Giovannini @home: Hundert «einfache» Rezepte

Plan B für den Hausgebrauch. Was macht einer wie Franck Giovannini im Lockdown? Catering für seine Stammgäste. Und ein Buch schreiben: «5 saisons chez vous». Ein gewichtiges Teil. Und eine geniale Idee dahinter: Der leidenschaftliche Koch schrieb 100 seiner Rezepte, die er in den letzten fünf Jahren im «Hôtel de Ville» in Crissier VD (19 Punkte, drei Sterne) serviert hat, für den «Hausgebrauch» um. Das sieht im Buch dann so aus: Links das Bild des Gerichts in der Restaurant-Version, rechts das vereinfachte Rezept, das ein engagierter Hobbykoch auch hinkriegen sollte. Eine Riesenarbeit für Fans und Gäste, aber, so Giovannini: «Im Lockdown hatten wir Zeit dafür. Das Fotografieren der vereinfachten Gerichte hat Spass gemacht. Das Schreiben der Rezepte war deutlich anstrengender.»

«Bouillonwürfel ist auch okay.» Das Jahr hat in Crissier fünf Jahreszeiten. Aus jeder Karte hat Giovannini fünf Gerichte und fünf Desserts selektioniert. Zu finden sind auch einige Lieblingskreationen («Coups de coeur») und einige Basisrezepte. In seiner Restaurant-Küche ist alles durchgetaktet: Seine 24 Köche arbeiten Millimetergenau, minutiös. Zu Hause, ohne Brigade und ohne aufwändige Küchentechnik, sieht es der Patron nicht so eng: «Sie können sich das Leben einfacher machen, wenn Sie einen Bouillonwürfel oder einen guten Fisch-Fumet verwenden, statt alles selbst anzusetzen. Am Goût und am Geist des Gerichts ändert sich deswegen wenig.» Francks Küche? «Gesund, frische Produkte, reich an Gemüse.»

Frédy Girardet & Guy Savoy. Das Vorwort zum Buch schrieben zwei Stars: Frédy Girardet und Guy Savoy. Monsieur Girardet rühmt seinen früheren Schützling. Wer zwischen den Zeilen liest, muss schmunzeln: «Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat er keine anderen Restaurants «dans les lieux branchés» eröffnet und hat sich kulinarisch auch nie irgendwelchem Modeströmungen unterworfen. Kann man Restaurant-Rezepte für den Hausgebrauch vereinfachen? Giradet: «Es ist ihm gelungen. Guten Appetit!» Guy Savoy führt in Paris, in der ehemaligen staatlichen Münzprägeanstalt, ein wunderschönes Restaurant. Sein Kommentar: «Mein Freund Franck Giovannini ist ein wenig wie ein grosser Couturier, der Prêt-à-porter-Mode macht. Das Resultat ist grossartig.» Guy besitzt in den Walliser Alpen ein Chalet und ist häufig zu Gast in Crissier. Er steht in der französisch inspirierten Restaurant-Rangliste seit Jahren auf Platz 1. Franck Giovannini folgt punktgleich mit sechs anderen Chefs (u.a. Frantzén, Berasategui) auf Platz 2.

Kinderleicht? Wirklich? Die Mehrzahl der Rezepte sind so einladend und überzeugend, dass man sich gleich an den Herd stellen möchte. Dazu braucht es keine Brigade von 25 Personen, der Chef nimmt uns an die Hand und begleitet uns wie ein grosser fürsorglicher Bruder. Zugegeben: Man sollte schon mal zuvor eine Pfanne und ein Messer in der Hand gehabt haben, will man diese Gerichte realisieren. Sie sind köstlich betitelt (auf Französisch tönt es weit poetischer):  «Delikates aus Erbsen und Karotten aus dem Garten mit schwarzen Perlen», «Elegante Blase von Tomate aus der nördlichen Waadt gewürzt mit Königskraut und scharfem Mozzarella», «Ein Bissen von Muscheln von der legendären Küste parfümiert mit Basilikum, Pesto und Zucchini-Spänen», «Pressée vom Waadtländer Hirsch mit Foie gras, Lauch und Knusper mit Balsam der Alpen» oder auch «Crêpes mit Pistazien und konfierten Conférence-Birnen, Coulis aus gefrorenem Edelbrand». Für Giovanninis Buch waren Profis am Werk: Pierre-Michel Delessert ist seit Jahren sein Hoffotograf. David Moginier schrieb elegant die Texte. Wer blättert, findet Ideen für ein wunderbares Weihnachtsmenü. Oder zumindest ein ideales Weihnachtsgeschenk. Einziger Haken an der Sache: Die Lausanner «Edition Favre» gibt das Buch nur auf französisch heraus.

Franck Giovannini, 5 saisons chez vous, Editions Favre, 100 Franken

>> Fotos: Pierre-Michel Delessert, Adrian Ehrbar, Thomas Buchwalder