Text: David Schnapp Fotos: HO
Essen bei Freunden. Auf die Idee sind Christoph Oliver Aebersold und sein Partner im Service, Agron Tunprenkaj, gekommen, als sie vor einigen Jahren in Gstaad ein Pop-up-Restaurant bei einem Küchenbauer veranstaltet haben. «Diese Idee, dass der Gast nicht in ein Restaurant kommt sondern in eine Wohnung, als würde er bei Freunden essen, hat uns nicht mehr losgelassen» erzählt Aebersold, der nur mit seinen Vornamen auftritt, weil er mit seinen Gästen per Du ist. Seit eineinhalb Jahren betreiben die beiden jetzt das «UniQuisine» in Stansstad – das Restaurant in einer Wohnung.
Neue Richtung. Der stille zurückhaltende Koch hat sein Handwerk auf höchstem Niveau gelernt: Er gehörte zum ersten Team, das mit Nenad Mlinarevic das «Focus» in Vitznau eröffnet hat, davor war er unter anderem bei Franz Wiget in Steinen, bei Roland Jöhri in St. Moritz oder im legendären 3-Sterne-Restaurant «Akelare» von Pedro Subijana im Baskenland. «Meine Idee war aber immer, Fine Dining in eine neue Richtung zu entwickeln», sagt der 33-Jährige. Viele Betriebe seien kaum wirtschaftlich zu führen, deshalb brauche es neue Ideen. Aber Christoph gibt auch zu: Sein Wohnungsrestaurant ist noch keine Goldgrube, im Sommer schliesst er jeweils das Restaurant und arbeitet als Privatkoch für eine wohlhabende französische Familie.
Nur mit Reservation. Nachdem er sich entschieden hatte, eine Wohnung zum Restaurant zu machen, fand Christoph in Stansstad einen Rohbau und einen Immobilien-Unternehmer, der bereit war, sich auf das Experiment einzulassen. Aus der Wohnung wurde ein Restaurant, in der Küche stehen zwei grosse Arbeitsblöcke mit Kochfeld und drei Öfen. Kühlschränke für Wein und Lebensmittel sind in diversen Räumen untergebracht. «Der Rahmen ist zwar ungewöhnlich, aber das Einzige, was uns von einem normalen Restaurant unterscheidet ist, dass wir keine spontanen Gäste bewirten», erklärt Christoph. Im «UniQuisine» kann nur essen, wer eine Reservation gemacht hat, serviert wird ein Menü – in den meisten Fine-Dining-Restaurants ist das allerdings nicht anders.
Wie eine Bühne. «Unsere Gäste schätzen diese intime Atmosphäre, hierher kommen auch prominente Geschäftsleute zum Beispiel, die auf Wunsch in einem separaten Raum ihre Ruhe haben können», sagt der Alleinkoch. Für ihr war dieser private, persönliche Rahmen aber auch eine Herausforderung: «Ich bin nicht gerade eine Rampensau und musste erst lernen, im ständigen direkten Kontakt mit den Gästen zu stehen», sagt er. Denn seine Küche ist wie eine Bühne, die wenigen Tische im Wohnzimmer sind sozusagen der Zuschauerraum und der Mann am Herd steht unter ständiger Beobachtung.
Es muss schnell gehen. Und er musste ein System entwickeln, mit dem er seine Gerichte fertigstellen und anrichten kann, damit sie heiss zum Gast kommen. In der Vorbereitung steckt viel Arbeit, am Pass muss es dann schnell gehen. Dabei hilft ihm der erfahrene Gastronom Agron Tunprenkaj. Der gelernte Koch ist auch Geschäftsführer von «La Vie en Rose» in Luzern. Im «UniQuisine» betreut er die Gäste, kümmert sich um den Wein und richtet bei Bedarf Teller mit an. «Ich finde es spannend, in der Gastronomie neue Wege zu gehen», begründet Tunprenkaj seinen Entscheid, sich auf Christophs Abenteuer einzulassen.
Lachsforelle, Langoustine, Kalbsfilet. Die Küche ist auf besten Produkten aufgebaut – Lachsforelle vom Sattel (als Tatar in Rettich-Ravioli), Wildfang-Langoustine aus Südafrika (mit Rüebli, Yuzu und Bisque), geangelter Seeteufel aus Island (mit Erbsen, Kräuteröl und Weissweinsauce) oder Kalbsfilet aus dem Muotathal (mit Morcheln, Spargel und Petersilienpüree). Jedes Produkt ist auf den Punkt gekocht, die Gerichte sind klug komponiert und ansprechend präsentiert. Die Weinkarte dazu ist klein, aber fein und wird in Zusammenarbeit mit dem Grand Cru Club St. Moritz gestaltet. «Manche Gäste haben besondere Wünsche und innerhalb von zwei Tagen haben wir fast jeden Wein hier», sagt Agron Tunprenkaj.
Verlängerung geplant. Was in Stansstad als leicht verrückte Idee begonnen hat, etabliert sich zusehends: «Wir haben den Mietvertrag auf drei Jahre abgeschlossen, aber demnächst werden wir wohl verlängern», erzählt Christoph Oliver zum Schluss. Das erstaunliche Konzept des ungewöhnlichen Alleinkochs scheint zu funktionieren.