Text: Urs Heller 

«Il Sereno», der neue Star am See. Die ehrwürdigen «Palace»-Hotels rund um den Lago di Como geraten unter Druck. Freche Newcomer wirbeln die Hierarchie durcheinander. Mit kühnem Design, grosszügigen Suiten und Terrassen, erstklassiger (Sterne-)Küche. «Il Sereno» ist der neue Star am See. Nur 40 Suiten - und die Handschrift von Patricia Urquiola. Im intimen Luxushotel ist alles Urquiola: Die eindrückliche Fassade. Die Einrichtung der Suiten. Die Möbel. Die Badewanne. Die Espresso-Tasse. Urquiola, in Barcelona geboren und in Mailand zu Hause, hatte freie Hand. Das Ergebnis ist beeindruckend. Die Designerin mag Hotels und Restaurants. Sie hat auch alle «Igniv» von Andreas Caminada designt, Bangkok inklusive.

Il Sereno Lago di Como in Torno, Italien

Bei den Gästen sehr beliebt: Il Sereno Spa.

Il Sereno Lago di Como in Torno, Italien

Schöner baden: Im Il Sereno haben die Wannen Seesicht.

Il Sereno

Corner Suite, eingerichtet von Patricia Urquiola.

Eine Bühne für die Köche. Patricia Urquiola mag auch Köche, baut ihnen eine Bühne: Im «Sereno» kann man ihnen durch eine Glasscheibe bei der Arbeit an den dampfenden Töpfen zusehen. Fünf Chefs mit steifen weissen Toques sind zu sehen, die anderen 20 wirbeln im Hintergrund. Sie kochen nicht nur für die Hotelgäste. Auch Foodies aus Mailand reisen in Scharen für ein Dinner an. Wohl auch, weil Chef Raffaele Lenzi dem Zeitgeist folgt und ziemlich grün kocht. «Ich koche vegi», sagt der durchtrainierte Neapolitaner, «aber ich koche nicht für die Vegetarier. Fisch und Fleisch kann immer auf dem Teller sein. Allerdings in einer Nebenrolle.» Krasses Beispiel: «Carota & Trota». Das riesige gepickelte und hervorragende Bio-Rüebli war nicht zu übersehen. Und die Forelle? Salzige Forellen-Eier lagen im Teller. Mehr Fisch war nicht.

Il Sereno Lago di Como in Torno, Italien

Gestylt, modern: die Il Sereno Lounge.

il Sereno, Lago di Como, Hotel in Como, Italien

Küchenchef und Triathlet: Raffaele Lenzi.

Il Sereno Lago di Como in Torno, Italien

Unkomplizierter Lunch direkt am Comersee.

«Insalata russa», Ricciola-Ceviche. Ein Neapolitaner als Vegi-Koch? Raffaele Lenzi findet das wenig überraschend: «Bei uns zu Hause gab es nur am Sonntag Fleisch. Unter der Woche assen wir Pasta und Gemüse.» Eine seiner Jugenderinnerungen setzte er für ein «Canapé» (so heissen hier die Amuse-bouches) um: Russischer Salat, ein längst vergessener Grand Hotel-Klassiker. «Ein Weihnachtsrezept meiner Mamma.» Lenzi hat die «Insalata russa» verfeinert. Erstklassig! Drei verschiedene Menüs liegen auf, sein Herz brennt für das «Omakase»; die Gäste überlassen dem Chef die Menüzusammenstellung blind. Bester Gang: Ceviche von der Ricciola (Bernsteinmakrele); den Fisch versteckte er unter einer Wolke von Tigre de Leche.

Carbonara & La Scarpetta. Grüne Welle in Ehren, aber eine Runde Pasta muss in Italien schon sein. Wir schmuggelten «Bigoli alla Carbonara» ins Menü und kriegten diese Teigwaren in zwei Raten. Variante 1: klassisch & gut. Variante 2: geschmorter Guanciale, drüber Carbonara-Sauce. Ofenwarmes Brot wird dazu serviert, auf dass man sie auftupfen kann bis zum letzten Tropfen. «La Scarpetta» nennt man in Neapel diese schon fast wollüstige Art, eine feine Sauce zu wegzuputzen. Napoli spielt auch beim «Risotto allo zafferano» eine Rolle. Der Reis wird über einem «Ragout genovese» mit geschmorten Zwiebeln angerichtet, drüber gibt’s Funghi – in Pulverform. Lenzis radikalstes Menü: «Vegetali, Tuberi & Radici», also Gemüse, Knollen und Wurzeln.

«The Good Life». Ein Wochenende im «Il Sereno Lago di Como» ist schön und teuer (ab 760 Euro in der Nebensaison). Man verbringt seinen Tag auf dem Sonnendeck und am 20 Meter-Infinitypool. Man badet im See. Man schnappt sich eines der hoteleigenen «Riva»-Boote. Oder man geniesst ganz einfach die Vorzüge der grossartigen Suiten. Die Aussicht ist selbst von der Badewanne aus fantastisch.

 

www.serenohotels.com

 

Fotos: Sara Magni, Nicolo Brunelli, HO