Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Ramon Haindl

An Münchens bester Lage. Auf Maklerdeutsch nennt man es wohl eine «Prime Location»: Nur ein paar Schritte vom Münchner Marienplatz entfernt liegt Tohru Nakamuras neues Restaurant in einem denkmalgeschützten Gebäude, jede Mauerritze atmet hier Geschichte. 1525 erbaut, diente das Haus eine Zeitlang als Stadtschreiberei – daher der Restaurantname. Dass die ehrwürdige Immobilie jetzt den Rahmen für eine der spannendsten Küchen Deutschlands liefert, erhöht den Reiz. 

Restaurant Thoru in der Schreiberei, München, Deutschland, DE © HO Byline Ramon Haindl

Ozaki Wagyu auf Koshihikari-Reis & Aubergine.

Restaurant Thoru in der Schreiberei

Man at work: Chef Tohru Nakamura.

Restaurant Thoru in der Schreiberei

Denkmalgeschützt: das neue Restaurant «Stadtschreiberei».

Hauchzarte Tartelettes, tiefgründige Dashi. Schon bei den ersten Amuse-bouches wird klar: Nakamura, GaultMillau Koch des Jahres 2020 in Deutschland, bleibt seinem bewährten Stil treu, präsentiert ihn noch ausgefeilter, noch finessenreicher. Hauchzarte Tartelettes mit Kaviar, Auster, Kartoffel und Haselnuss, tiefgründige Dashi und schließlich «Hotate Sando», eine Art Sandwich mit cremiger Jakobsmuschelfarce und Muschel-Beurre-Blanc, stimmen auf das 12gängige Menü ein.

 

Japanische Tradition, europäische Avantgarde. Viele Köche sind heute, mehr oder weniger erfolgreich, auf der Suche nach eigener Handschrift. Nakamura, Sohn eines Japaners und einer Deutschen, hat sie qua Biografie. Seine Menüs changieren zwischen japanischer Tradition und europäischer Avantgarde. Zum Beispiel die nur kurz abgeflämmte Seeforelle, die sich – ein in Japan beliebter Anrichtestil, um die Frische des Fischs zu unterstreichen – über den Teller schlängelt, als würde sie schwimmen. Dazu passen Forellentatar, gelbe und rote Bete, säuerliche Fingerlimes und Ponzudressing mit Saiblingskaviar. 
 

SEEFORELLE_Bete_Yuzu_Wasabi

Japanisch: Abgeflämmte Seeforelle mit gelber und roter Bete, Fingerlimes und Ponzudressing. 

REHRücken_Koji_gebeizt_Ragout_Anchovis_Douglasie_Lauchherz

Europäisch: Gebeizter Rehrücken mit Lauchherz, marinierten Preiselbeeren und Douglasienschaum.

«Shumai»! Tohrus Gemüseküche. Sehr japanisch in Nakamuras Küche ist die Ehrfurcht vor dem großen Produkt, etwa beim auf den Punkt gegarten Ozaki Wagyu auf Koshihikari-Reis und gegrillter Aubergine. Oder beim Rehrücken, der seine butterzarte Beschaffenheit dem Beizen mit Koji-fermentierter Reispaste verdankt. Dazu gibt es das Ragout von der Keule mit Lauchherz, marinierten Preiselbeeren und Douglasienschaum. Der 38jährige kann auch Gemüseküche: «Shumai» heißt ein als offenes Dim-Sum serviertes Sellerieblatt, gefüllt mit gedämpftem Sesamtofu, Topinamburcreme und Maronen, raffiniert begleitet von geklärter Butter mit Jasmintee. 

 

Nächstes Projekt: Tohrus Brasserie. Das neue Fine-Dinig-Restaurant im ersten Stock bildet den illustren Rahmen für diese so eigenständige Küche. Die Innenarchitekten entwarfen es im Stil eines neo-gemütlichen Wohnzimmers mit hochflorigem Teppich, bequemen Leder-Drehsesseln und edlen Kirschholz-Tischen. Die historischen Wände liessen sie in den Trendfarben Smaragdgrün und Burnt Orange streichen, ein überraschender Kontrast zu den alten Butzenscheiben. Übrigens: Nakamura und seine Geschäftspartner haben noch weitere Pläne. Im Frühsommer soll im Erdgeschoss eine französisch inspirierte Brasserie mit asiatischen Einflüssen eröffnen – stimmungsvoller Innenhof inklusive.

 

>> www.schreiberei-muc.de