelöscht, mit etwas Bouillonpaste gewürzt. Schliesslich legte sie das Poulet wieder hinein und gab zuletzt den Reis dazu… Ich liebte es!
Gibt es Grundregeln für die Zusammenstellung eines One-Pot-Gerichts?
Man muss sich vor allem Gedanken zum Timing machen. Erst schaut man, was man so im Kühlschrank hat - Ragoutfleisch etwa braucht länger, das kommt sicher ganz am Anfang hinein. Pouletbrust, die schnell gar wird, braucht weniger Zeit in der Pfanne… Überhaupt ist das die grosse Zweiteilung bei Eintöpfen: diejenigen, die stundenlang schmoren müssen. Und diejenigen, die relativ schnell parat sind…
Gemüse gehört sicher hinein, oder?
Auch da darf man sich vom Inhalt seines Kühlschranks leiten lassen! Mit den Schnittarten kann man die Kochzeit dann beeinflussen. So schneidet man ein Rüebli eher fein. Und Bohnen oder Zucchetti, die schnell gar sind, eher grob.
Sonstige Zutaten?
Man will ja, dass das Gericht bindet. Und dies hängt in der Regel von der sogenannten «Sättigungsbeilage» ab. Hat man Kartoffeln oder Linsen im Topf, geschieht die Bindung von selbst. Wer aber Reis oder Gerste hineingibt, muss vielleicht nach dem Anbraten - also vor dem Ablöschen mit Wein, Bier oder Bouillon - noch ein wenig Mehl über alles sieben. Vorsichtig sollte man sein, wenn man, wie bei einer Minestrone etwa, Pasta ins Gericht gibt! Dafür muss genug Flüssigkeit im Topf sein!
Wie gebe ich einem One-Pot-Gericht den persönlichen Dreh?
In meinen Vorräten habe ich immer Sonnenblumen- und Kürbiskerne, und zwar bereits geröstet. Mit Nüssen funktioniert das ebenso. Sie sind gesund und sorgen für eine gewisse Knusprigkeit!
Und Kräuter?
Selbstverständlich kann man auch damit einen Eintopf perfektionieren, mit Peterli, Schnittlauch, vielleicht sogar mit Maggikraut… Aber Achtung: Rosmarin und Thymian müssen schon am Anfang hinein - und man sollte den Zweig vor dem Servieren wieder herausnehmen!
Haben Sie noch einen Tipp?
Wer will, gibt am Ende noch einen Klecks Crème fraîche übers Gericht, so wie es bei Chili con Carne etwa gemacht wird. Auch Schafsjoghurt kann passen. Und so gibt es letztendlich tausende Varianten von Eintöpfen! Wieso nicht mal ein «Gulasch» mit Cervelat zubereiten?
Bleiben wir bis zuletzt pragmatisch. Wenn ich alleine lebe - kann ich die ganze Pfanne in den Kühlschrank stellen oder sollte ich das Essen vorher umfüllen?
Das hängt sehr von den Zutaten ab! Bekanntlich wird Schmorfleisch ja noch besser, wenn es nachzieht… Das kann in Ruhe abkühlen und so in den Frigor gestellt werden. Poulet oder Gemüse, das schnell verkocht, sollte dagegen eher schnell abkühlen. Nicht zuletzt vergrössert man so das Fenster, in dem das Gericht noch verwendet werden darf.
Das klingt jetzt alles ein wenig nach Winter...
Nein, Eintöpfe kann man im Sommer gut am Lagerfeuer zubereiten. Nach einer Wanderung zum Beispiel.
>> Michèle Meier ist Küchenchefin im Restaurant Lucide im KKL Luzern. Sie war GaultMillaus «Köchin des Jahres 2021» und hat aktuell 16 Punkte.
www.lucide-luzern.ch
Fotos: Joan Minder, Stefania Pelfini / Getty Images