Text: David Schnapp Fotos: Filip Zuan

Dinner für eine Künstlerin. Es war ein Kurzauftritt in einem unglaublichen Setting: Für zwei Abende übernahm Daniel Humm mit fünf seiner Leute die Küche im «El Paradiso» ob St. Moritz auf 2181 Meter über Meer. Der Schweizer Küchen-Weltstar war gekommen, um für seinen Freund, den prominenten amerikanischen Galeristen Vito Schnabel, einen Abend zu Ehren der Künstlerin Pat Steir zu gestalten. Aber wenn er schon mal hier sei, so Humm, «wollten wir dieses einmalige Menü noch ein zweites Mal servieren».

Daniel Humm St. Moritz

Der Chef am Trüffel-Hobel: Daniel Humm in der «Paradiso»-Küche.

Gäste in Wolldecken. Die «Paradiso»-Hütte kann entweder mit den Ski oder mit dem Sessellift und anschliessendem Fussmarsch quer über die Piste erreicht werden. Nach einem Glas Glühwein wurden die Gäste, in rote Wolldecken gehüllt, mit dem Sessellift Survetta–Chasellas auf den Berg gefahren, dort musikalisch von Alphornbläsern empfangen und schliesslich mit dem schwedischen Raupen-Schneemobil von Hans-Jörg Zingg zum Restaurant gebracht. Der «Paradiso»-Chef und seine charmante Frau Anja betreiben mit viel Aufwand und brillanten Gastgeber-Qualitäten dieses Juwel am Berg.

140 Gäste, 560 Gerichte, 12 Kilo Trüffel. Zum Aufwärmen gab es eine Tarte flambée mit Trüffel – der schwarze Edelpilz aus dem Périgord war das kulinarische Thema des Abends. 12 (!) Kilogramm davon wurden an den zwei Tagen mit rund 140 Gästen und insgesamt 560 Gerichten verkocht und gehobelt. Trotzdem sagt Daniel Humm: «Mir sind Luxusprodukte nicht so wichtig, als Koch finde ich es interessanter, ein einfaches Produkt wie eine Sellerieknolle oder eine Kalbsbacke auf ein neues Niveau zu heben.» Schwarzer Trüffel aber sei schon etwas Besonderes, weil er es dem Koch ermögliche, damit ganz besondere Geschmackswelten zu kreieren.

Trüffel Daniel Humm

Erster Gang: Geflügel-Velouté mit Périgord-Trüffel.

Daniel Humm Trüffel

Hauptgang: Kalbsbacken mit Blumenkohl, Kastanien – und Trüffel!

Schwarz und weiss. Mit dem Périgord, der Heimat des besten schwarzen Trüffels, verbindet Humm manche Kindheitserinnerung, «wir waren oft in der Provence in den Ferien, und bis heute verbringe ich dort im Sommer jeweils ein paar Wochen mit meinen drei Töchtern», so der Schweizer Starchef. Weissen Trüffel hingegen finde er nicht besonders interessant, «die geben mir als Koch nicht viel Raum, um etwas damit zu machen.» Er esse zwar gerne weissen Trüffel auf einem Rührei, «aber um das zuzubereiten braucht es wirklich keinen guten Koch», sagt er lachend.

 

Menü nach Mass. Das «Paradiso»-Menü war kein Best of «Eleven Madison Park», sondern massgeschneidert für den besonderen Anlass auf dem Berg. Zum Start gab es eine sämige Velouté, basierend auf einem doppelten Geflügelfond, mit Trüffel und Pouletstücken als Einlage und frisch gehobeltem Trüffel als Topping. Beim Hobeln legte Humm selber Hand an in der Küche. Den grössten Teil der Arbeit übernahm allerdings sein Team, darunter drei Top-Leute aus dem «Research and Development Team», die im «Eleven Madison Park» für die Entwicklung neuer Gerichte zuständig sind. 70 Köche arbeiten in dem New Yorker 3-Sterne-Restaurant, das 2017 zum «World’s best Restaurant» gewählt wurde. Insgesamt beschäftigen Humm und sein Partner Will Guidara 1500 Leute in ihrer Restaurant-Gruppe. Der 42-Jährige aus Schinznach AG ist in den USA buchstäblich eine grosse Nummer.

Trüffel, Trüffel, Trüffel. Foie-Gras-Torchon mit elegant eingewobener Trüffelschicht und Senfvinaigrette, dazu Brioche mit Trüffeleinlage – das Motto des Abends im «El Paradiso» wurde zur Freude der Gäste Gang für Gang mit hoher Intensität auf die langen Holztische gebracht. Zu Live-Musik gab es gebratene Jakobsmuschel mit Trüffel-Selleriegemüse und schliesslich geschmorte Kalbsbacken – mit Trüffeljus natürlich. «Es ist ein einfaches klassisches Menü», fand Daniel Humm. «Anders gesagt: Man muss nicht immer jede Pistole abfeuern, die im Arsenal ist.»

Engadiner Würste für den «Humm Dog». Auch wenn die Gerichte schlicht wirkten, sie zuzubereiten, was für Humms Team eine Herausforderung. «In dieser Höhe sind die Kochzeiten anders, es braucht mehr Salz und Gewürze, damit es gut schmeckt», erklärte Humm. Das grösste Problem für das US-Küchenteam war allerdings nicht die Höhe. Der Schweizer Zoll hatte bei der Einreise unter anderem die speziellen Würstchen für den «Humm Dog» beschlagnahmt. Der wohl berühmteste Hot Dog der Welt wurde den Gästen des Trüffel-Dinners als Mitternachts-Snack serviert. «Paradiso»-Küchenchef Frank Schuster brachte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Metzgerei Peduzzi aus Savognin dazu, Würste für den Snack herzustellen. Daniel Humm auf dem Berg – für alle Beteiligten ein Ereignis, das hohe Wellen schlug.

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www.elevenmadisonpark.com
www.el-paradiso.ch