Text: Urs Heller | Fotos: Jeremy M Wilson, HO

Der Tod war schneller. Geplant war alles ganz anders. Der geniale Pariser Koch Joël Robuchon wollte nach Genf ziehen und hier sein «Atelier» in «The Woodward» am Quai Wilson eröffnen. Aber der Tod war schneller: Robuchon, ein enger Freund von Fredy Girardet, erlag am 6. August 2018 seiner Krebserkrankung. Jetzt ist das Prachthotel an bester Lage (Quai Wilson, direkt am See) eröffnet: Mit nur 26 Zimmern (ab 1300 CHF), mit zwei Restaurants; beide waren blitzschnell ausgebucht. «The Woodward» ist das erste Hotel in der Schweiz der Oetker-Kollektion, und eingerichtet hat den denkmalgeschützten Belle Epoque-Palast aus dem 19. Jahrhundert ein Star: Der Pariser Pierre-Yves Rochon.

Der Chef kommt aus Taipeh. Genf sieht rot. Feuerrot. Das ist in den «Ateliers» von Joël Robuchon weltweit die Hausfarbe. Die Gäste sitzen fasziniert auf 36 Sesseln am Tresen, schauen den Köchen bei der Arbeit zu: ein paar Hochtische und ein gemütlicher «private room» ergänzen das Angebot. «L’Atelier Robuchon» ist im tiefen Keller des «Woodwards» untergebracht; Aussicht gibt es nur in die Teller. «Tout Genève» strömt hin, serviert wird in zwei Seatings, und Chef ist einer, der das «System Robuchon» im Blut hat: Olivier Jean, aus Taipeh eingeflogen. 12 Jahre hat er für den grossen Meister gearbeitet. Jeans erster Job: «Scouting! Ich ging sofort auf die Suche nach den besten Produzenten. Monsieur Robuchon wünschte immer, dass wir regionale Produkte in unsere Menüs integrieren.»

The Woodward: Ein Hochsitz bei Joël Robuchon September 2021

Feuerrot! «L’Atelier Robuchon». Jetzt auch in Genf.
 

The Woodward: Ein Hochsitz bei Joël Robuchon September 2021

Eingeflogen aus Taipeh: Chef Olivier Jean.

The Woodward: Ein Hochsitz bei Joël Robuchon September 2021

«L’Oeuf de poule». Ein Robuchon-Klassiker.

Swissness auf der Karte. Kein leeres Versprechen: «Les Tomates de Genève» stehen auf der Karte, die berühmten Genfer Tomaten, mir Burrata-Kugeln und einer intensiven Gazpacho serviert. Das Geflügel aus Jussy hat der Chef auch schon entdeckt («besser als die Poularden aus der Bresse»), und Swissness verwendet Olivier Jean selbst im weltberühmten Kartoffelpüree (aus La Ratte-Kartoffeln!) seines Lehrmeisters: Schweizer Butter kommt zum Einsatz. Kiloweise…

The Woodward: Ein Hochsitz bei Joël Robuchon September 2021

Heiss begehrt. Ein Stuhl am Tresen. Die «Ateliers» haben auf der ganzen Welt den gleichen Look.

Teilen und Geniessen! Joël Robuchon war ein Visionär. Er hat früh entdeckt, dass es neben seinen Luxusrestaurants auch eine «B-Linie» braucht, erstklassige Brasserien. Er servierte in seinen «Ateliers» als erster am Tresen. Und er war Sharing-Pionier: «La carte des plats en petites portions dégustation» lag weltweit auf und fehlt natürlich auch in Genf nicht. Wachteln, Lamm, Milken, Bar de ligne, Langoustine, Hummer und selbst ein Burger: Man bestellt für die ganze Tischrunde, teilt und geniesst. Auch ein genialer Klassiker ist zu haben: «L’oeuf de poule»! Ein Ei, wachsweich und knusprig zugleich, wird mit Kaviar und Lachs serviert.

The Woodward: Ein Hochsitz bei Joël Robuchon September 2021

Nur 26 Suiten im ganzen Haus! Der Pariser Pierre-Yves Rochon ist auch in «The Woodward» der Designer.

Kaviar & Filet Rossini. Imperial Kaviar auch zum Start ins Degustationsmenü, auf einem Tourteau-Törtchen, umgeben von einem kräftigen Krustentier-Gelée. Hervorragend «Le Bar sauvage». Den wilden Wolfsbarsch gibt es in der Sommervariante, mit Lemongras, jungem Lauch und frischer Kurkuma. Den Klassiker «Rossini» serviert Olivier Jean eigenwillig: Ein riesiges Teil mitten im Teller, halb Beef, halb Foie gras, mit Vintage Porto in der eleganten Sauce. «Meine eigene Kreation», sagt der Chef stolz, aber Monsieur Robuchon hat sie bei einem Besuch in Taipeh gegessen, genossen und genehmigt.»

Gemüse im «Le Jardinier». Chef Jean wacht auch über die Küche des zweiten Restaurants: «Le Jardinier». Der Name ist Programm: Gemüse steht im Mittelpunkt, vorzugsweise beschafft in einem Radius von 150 Kilometern. Fleisch und Fisch sind hier gewissermassen (verzichtbare) Beilage. Alain Verzeroli hat dieses Konzept, das auch Veganer happy macht, in New York entwickelt und in die Sterne-Liga geführt. «Le Jardinier» in Genf liegt fantastisch: Im ersten Stock des «Woodward», mit uneingeschränktem Blick auf See, Stadt und Alpen.

Design Pierre-Yves Rochon. Auf den fünf «Woodward»-Etagen gibt es nur 26 Suiten, glanzvoll eingerichtet: Weisser Carrara-Marmor in den riesigen Badezimmern, Mamnor-Kamin, handgefertigte Tapeten, Blattgold-Gemälde, Lalique-Türgriffe, «Experience»-Schrank (Kaffeemaschine, Weinkühlschrank), Bibliothek. Der Pariser Designer Pierre-Yves Rochon: «Ich würde The Woodward eher als prestigeträchtige Residenz denn als Boutique-Hotel bezeichnen.»

 

www.oetkercollection.com