Aufzeichnung: David Schnapp
Paul und Lara. «Am 2. Februar 2021 sind meine Frau Ramona und ich zum zweiten Mal Eltern geworden. Unser Sohn Paul hat seinen Namen wegen meines langjährigen Förderers Paul Reutlinger, dem früheren Chef der Fluggesellschaft Sabena. Und natürlich wegen Paul Bocuse! Unsere Tochter Lara hält sich schon sehr gerne in der Küche auf, spielt Kochen und isst alles. ‹Habe ich nicht gern›, gibt es bei ihr nicht. Am liebsten isst sie zwar Pommes, aber die gibt es halt zu Hause nicht.
Zentrum Küche. Die ‹Schäfli›-Küche ist das Zentrum unseres Familienlebens. Hier treffen sich mittlerweile drei Generationen, und dass meine Eltern in der Nähe sind, ist natürlich ein grosses Glück. So können sie viel mehr Anteil nehmen am Aufwachsen ihrer Enkel. Familie und Restaurant kann ich nur so gut unter einen Hut bringen, weil mehrere Generationen zusammenleben. Ob meine Kinder jemals weiter machen werden mit dem Restaurant, überlasse ich völlig ihnen, aber dafür ist es ja auch noch viel zu früh.
Streichelzoo in Kreuzligen. Seit Mitte Dezember bin ich vollamtlich Hausmann, ich wechsle Pauls Windeln und kann mittlerweile jede Frau verstehen, die zwei Kinder als Vollzeitjob ansieht. Es ist immer etwas los. Natürlich geniessen wir die Zeit, die wir jetzt unverhofft zu viert haben. Wir sind jeden Tag unterwegs, gehen spazieren, besuchen die Eltern meiner Frau in Ermatigen oder den Streichelzoo am See in Kreuzlingen. Ich hatte um Pauls Geburt herum nur eine Woche Ferien geplant, dass es jetzt so viel mehr Zeit wurde, geniesse ich sehr. Immerhin konnten wir den Skiurlaub in Davos verlängern, war ab und zu auf der Piste, wir waren spazieren oder haben einen Schneemann gebaut. Nächstes Jahr will Lara dann auch anfangen mit Ski fahren.
Kredite statt Härtefallgelder. Mir fehlen meine Gäste und meine Jungs in der Küche. Und wirtschaftlich sieht es nicht gut aus. Der Kanton Thurgau zahlt – anders als die allermeisten anderen Kantone – keine Härtefallgelder a fond perdu aus. Man sagt uns, wir sollen Kredite mit zehnjähriger Laufzeit aufnehmen, um die Kosten zu decken, die trotz Kurzarbeit anfallen. Lohn meiner Mutter, die im Restaurant mitarbeitet, und mein eigenes Gehalt sind ja beispielsweise durch die Kurzarbeit nicht gedeckt. Kürzlich habe ich mit meinem Team einige Winzer besucht und Weine degustiert. Jetzt wäre es eigentlich an der Zeit, um die neuen Jahrgänge einzukaufen. Aber ohne Einnahmen während mehrerer Monate sind Investitionen schwer zu tätigen. Unser Erspartes haben wir schon aufgebraucht.
Es braucht Geduld. Es rufen immer wieder Gäste an, die ab Ende März bei uns reservieren möchten, weil sie davon ausgehen, dass Terrassen dann wieder geöffnet werden. Wir haben sehr treue Stammgäste, und dass die es kaum erwarten können, bis sie wieder bedient werden, ist grossartig. Ich rechne aber eher mit Ende April, Anfang Mai. Wir haben zwar einen Aussenbereich, aber wenn es zu regnen beginnt, kann ich den Leuten unser Essen ja nicht zum nach Hause Mitnehmen einpacken. Mir wäre es deshalb lieber, die Gäste würden sich mit etwas Geduld auf den Moment freuen, wo wir richtig loslegen können.»
Fotos: HO, Charles Seiler