Text: David Schnapp Fotos: Lucia Hunziker
Jörg Slaschek, Sie haben Anfang des Jahres eine Auszeit für drei Monate genommen, die durch die Corona-Krise unerwartet verlängert wurde. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?
Ich habe mich etwas an das Nichtstun gewohnt (lacht). Aber das grosse Haus macht viel Arbeit, auch wenn das Restaurant geschlossen ist. Weniger Druck vom Alltagsgeschäft zu haben ist auch deshalb gut, weil das mir Zeit verschafft hat, zu reflektieren und zu überlegen, was ich will und was nicht.
Sie haben bei Eckart Witzigmann in der legendären «Aubergine» gearbeitet. Aber woher kommt Ihr Sinn für guten Geschmack, was haben Sie als Kind am liebsten gegessen?
Ich bin im Restaurant meiner Eltern aufgewachsen, da wurde immer geschmort und es roch eigentlich permanent nach Küche im ganzen Haus. Es gibt nichts, was ich besonders hervorheben könnte, aber grundsätzlich mag ich Gerichte, hinter denen Handwerk zu erkennen ist. Und unvergessen ist die Schweinshaxe im «Bräustüberl» am Tegernsee.
Und was haben Sie gar nicht gern gegessen?
Saure Johannisbeeren kann ich nicht essen.
Gibt es etwas, was Sie heute aus Prinzip nicht essen oder zubereiten?
Es gibt geschützte Tiere – etwa bestimmte Vögel –, die trotzdem auf dem Markt erhältlich sind. Das widerstrebt mir und würde ich niemals servieren. In Russland werden heute noch Spatzenzungen gegessen. Der Gedanke, nur einen kleinen Teil eines Tieres zu servieren, finde ich abwegig. Wenn man schon ein Lebewesen tötet, ist es eine Frage des Respekts, möglichst viel davon zu nutzen. Aber ich könnte mittlerweile auch ganz ohne Fleisch auskommen, ich finde Gemüse bietet in der Küche noch sehr viele Möglichkeiten.
Wenn Sie selber in einem Restaurant essen: Wieviel darf es kosten?
Wenn mich etwas interessiert, gehe ich hin und es ist dann egal, was es kostet. Ich war einmal mit meinem Sohn bei Guy Savoy in Paris. Ich wollte ihm ein Kulturgut näherbringen. Wir waren mittags da, hatten ein Glas Champagner sowie die Weinbegleitung zum Menü und verliessen das Restaurant mit einer Rechnung über 1300 Franken. Ich geniesse so etwas, lieber einmal weniger essen gehen dafür richtig.
Welche Art von Fast Food essen Sie, wenn es schnell gehen soll?
Ich esse nicht mal Sandwiches, weil ich die Enzyme in industriell hergestelltem Brot nicht vertrage. Es gibt aber gute Foodtrucks von innovativen Leuten mit hohen Qualitätsansprüchen, wie meinem Kollegen Gabriele in Biel, der nur mit besten Zutaten italienisch kocht.
Haben Sie schon einmal das Gericht eines anderen Kochs zubereitet?
Ja, ich habe mal ein fantastisches Schokoladedessert von Harald Wohlfahrt nachgemacht.
Ist Kopieren unter Köchen also in Ordnung?
Jeder Koch, der ein Rezept veröffentlicht, geht ja davon aus, dass es nachgekocht wird. Und wir müssen ehrlich mit uns selbst sein: Wir erfinden sowieso nichts neu, es wurde alles schon mal gekocht, alles war schon mal da.
Wann trinken Sie morgens Ihren ersten Nespresso Kaffee?
Ich trinke morgens schon seit einer ganzen Weile Kräutertee, das tut mir gut und mir gefällt die Aromatik.
Und wann darf es ein Kaffee sein?
Nach dem Essen trinke ich gern einen Kaffee, aber nicht mehr als ein bis zwei Tassen pro Tag.
Wann wird Kaffee für Sie beim Kochen interessant?
Kaffee ist in jeder Hinsicht interessant, aber der Kaffee muss eine bestimmte Note zu einem Gericht hinzufügen können. Die sortenreinen Exclusive Selections von Nespresso wie der Kenya Milima sind geschmacklich extrem spannend (Anm. d. Red.: Exclusive Selections werden nur in der Gastronomie angeboten). Um die richtige Sorte für ein Gericht zu finden, degustiere ich jeweils die verschiedenen Kaffees bei verschiedenen Temperaturen: Manche Sorten sind besser, wenn sie kalt serviert werden und passen ideal zu einer Vorspeise oder in ein Dessert.
Wie setzen Sie Nespresso Kaffee in der Küche ein?
Foie Gras und Kaffee harmonieren zum Beispiel wahnsinnig gut. Ein Ceviche mit geröstetem Kaffee, Zitrusnoten und Chili ist eine perfekte Kombination. Beim Gambero rosso, würze ich die Krustentiersauce mit einer Kaffee-Essenz von Nepal Lamjung.
Haben Sie ein Hobby oder eine Leidenschaft, von der niemand weiss?
Sport ist sehr, sehr wichtig für mich, ich fahre leidenschaftlich gerne Ski. Während meiner Jugend war ich Mitglied der Judo-Junioren-Nationalmannschaft Deutschlands und habe ein Sportgymnasium besucht. Das hat mich zum Gewinner erzogen, mit Mittelmass kann ich bis heute nichts anfangen.
Sind Sie tätowiert?
Nein, aber ich wüsste, was ich mir tätowieren lassen würde. Nur weiss ich nicht, wo ich das Sujet haben möchte.
Welcher Kollege macht Ihnen Eindruck, bei wem möchten Sie unbedingt einmal essen?
Ich will niemanden herausheben, wichtig sind mir Restaurants, wo der Koch noch selber kocht.
Wenn Sie noch ein letztes Mahl bestellen dürften, was wäre das?
Ein Stammgast von mir hatte Krebs im Endstadium und kam bis zu seinem Tod immer wieder mit Freunden zu uns. Er hat jedesmal Spanferkelhaxe bestellt. Ich könnte mich nicht so auf ein Gericht festlegen, weil die Saison für mich extrem wichtig ist. Je nach Jahreszeit würde ich Morcheln, Spargeln, Steinpilze, Rhabarber oder Erdbeeren bestellen.
>> Jörg Slaschek, 54, führt seit dem Jahr 2000 das «Attisholz» in Riedholz SO. Der gebürtige Bayer ist in Bad Tölz aufgewachsen als Sohn von Sudetendeutschen, die einen einfachen Gasthof mit 20 Zimmern führten. Slaschek ist gelernter Metzger und Koch. Während seiner Lehre im Grandhotel Continental in München half er immer wieder in der «Aubergine» von Eckart Witzigmann aus, dem ersten 3-Sterne-Restaurant Deuschlands. Seine Karriere führte Slaschek später in Alfons Schubecks berühmtes «Kurhausstüberl» in Waging am See, in den «Königshof» in München, das «Regina» Grindelwald, «Le Grand Chalet» in Gstaad oder in die «Krone», Bätterkinden.