Text: Knut Schwander Fotos: Fabian Häfeli, Blaise Kormann

Orte voller Magie. Die Pinte des Mossettes ist ein solcher Ort. Dieser ländliche Charme, dieses ehrwürdige Haus im Schatten der grossen Bäume, diese Landschaft mit ihrem intensiven Grün - und dazu eine selten gewordene, über lange Zeit gewachsene Küchenkultur. Judith Baumann hatte die Pinte in Cerniat FR einst bekannt gemacht. Danach folgten sich die talentierten Chefinnen und Chefs dort hinten im Tal nahe der imposanten romanischen Chartreuse. Sie alle erlagen dem Charme dieses Orts, ja, man muss sich fragen, ob es nicht jeweils der Ort ist, der sie auserwählt hat, so perfekt scheint das Casting. Soeben erfolgt der neuste Streich: Nicolas Darnauguilhem übernimmt das Haus von Romain Paillereau, der seinerseits ins «Trois Tours» nach Bourguillon wechselt. Nicolas als gebürtiger Genfer ist ursprünglich ein ausgebildeter Patissier, die Liebe zur gehobenen Küche haben ihm aber seine beiden Grossmütter in die Wiege gelegt. Einen Abstecher machte er auch in die Welt des Weins, als er mit einem Sommelierdiplom in der Tasche eine Weinbar in Brüssel eröffnete. Danach übernahm er sein Restaurant in Genf und errang damit schnell 15 GaultMillau-Punkte. Diese hielt er über fünf Jahre, bis es ihn wieder aufs Land zog. Eigentlich liebäugelte er mit einem Angebot im benachbarten Frankreich, aber als er hörte, dass die Pinte des Mossettes zu haben sei, kannte er kein Halten mehr und zog mit Frau und Kind ins grüne Greyerzerland.

Pinte des mossettes

Ein wundervolles Flecklein Erde: Die «Pinte des Mossettes» in Cerniat.

Der Sound von alten Schallplatten. Seit ein paar Tagen empfängt Nicolas seine ersten Gäste - mit einem Menu voll geheimnisvoller Gänge, mit avantgardistischen Präsentationen, mit unerwarteten Kombinationen und mit erlesenen Produkten zumeist aus nächster Umgebung. Man geniesst in den alten getäferten Stuben, beim Sound von originalen 33er Schallplatten: Eine herrliche Rindsbouillon, eine überzeugende Kombination von Randen und Citronelle, eine Rillette aus Schweinefleisch zum Abheben. Und zum Salat aus jungen Sprossen serviert Françoise ein Praliné - eine hübsche Idee, so wird aus einem Salätchen eine Entdeckung. Auch der Ziger stammt aus dem Tal, er krönt ein dunkelgrünes «Raviole» aus Giersch, ein getrocknetes Eigelb macht das Ganze intensiv und cremig. Das Carpaccio von Schweizer Crevette wird mit Kaviar von Frutigen «gepimpt». Prima auch die konfierte Blauseeforelle auf feinen, knusprigen Selleriescheiben.

 

Meisterstück: «Pattes noires» in der Bouillon. Das Geflügel «pattes noires» aus dem Greyerzerland wird zuerst in Bouillon gekocht, das Schenkelfleisch dann auf Buchenholz gegrillt. Unendlich zart, unglaublich würzig! Dazu kommt der junge und aufmerksame Service, die passenden Weine und - noch fast überraschender - das passende Angebot an nichtalkoholischen Getränken: Fenchelwasser, Molke mit geröstetem Heu, Kamille oder ein Tee aus geräuchertem Rosenholz - all das offenbart eine bisher unbekannte Harmonie mit den einzelnen Gerichten. Bleibt das Dessert, eine Erdbeer-Rhabarberspeise - trotz Greyerzer Doppelrahm überraschend leicht. War das alles? Nein. Wer das grosse Menü mit sieben Gängen gewählt hat, erhält noch ein (etwas trockenes) Schokoküchlein mit einer intensiv-aromatischen Glace aus Honigklee.