Text: Isabel Notari | Fotos: Kurt Reichenbach
Skirennfahrer Gilles Roulin macht auch in der Küche und am Herd Tempo. Der Speedspezialist aus dem Zürcher Oberland ist total organisiert, das Mise en Place perfekt. Alles ist bereit für das Menü, das der 25-jährige Spitzensportler und Jura-Student bei sich zu Hause kocht. Die Küche ist Gilles’ Revier. Wann immer möglich, steht er am Herd, wo er sich genauso im Element fühlt wie auf der Abfahrtspiste. Das Menü heute: Jungsalat mit gebratenen Kräuterseitlingen, Süsskartoffelgnocchi an reduzierter Tomatensauce, Zucchettipuffer und zum Dessert Grapefruitfilets mit Datteln und Fior-di-Latte-Glace.
Gilles Roulin, machen Sie sich viele Gedanken übers Essen?
Ja, schon. Einerseits, weil es wichtig für meine Leistung im Sport ist, andererseits, weil es mich wahnsinnig interessiert. Ernährung ist ein spannendes Thema.
Dann wissen Sie auch genau, was Ihrem Sportlerkörper guttut?
Auf jeden Fall. Und doch ist es ein stetes Ausprobieren. Wenn ich nach einer Ausdauereinheit Heisshunger habe, gönne ich mir natürlich was ganz anderes als nach einem Herz-Kraft-Training. An einem Freitagabend, zur Entspannung, koche ich dann nochmals völlig anders. Da gibt es das, worauf ich Lust habe.
Tauschen Sie sich mit anderen Skifahrern über Food aus?
Mit denen, die es interessiert, durchaus. Es gibt aber Skikollegen und Sportler, denen egal ist, was sie essen.
Ihnen offensichtlich nicht. Holen Sie dazu Rat bei einem Ernährungsberater?
Eigentlich habe ich mir alles selber beigebracht. Nur bei der Supplementation hatte ich einen Berater.
Ist das einer der Gründe, warum Sie so gerne selber kochen?
Ja, mir ist wichtig, was ich esse. Ich bin zwar nicht so pedantisch, dass ich Spargel meide, wenn er aus dem französischen Cavaillon kommt statt aus dem Züribiet. Aber grundsätzlich gilt: Je näher die Gegend, wo ein Produkt gewachsen ist, umso besser.
Diese Liebe zum Kochen, war die immer schon da?
Nein, ich habe erst vor etwa sechs Jahren damit angefangen, als ich vom Sportinternat nach Hause zurückkehrte. Früher hat mich das überhaupt nicht interessiert. Und ich musste zu Hause meinem Mami auch nie in der Küche helfen. Erst als mich die Ernährung als Leistungsaspekt zu interessieren begann, habe ich zur Pfanne gegriffen. Und mir viel Rat von meiner Mutter geholt.
Sie sind als Spitzensportler Vegetarier. Wie kam es dazu?
Als ich in den unteren Kaderstufen Ski fuhr, gabs in den Hotels, in denen wir wohnten, meistens zweimal Fleisch pro Tag. Das war mir zu viel, und ich fand auch die Qualität fragwürdig. Da habe ich beschlossen, vegetarisch zu essen. Von da an war das Essen viel besser – vor allem, weil immer alles frisch zubereitet wurde. Es hat mir geschmeckt, und ich bin dabei geblieben.
Also greifen sie im Laden auch mal zu den trendigen Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher Basis?
Nein, davon bin ich kein Fan. Das sind ja auch wieder Industrieprodukte. Aber als ich anfing, mich vegetarisch zu ernähren, war es nie meine Absicht, Fleisch nicht mehr zu mögen. Auf dieser Schiene bin ich nicht festgefahren. Hätte ich Lust darauf, würde ich es auch bestellen. Wie etwa vor zwei Jahren. Aber es hat mir einfach nicht mehr geschmeckt, ich war total enttäuscht.
Wie kommen Sie trotzdem zu den Proteinen, die ein Sportlerkörper braucht?
Mein Zmorge ist sehr eiweisshaltig, und es gibt ja viele Eiweissalternativen. Das ist nicht mehr wie vor 20 Jahren.
Könnten Sie auch vegan leben?
Nein. Ich denke, vegan zu leben, ergibt nur Sinn, wenn man Selbstversorger ist. Das wäre für mich seriös. Aber das ist ein Beruf – ich möchte und kann das nicht.
Betreiben Sie als Koch grossen Aufwand?
Es macht mir Spass, auch mal vier Stunden in der Küche zu stehen. Vor allem für Gäste.
Was kochen Sie gerne?
Grundsätzlich gehören die italienische und die orientalische zu meinen Lieblingsküchen. Gnocchi, Risotto, Pasta. Aber auch Mezze gehören in mein Repertoire. Die Levante-Küche, die zurzeit ja angesagt ist, gefällt mir ebenso.
Gehen Sie beim Beschaffen der Kochzutaten ebenso bewusst vor? Wo kaufen Sie gerne ein?
Am liebsten auf dem Wochenmarkt oder in kleinen Bio-Läden. Aber natürlich auch bei Coop und Migros. Habe ich ein Menü im Kopf, bereitet es mir Spass. Weiss ich nicht, was kochen, oder finde ich nichts, was mich begeistert, kann ich sehr ungeduldig werden. Dann ist Einkaufen nicht mehr so cool.
Kaufen Sie auch online ein?
Nein, nicht mein Ding.
Wie verwöhnen Sie Ihre Freundin kulinarisch?
Sie isst auch vegetarisch und mag eigentlich alles, was ich koche.
Und dann gibt‘s auch mal Wein zum Essen?
Durchaus. Gerne mal ein Glas Rotwein.
Wenn Sie auswärts essen, wählen Sie Restaurants nach Punkten und Sternen?
Nicht in einem Guide. Aber ich orientiere mich auf Instagram und bei Bloggern, etwa Pascal Grob bei «Züri isst» auf dem GaultMillau-Channel.
Was wollten Sie schon immer mal essen?
Eine frische Mango, direkt vom Baum gepflückt, dort, wo sie wächst.
Und gibt es ein Lebensmittel, nach dem Sie regelrecht süchtig sind?
Das gibt es tatsächlich. Auf Käse – egal, ob hart oder weich, mild oder rezent – verzichte ich nur ungern.