Text: David Schnapp Fotos: Nik Hunger

Kulinarische Klasse. Dass bei Festen in Hotelküchen aussergewöhnlich gut gegessen werden kann, ist eher die Ausnahme als die Regel. Aber das tatkräftige Duo Raphael Herzog und Jeroen Achtien legt auch bei der dritten Austragung «White Night Kitchen Party» Wert auf kulinarische Klasse, 17-Punkte-Chef Achtien (grosses Bild oben mit dem Team des Restaurants «Sens») hat ein paar handverlesene Freunde eingeladen, um das Niveau zu garantieren.

Frisch nach 120 Jahren. «Die Qualität muss hoch sein», sagt Raphael Herzog am Samstagabend bestimmt. Das sei auch der Grund, warum die Gäste nach der Party gleich fürs nächste Jahr wieder buchen. Der General Manager des Hauses hat dem fast 120 Jahre alten Hotel zusammen mit Jeroen Achtien mit fast schon jugendlicher Unbekümmertheit aufgefrischt, da passt eine gut organisierte Kitchen Party perfekt ins Programm.

Jeroen Achtien Raphael Herzog

Starkes Duo im «Vitznauerhof»: Küchenchef Jeroen Achtien und General Manager Raphael Herzog.

Platz und Masken. Natürlich mussten Anpassungen gemacht werden, maximal 100 Leute sind im Kanton Luzern zurzeit für Veranstaltungen zugelassen, die Köche tragen bei der Arbeit Masken – Ausnahmen gibt es nur für den Fotografen – und vor allem haben die weiss gekleideten Gäste genügend Platz. In der Küche stehen die Starchefs bereit, im romantischen Park direkt am See gibt es Raclette aus Pontresina und Burger vom Big Green Egg, und später werden im Speisesaal Dessert, Villiger-Zigaren oder Hecht-Fruchtbrände serviert.

 

Achtien im Takt. Zum Start des Abends gibt es holländisches Champagner-Bier und Kaviari-Kaviar, aber dann geben Jeroen Achtien, sein Team und seine Freunde den Takt vor – neben dem DJ, der in der Küche auflegt natürlich. Lammtatar kombiniert der freundliche Holländer mit Gillardeau-Auster, einer Algen-Vinaigrette, Pilzen und verschiedenen Algen, ein komplexes, aber stimmiges Gericht des ambitionierten Kochs. Später gibt es auch noch den im Edelschimmelpilz Koji zehn Tage gereiften Zander mit Blumenkohl und Miso.

Thorben Schuster

Durchdachtes Gericht: Thorben Schuster aus Pullach.

Benedikt Voss

Gericht des Abends: «Edelweiss»-Sous-Chef Benedikt Voss.

Freunde aus Holland. Ein Kollege aus der Zeit, als Achtien Sous-Chef im 3-Sterne-Restaurant «De Librije» in Zwolle war, hat offensichtlich eine vergleichbare Kochschule durchlaufen: «Thorben Schuster und ich waren gleichzeitig im ‹De Librije›, später ist er zurück nach Deutschland, und ich bin in die Schweiz, und wir haben im gleichen Jahr die Auszeichnung Entdeckung des Jahres und 16 Punkte erhalten», erzählt Achtien. Schuster ist Küchenchef im «Gut Lärchenhof» in Pulheim und mag nach eigenen Angaben «durchdachte Gerichte».Für die Kombination aus Jakobsmuscheln und Pata Negra werden die Muscheln aus Schottland roh serviert, aber auch schockgefroren in heisses Öl gehobelt und auf 180 Grad erhitzt, um einen Crunch zu bekommen. «Zusammen mit rohen Muscheln, Trüffelponzu und Schnittlauchöl gibt das eine schöne Symbiose mit dem Fleisch», findet Thorben Schuster.

Lammblut, karamellisiertes Lammeuter. Das sicher aussergewöhnlichste Gericht des Abends, kommt dann aber von der Rigi. Im «Kräuterhotel Edelweiss» hat sich Benedikt Voss, der Sous-Chef des Restaurants Regina Montium (15 Punkte) von einem niederrheinischen Metzgergericht inspirieren lassen: einen Lammblut-Pudding (Panhas) kombiniert er mit karamellisiertem Lammeuter, Spaghettikürbis, schwarzem Knoblauch, Buchweizen und einer Reduktion von violetten Karotten und Randen, die mit Leinsaat gebunden wurde. «Man darf den Leuten einfach erst nach dem Essen sagen, was es ist», sagt der Koch lachend.

Dennis Huwae

Pulpo aus Amsterdam: Dennis Huwae vom «Daalder».

Sebastian Zier

Gute Nachrichten aus St. Gallen: «Einstein»-Chef Sebastian Zier.

Neues vom «Einstein». Soulfood aus Amsterdam gibt es bei Jeroen Achtiens Kollegen Dennis Huwae, der gleich drei Restaurants in der niederländischen Hauptstadt führt, «aber im ‹Daalder› koche ich selbst», sagt der mit 16 Punkten und 2 Sternen ausgezeichnete Chef und serviert Pulpo mit Fregola Sarda, Parmesan und Algen. Ihm gegenüber richtet Sebastian Zier («Einstein», St. Gallen») Foie Gras mit einer erstaunlichen Zwetschenreduktion und Shiso an. «Den Zwetschgensaft reduzieren wir über mehrere Tage und mit mehreren Ansätzen wie einen Fond», verrät der 18-Punkte-Koch sein Geheimnis. Und er verrät auch, dass es im «Einstein» im November nach langer (Corona-)Pause und dem Abgang von Moses Ceylan wieder losgeht, «fast das ganze bisherige Team ist wieder beisammen, die erste Karte ist bereits geschrieben», so Zier.

Kay Baumgardt

Gut geplant: Pâtissier des Jahres, Kay Baumgardt.

Zwetschen Buchweizen

Alte Zwetschgen und Buchweizen: Baumgardts Dessert.

«Zukunft der Desserts» Zum Thema Zwetschgen hat sich auch Pâtissier des Jahres, Kay Baumgardt («Fernsicht», Heiden), ein paar Gedanken gemacht. Als Dessert serviert er Zwetschgen, die er schon 2018 erst fermentiert und dann eingelegt hat. «Dieses Gericht wurde von langer Hand geplant», so Baumgardt. Aus den alten Zwetschgen entsteht ein aromatisch unglaublich vielschichtiger Espuma, der mit Buchweizeneis, zuckerfrei karamellisiertem Buchweizen und einem Salat aus frischen und eingelegten Zwetschen sowie Apfel kombiniert wird. «Das ist für mich die Zukunft der Desserts», sagt der selbstbewusste Süssigkeiten-Experte.

Hotel Vitznauerhof

Nächstes Jahr wieder! «White Night» im Garten und auf der Terrasse des «Vitznauerhofs».

«Banquet of Hoshena». Die nächste «White Night» kommt bestimmt. 2021 findet die Party am Montag, 11. Oktober statt, der Vorverkauf ist bereits eröffnet. Und Raphael Herzog und Jeroen Achtien werten den «Vitznauerhof» weiter auf. Noch im Oktober 2020 startet das multisensorische Restaurant «Banquet of Hoshena» mit Videoprojektionen und einem Menü, das Achtien nur aus regionalen Zutaten kocht.

 

>> www.vitznauerhof.ch